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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Anruf kam. Bergmann saß am Schreibtisch in der Praxis und war dabei, die Stichworte für einen Beitrag zu ordnen, den er dem WDR zur Hypnose-Therapie versprochen hatte, als das Telefon anschlug.
    »Herr Doktor Bergmann?« fragte eine Frauenstimme.
    »Ja«, knurrte er. »Wenn's sein muß?«
    »Wie bitte?«
    »Nichts.«
    Ein kurzes Räuspern, dann: »Einen Augenblick, Herr Doktor Bergmann.« Es knackte in der Leitung, dann vernahm Stefan eine zweite Frauenstimme. Und die ließ sich nicht so leicht verunsichern wie die erste. Kühl klang sie, ziemlich tief und voll der routinierten Liebenswürdigkeit aller Vorzimmerdamen dieser Welt. »Herr Doktor Bergmann, ich darf mich entschuldigen, wenn ich Sie um diese Zeit noch anrufe. Und ich kann nur hoffen, daß ich Sie nicht störe?«
    »Ja nun …« sagte er vorsichtig.
    »Herr Dr. Bergmann, ich arbeite für Herrn Thomas Lindner.« Sie erklärte es in einem Ton, in dem man bekannt gibt, man arbeite für den Präsidenten der Vereinigten Staaten.
    »Ja«, sagte Stefan. »Wie geht es ihm?«
    »Ganz gut. – Den Umständen entsprechend natürlich.«
    »Natürlich.« Bergmann betrachtete die Spitze seines Kugelschreibers.
    »Und damit, Herr Doktor, hätten wir bereits den Grund, weshalb ich mir erlaube, Sie noch zu dieser Stunde anzurufen.«
    »Ach ja?«
    Jetzt war er wirklich gespannt.
    »Seine Verfassung. Herr Lindner stand einige Zeit unter starken Medikamenten, die es ihm nicht erlaubten, Ihnen seinen Dank abzustatten. Darüber ist er – nun, sagen wir – etwas bedrückt.«
    »So? Und Dank wofür?«
    »Für die Hilfe natürlich, die Sie ihm in dieser schrecklichen Nacht geleistet haben.«
    Auch Stefan hatte ein zweites ›Natürlich‹ auf der Zunge, aber er schluckte es hinunter. Der Koffer! Um ihn ging es. Und bedrückt? Angst hatte Lindner um den Koffer. Daher die Phrasendrescherei.
    Unwillkürlich blinzelte Stefan zu seiner Schrankwand hinüber, als ob das Mistding mit seinen Goldschlössern dort zwischen den Instrumenten stehe. Dabei war es noch immer im Kabuff.
    »Es geht um die Unterlagen, nicht wahr?« fragte Stefan.
    »Entschuldigen Sie, Herr Doktor, ich verstehe nicht …«
    »Nein? Dann sagen Sie Herrn Lindner doch bitte, daß ich ihm das, wofür er seinen Dank abstatten will, gerne wieder aushändige.«
    »Selbstverständlich, Herr Doktor. Nun ja, mein Auftrag lautet, Sie zu fragen, ob es Ihre Dispositionen zulassen, daß Herr Lindner Ihnen an diesem Samstag einen Besuch abstattet?«
    Bergmann war verblüfft. »Hier?« sagte er.
    »Richtig. In Burgach, wenn ich mich nicht irre. Herr Lindner läßt anfragen, ob Sie so gegen siebzehn Uhr eine Stunde Zeit für ihn hätten.«
    »Natürlich«, sagte er.
    Es war das dritte ›Natürlich‹ in drei Minuten.
    »Dann darf ich diesen Zeitpunkt als bestätigt betrachten. Ich werde es Herrn Lindner durchgeben. Ich bin mir sicher, er wird sich sehr freuen. Guten Abend, Herr Dr. Bergmann.«
    Stefan antwortete nicht. Er hörte das Knacken in der Leitung und starrte noch immer den Hörer an.
    Freitag, acht Uhr morgens.
    In weniger als einer Stunde würde die Arbeit in der Praxis beginnen.
    Bergmann saß an seinem Schreibtisch und schrieb. Er schrieb mit der feinsten Kugelschreiberspitze, denn er hatte die Erfahrung gemacht, daß er um so schneller vorankam, je winziger er die Schrift hielt, und er mußte schnell schreiben. Rudi Becker, Wissenschaftsredakteur des WDR und ein alter Freund aus Mühlbachviertel-Tagen, wartete noch immer auf Stefans Beitrag zum Thema ›Grenzbereiche der Medizin‹.
    ›Das menschliche Gehirn‹, schrieb Stefan Bergmann, ›ist eine Denkmaschine von unvorstellbarer Potenz. Sie besteht aus Milliarden von Neuronen, leistungsfähigen Nervenzellen also, die, auf vielfältigste Weise miteinander vernetzt, jeder ‚denkbaren Situation gerecht werden‘. Kein noch so raffinierter, mit Chips der letzten Generation ausgestatteter Riesencomputer vermag an diese Konstruktion der Natur heranzureichen. Und ob das menschliche Gehirn je erforscht werden kann, bleibt mehr als zweifelhaft.‹
    Stefan rieb sich die Nase, starrte die Zeilen an und begann aufs neue:
    ›Wie jeder Computer arbeitet das Gehirn auf der Grundlage eines Programms. Dieses Programm beruht auf den entwicklungsgeschichtlichen, aber auch biographischen Erfahrungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens gemacht hat. Das einzige Instrument, das in der Lage ist, in dieses Programm relativ schnell und direkt einzugreifen, ist die Hypnose. Hier haben

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