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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dabei stöhnend auf die Lippen.
    Bergmann sah den Leibwächter an. »Kommen Sie, wir müssen ihn in den Salon schaffen.« Er wußte nicht einmal, ob er verstanden wurde.
    »Was dann?« fragte Lindner. »Hast du deine Spritzen mitgebracht? Oder hypnotisier ihm die Schmerzen doch einfach weg.«
    Vielleicht sollte es ein Witz sein. Doch Bergmann sah ihn nur an. Und nickte.
    »Du meinst, das geht?«
    »Vielleicht …« antwortete Stefan.
    Borodins Bandscheiben hatten mit der Attacke nichts zu tun, das hatte Stefan durch Abtasten herausgefunden. Eine Sehnen- oder Muskelzerrung also, und die drückte auf den Nerv. Und das wiederum bedeutete, daß es funktionieren konnte.
    Nur die Situation! Kein Laut war zu hören. Alle hockten wie schattenhafte Figuren in den Sesseln des Salons. Und vor ihm lag Borodin, der ihn mit verzogenem Mund und weit aufgerissenen Augen anstarrte.
    Wie auf der Bühne!
    Fehlt nur noch der Smoking … Bergmann dachte es mit einer Mischung aus Zorn und Belustigung. Hättest du wenigstens eine rote Nelke im Knopfloch stecken, dann Scheinwerfer an – und Tusch!
    Aber der Mann vor ihm hatte echte Schmerzen …
    »Na?« Stefan lächelte. »Und jetzt? Wie geht's?«
    »Beschissen.«
    »Nicht mehr lange …«
    Jemand hatte Borodins verrücktes Tatarenjäckchen abgestreift. Es lag als goldenes Bündel am Boden. Das linke schmerzende Bein hatte er weit von sich gestreckt, und der rot verbrannte Bauch wölbte sich über den Bund der weißen Hose. Zurückgebogen hing Borodin im Sessel, aber sein Blick klammerte sich förmlich an Bergmanns Gesicht.
    »Was wird das jetzt?« flüsterte er schwer atmend. »Rasputin konnte auch hypnotisieren – aber ich bin nicht die Zarin …«
    »Wir brauchen keinen Rasputin und keine Zarin.«
    »Was dann?«
    »Nichts, gar nichts … Das heißt, ich brauche Ihre Augen …«
    »Meine Augen? Wieso? Du guckst mich doch die ganze Zeit so komisch an. Oh, oh, verdammt …« Die deutschen Verwünschungen verwandelten sich in russische, sie wurden leiser wie das Stöhnen, Borodins Stimme wirkte verschleiert.
    »Schon besser, nicht? Es tut schon gar nicht mehr so weh … Aber ich sagte doch: Ich brauche Ihre Augen, Boris … Die müssen Sie schon ein bißchen anstrengen. Sehen Sie mal …«
    Bergmann stellte fest, daß es Boris Borodin bereits Mühe kostete, den Blick auf einen Punkt zu richten. Er nahm den rechten Daumen hoch.
    »Sehen Sie meinen Daumen? Sehen Sie ihn an.«
    »Warum?«
    »Es ist doch ein schöner Daumen. Es ist ja nicht anstrengend, sehen Sie ihn nur an …«
    Borodin versuchte es.
    »Und nun, Boris, die Lider sind ein wenig schwer, nicht?«
    Borodin stöhnte leise.
    »Wir sind gleich soweit …«
    Zweifellos, er begann in Trance abzugleiten. Das linke Lid war das erste, das zu flattern begann, nun zitterte das rechte.
    »Der Daumen, Boris!«
    Bergmanns Stimme hatte an Kraft zugelegt, auch die Tonlage hatte sich verändert, es war nichts Befehlendes darin, es war die Stimme eines Menschen, der ein Kind durch die Nacht führt.
    »Es ist nicht schlimm mit deinen Schmerzen … Wieso auch? Du bist gar nicht mehr hier, Boris, wo es so weh tat. Fort bist du, weit, weit weg … Du liegst am Strand, es ist nicht der Strand von Saint-Tropez, es ist der Strand am Schwarzen Meer … Da warst du doch schon?«
    »Nei-ein.«
    Bergmann ließ sich von der Ablehnung nicht beeindrucken; er hatte das erste Glied der Imaginationskette gelegt, und er würde sie gefahrlos weiterführen.
    »Du kommst gerade aus dem Hotel«, suggerierte Stefan weiter. »Schön, daß es Morgen ist und das ganze Volk noch nicht die Handtücher ausbreitet und sich in den Liegestühlen herumfläzt. Niemand ist da, nur du. Ist das nicht schön, Boris? Ist das nicht wirklich schön? Jetzt wirst du gleich ins Wasser gehen …«
    Boris Borodin wirkte nun völlig entspannt – und nicht nur das. Ein Lächeln breitete sich aus, es begann zögernd in den Mundwinkeln, dann glättete es seine Stirn, entspannte die Muskeln, nahm von seinem ganzen Gesicht Besitz.
    »Siehst du das Meer, Boris?«
    Ein schwaches Nicken.
    »Na also. Es geht dir so gut. Und nachher wirst du dich noch viel besser fühlen, später, wenn du schwimmst … Aber jetzt setzen wir uns. Du sitzt jetzt, Boris, ja, streck dich aus im Sand.«
    Und tatsächlich, Boris Borodin dehnte die Beine, lächelte, ließ lächelnd die Arme baumeln.
    Stefan Bergmann griff nach seiner rechten Hand, zog sie hoch. »Boris, ich zähle jetzt. Hörst du mich? Ich zähle von

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