Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
funktioniert …« Er zuckte mit den Schultern. »Es gibt nichts Komplizierteres als das menschliche Gehirn. Milliarden von Nervenzellen. Und jedes einzelne dieser Neuronen ist bis zu zehntausendmal mit anderen vernetzt. Heute wird daran mit Computern geforscht, alles mögliche entdeckt und jedesmal als grandioser Fortschritt hinausgebrüllt, aber in Wahrheit steht man noch am Anfang. Gut, man hat Theorien. Die hat man immer …«
    »Und welche? Sie können das doch erklären?«
    Sie hatte einen Stuhl herangezogen, und da saß sie nun in ihrem weißen Hemd, leicht nach vorn gebeugt. Eine ihrer Locken fiel ihr über die Stirn und das Gesicht, und der Wind spielte damit. Und dazu die Augen, diese fragenden Augen!
    »Wollen Sie das wirklich hören?« fragte Bergmann.
    »Wie wär's denn, Stefan, wenn Sie mich ein wenig ernst nähmen? Versuchen Sie das doch mal …«
    »Ich nehme jeden Menschen ernst – und Sie besonders.«
    »Na also!«
    Er nickte ihr zu. »Sie sind sehr schön in diesem Moment, Maria.«
    »Sie wollten doch …«
    »Sie sind sehr schön«, beharrte er. »Ihre Silhouette vor einem abendlichen Hintergrund am Meer.«
    »Das mag ja sein – für Sie, Stefan …«
    »Genau das ist es. Für mich, in dieser Sekunde. Und wo findet es statt? Der Zauber dieses Mittelmeerabends, den ich Ihnen gerade beschreibe, Sie selbst, die Bewegungen des Schiffes, die Linie der Küste, die Lampen, die sie dort gerade anzünden, der Geruch des Meeres, alles, was ich empfinde – wo findet es statt? Wo findet unser ganzes Leben statt? Auch unsere Ängste, unsere Schmerzen, unsere Freuden, Liebe, Trauer, Verzweiflung? Hier, nur hier.«
    Er hatte den Finger erhoben, um ihn an den Kopf zu führen, doch es war wie ein Zwang: Der Finger wanderte zu Maria hinüber und strich über ihre Stirn. »Hier im Kopf, im Gehirn, im zentralen Nervensystem. Und das ist nun einmal leider so ungeheuer kompliziert, daß jeder ernstzunehmende Wissenschaftler noch immer sagen muß: Die Forschung steht am Anfang.«
    Sie lächelte ihm zu. Sie war wirklich wunderschön.
    »Man streitet sich noch darüber, wie viele Neuronen, wie viele Nervenzellen sich im Lauf der Jahrtausende hier oben angesammelt haben. Zwanzig Milliarden? Andere reden von fünfundzwanzig. Und alle sind sie zusammengeschaltet zu den Systemen, die uns das Sehen oder Hören, Sprechen, Lesen, Verstehen, Denken überhaupt ermöglichen. Nur eines steht fest, und darüber kann man sich bei Gott einig sein: Wenn schon das Gehirn jedes Säugetiers ein Wunder ist, dann stellt das des Menschen den Gipfel der biologischen Entwicklungsgeschichte dar.«
    Stefan nahm aus der Schale, die neben ihm stand, eine Olive, doch er steckte sie nicht in den Mund, er drehte sie zwischen Daumen und Zeigefinger vor seinen Augen. »So, das war die Abteilung ›große Worte‹. Aber Sie haben es gewollt.«
    »Ja. Aber noch immer sind wir nicht bei Boris und seinem Ischias.«
    »Umwege kann ich Ihnen nicht ersparen, Maria … Es geht einfach darum, daß alles, was ich erfahre, zunächst von Sinnesreizen ausgelöst, aber erst im Gehirn zu einem Eindruck zusammengebaut werden kann. Was wir in Bruchteilen von Sekunden als Farbe oder Kontur wahrnehmen, jeder Schatten oder Helligkeitswert ist in Wirklichkeit das Resultat eines vielschichtigen, stufenweisen Arbeitsvorgangs.« Er hob den Zeigefinger. »Sie als Malerin müßte das doch eigentlich interessieren?«
    »Tut es ja.«
    »Eine Farbe, nur eine Hügellinie oder die Brandung, das sind physikalisch nichts als elektromagnetische Wellen. Die Wellen erreichen uns zunächst hier«, er berührte sein rechtes Auge, »über den Glaskörper, die Linse, wo das Licht gebündelt und dann auf bioelektrischem Weg in Stromstöße verwandelt wird. Die Innenwand des Augapfels ist mit lichtempfindlichen Nervenzellen ausgestattet, zäpfchenförmige Gebilde, von denen wiederum jedes einzelne mit ganzen Büscheln von Nervenleitungen mit dem Sehzentrum unseres Gehirns verbunden ist. Beim Transport werden die eintretenden elektrischen Impulse noch verstärkt und dann am Ziel von mindestens zwanzig verschiedenen Zelltypen analysiert, zu einem Bild zusammengesetzt, gespeichert oder an ein weiteres System weitergegeben – an das motorische System nämlich, das unsere Reaktionen auf den optischen Eindruck steuert und uns überhaupt erst ermöglicht, zu reagieren … Das alles geschieht im Bruchteil einer Sekunde.«
    »Wahnsinn … Irgendwo habe ich noch die Stimme meiner Biologielehrerin im

Weitere Kostenlose Bücher