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Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition)

Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Hypnotiseur: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Liebert
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spielte mit ihnen und gab vor, in seiner Seele hätten tausend Frauen Platz. Das nun rief mich auf den Plan. Ich hatte ja etwas gutzumachen, wollte Juliette glücklich sehen und wieder der liebe gute Bruder sein. Das Verhängnis nahm seinen Anfang: Juliette und ich trafen Julienne kurz vor Beginn des neuen Semesters in Ehnheim am Sechs-Eimer-Brunnen, einem Schmuckstück aus der Renaissance mit Baldachin, kurzum, dem Treffpunkt schlechthin. Julienne war mit einem anderen Studenten zusammen, der Juliette sofort schöne Augen machte und uns in die Schenke auf einen Schoppen Wein einlud. Schließlich kam die Zeit, dass wir zurück aufs Gut mussten. Juliennes Freund hatte Pferd und Wagen, und es wurde eine lustige Herbstfahrt in die Dunkelheit hinein. Juliette saß neben Juliennes Freund René auf dem Bock und gewährte ihm, um Julienne eifersüchtig zu machen, ein paar harmlose Freiheiten.
    Und ich? Irgendwann Fasste ich Julienne ins Auge, in der Hoffnung, ihn für Juliette gefügig zu machen. Allerdings glaubte ich selbst nicht recht daran, dass meinen Einflüsterungen und Blicken Erfolg beschieden sein könnte. Schon damals wusste ich, dass es unmöglich ist, jemanden gegen seinen Willen zu etwa zu bewegen, erst Recht musste es also Unsinn sein, einen Mann gegen seinen Willen verliebt machen zu wollen. Um so überraschter war ich daher, dass Julienne René auf dem Gut zur Rede stellte und ihm mit Duell drohte, sollte er Juliette nicht in Ruhe lassen. Juliette war entzückt, René dagegen machte sich verärgert auf den Heimweg.
    ‚Dann schlaf´ ich eben im Heuschober’, entschied Julienne.
    Nachts wachte ich auf. Ich hörte, wie jemand barfuß sein Zimmer verließ: Juliette. Sie schlich in den Heuschober und gab sich Julienne hin – und erklärte mir am nächsten Morgen glückstrahlend, er sei von Anfang an in sie verliebt gewesen, habe sich mit seiner Unnahbarkeit nur interessant machen wollen. Meine Suggestion war also auf fruchtbarsten Boden gefallen. Und das leider im doppelten Sinn des Wortes: Juliette wurde schwanger und wartete auf ein Eheversprechen. Julienne besuchte sie auch noch ein Mal, doch dann brach er sein Studium ab und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Ich musste Juliette versprechen, seinen Namen nicht preiszugeben, weshalb ihr unser Abbé die Absolution verweigerte, als sie in den Wehen im Sterben lag. Ihn aber machte ich für alles verantwortlich und baute eine Hasskulisse gegen ihn auf, hinter der alles andere verschwand. Darauf wurde ich Assistent meines Onkels, lernte drei Jahre das Baaderhandwerk und schrieb mich in Strasbourg für ein Medizinstudium ein. Nach dem Examen begannen meine Wanderjahre, während derer ich in verschiedenen Spitälern des Landes arbeitete.«
    Ich brauche nun nicht mehr en detail zu schildern, wie es mir erging, als ich wieder vor meinem Trumeau saß: Ohne Grauen eilte ich durch den Korridor des Chaos, durchtanzte den Arc de Triomphe und stand binnen weniger Augenblicke auf der mit Felsblöcken übersäten und Krüppelfichten bestandenen Lichtung. Ich rannte den Trampelpfad entlang, erklomm den Felsbrocken und sprang in die Tiefe. Alles geschah in einer einzigen fließenden Bewegung, und mein Fallen löste intensive Glückgefühle aus. Schwerelos wie ich war, von allen seelischen Lasten frei, wünschte ich, mein Sturz möge endlos sein. Tatsächlich hatte ich das Gefühl, gleichsam durch den Grund der Erde hindurch zu fallen, tiefer, als in der Realität möglich gewesen wäre. Um mich herum war es aber nicht dunkel, sondern hell. Mir war, als segle ich auf ein Licht zu, von dem ich irgendwann wusste, dass es von Juliettes Lächeln ausging. Sein Strahlen ging ihrer Gestalt voraus: Voller Glück erkannte ich meine Schwester, wie sie mit ausgestreckten Armen auf mich zukam, mich voller Liebe umFasste. In dem Augenblick, in dem ich in ihr lächelndes, offenes Gesicht sah, begriff ich, dass sie mir vergeben hatte.

14.
    Das Jahr war noch jung, und wie im Februar die Natur Kräfte sammelt, um im März mit frischem Leben aufzuwarten, wuchs meine Zuversicht. Wie Madame Berchod Fasste ich das Ziel, mit mir ins reine zu kommen und mich mit meinen Schuldgefühlen auszusöhnen. Erst dann war es soweit, Marie Bonets Ratschlag zu beherzigen, mithin die Lasten der Vergangenheit einzusargen und sie im tiefen Meer der Vergangenheit zu begraben. Um beides zu erreichen, musste ich Abstand gewinnen. Das Gebot der nächsten Tage und Wochen hieß daher: Mache eine Reise! Du bist dank der

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