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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Ich bin der einzige, der deine Mieze unterbringen kann. Nur wo ich sie abschrubben soll, das weiß ich noch nicht. Ich habe kein Badezimmer.«
    »Wieso kannst du Lida verstecken? Du wohnst doch in einer Wohnanlage, wo man alles hört und sieht.«
    »Der liebe Charly hat so seine Tricks.« Reindl lachte mit dem Gesicht eines geilen Fauns in sich hinein. »Die Kontrolleurin unserer Straße ist fünfundvierzig Jahre alt und gelenkig wie eine Bodenturnerin. Wenn ihr Mann zur Arbeit ist, tue ich ihr ab und zu einen Gefallen.« Er machte eine Bewegung mit dem Unterkörper und lachte dabei schallend. »Seitdem kann ich machen, was ich will. Man muß die richtigen Schlösser aufschließen, Jungs.« Er wandte sich zu Lida und nickte ihr aufmunternd zu. »Wir werden dich schon aufpolieren, Mädchen. Bist du wirklich zu Fuß bis Beijing gekommen?«
    »Ja«, antwortete Lida und blickte an Reindl vorbei. Sie hatte keine Erklärung dafür, aber von der ersten Minute an haßte sie ihn. Ich muß Jian vor ihm schützen, sagte sie sich. Er ist ein böser Mensch.
    Bai bemerkte Jians Zögern, und er hob die Schultern und sagte: »Es ist die einzige Möglichkeit, Lida zu verstecken. Ich kenne kein sichereres Versteck für sie. Wenn sie in Beijing bleiben will – «
    »Ich bleibe hier«, sagte Lida. Sie blickte Reindl in die listigen Augen. »Jetzt, wo ich dich kenne, bleibe ich bestimmt.«
    »Wie soll ich das verstehen?« Reindl boxte Jian lachend in die Rippen. »Paß auf, daß sie nicht zu mir überläuft.«
    »Du wärst der erste Mensch, den ich eigenhändig töte«, sagte Jian kühl.
    »Nur nicht gleich nach dem Messer greifen!« Reindl hob abwehrend die Hände. »Versteht denn hier keiner Spaß? Die Mädchen meiner Freunde sind für mich tabu!«
    »Wird hier gequatscht oder was bestellt?« schrie die dicke Köchin dazwischen. »Wenn nicht, raus aus meiner Küche!«
    »Genossin, wir gehen schon.« Bai ging voraus, aber auf der Straße drehte er sich noch einmal um. »Ach ja«, sagte er in vollem Ernst, »deine Nudelsuppe riecht sauer.«
    »Du pissender Hund!« schrie die Dicke und rang nach Atem. Dann griff sie nach einem Hühnerkopf und schleuderte ihn Bai nach. Aber sie traf ihn nicht, und eilig rannte sie auf die Straße, hob den Hühnerkopf auf, kehrte zu ihrer Garküche zurück und warf ihn in den Suppentopf. »Die Jugend wird immer unhöflicher«, sagte sie laut zu sich. »Wohin soll das noch führen?«
    Er konnte Lida nicht besuchen, das sah Jian ein. Reindl sagte es auf seine widerliche Art, die keinem seiner Freunde gefiel, die sie aber hinnehmen mußten, denn Reindl die Grundbegriffe chinesischer Höflichkeit beizubringen hatte sich schnell als unmöglich erwiesen.
    Am nächsten Morgen brachte er Lida mit zur Universität, und sie sah trotz der hinter ihr liegenden Wanderung quer durch China, trotz aller Strapazen und Entbehrungen in ihrem roten Baumwollkleid, über das sie die Steppjacke gezogen hatte, wunderschön aus.
    Reindl zeigte stolz auf die Jacke. »Die halbe Nacht habe ich an dem Mistding gearbeitet«, sagte er. »Da hing der Schlamm dick dran. Und Lida erst! Als sie gewaschen aus dem Klo kam, habe ich mich hingesetzt und gesagt: ›Mein Fräulein, wen suchen Sie? Haben Sie sich verlaufen?‹ Nicht wiederzuerkennen war sie.«
    Jian zog Lida mit sich fort und ließ Reindl stehen. Sie gingen in die Mensa der Universität, setzten sich hinten an der Wand an einen Tisch, und Jian holte Tee und einen Teller mit süßem Gebäck. Er war glücklich zu wissen, daß Lida jetzt immer bei ihm sein würde, ein ganzes Leben lang. Alles, was sein Vater verhindern wollte, hatte sie mit ihrem Marsch durch China nun doch erreicht, und keine Macht der Welt war jetzt mächtig genug, sie noch einmal zu trennen.
    »Ich muß dir ein Geständnis machen«, sagte Jian und griff nach ihren Händen. »In den nächsten Wochen wird die ganze Welt über Beijing sprechen. Das neue China, von dem ich dir immer erzählt habe, wird erwachen. Deng Xiaoping wird gezwungen werden, aus der Öffnung nach Westen echte Demokratie zu machen.«
    »Wer will ihn zwingen? Ihr? Du?« Lida spürte plötzlich Angst und eine ohnmächtige Verzweiflung in sich aufsteigen. »Jian, ihr wollt eine neue Revolution? Soll denn wieder Blut fließen? Ist Chinas Erde denn nicht genug mit Blut gedüngt worden? Jian, du nimmst doch nicht an diesem Wahnsinn teil? Versprich mir, daß du es nicht tust.«
    »Es wird kein Blut fließen, und es wird auch keine Revolution sein,

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