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Der Jade-Pavillon

Der Jade-Pavillon

Titel: Der Jade-Pavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Handrücken.
    »Sehen wir Lida so wieder, wie sie abgefahren ist?« fragte er stockend.
    Jinvan lächelte vor sich hin. »Erinnerst du dich, wie es vor siebenundzwanzig Jahren war?« fragte sie.
    Huang nickte, aber er blickte noch immer auf die Straße, als sähe er Jians Auto. »Ich habe keine Stunde vergessen«, sagte er.
    »Du hast mich in einer kleinen Hütte mitten im Reisfeld verführt, und es regnete, und durch das alte Strohdach tropfte es auf unsere nackten Körper, und wir merkten es gar nicht. Wir waren eingehüllt in unser Glück, und wenn ein Sturm die Hütte weggeblasen hätte, es hätte uns nicht stören können.«
    »Ja, so war es.« Huang wandte sich Jinvan zu und sah sie fragend an. »Warum kommt jetzt die Erinnerung zu dir zurück?«
    »Hast du damals meinen Vater gefragt, ob du mich lieben darfst? Habe ich gefragt, ob sie dich als Schwiegersohn mögen? Haben wir Hand in Hand vor meinen Eltern gestanden und haben gesagt, daß wir in der alten Hütte auf dem Reisfeld – «
    »Vergleiche uns nicht mit Lida und Jian!« Huang zog seine Hand aus Jinvans streichelnden Fingern. »Das ist etwas anderes.«
    »Erkläre mir das, Keli.«
    »Huang Keli war ein kleiner, armer Lehrerstudent, ein Miao, der eine zarte, schöne Dong liebte. Jian ist der Sohn des großen Tong Shijun, und Lida ist ein armes Miao-Mädchen, das nichts zu geben hat als seine Ehre. Was ist einem Tong die Ehre einer Lehrerstochter wert? Ein Tiger kann mit einem Hasen spielen, aber einmal frißt er ihn doch!«
    »Vor siebenundzwanzig Jahren hast du am Tisch meines Vaters gesessen und warst zufrieden, wenn du eine Suppe bekommen hast. Für unsere Familie warst du ein Nichts, und jeder sagte zu mir, daß wir nicht zusammenpassen und daß ich dumm sei, dich in unser Haus einzuladen; es gebe so viele andere junge Männer, die ein Mädchen wie mich verwöhnen könnten. Aber ich liebte nur dich, und nach der Stunde in der Reishütte warst meine ganze Welt nur noch du. Warum soll es bei Lida und Jian anders sein?«
    »Mein Lehrergehalt ist für einen Tong ein Trinkgeld.«
    »Warum machst du dich so klein? Hast du es nötig, den Kopf zu neigen, wenn du einmal Tong Shijun gegenüberstehst? Auch du hast eine Tradition.«
    »Ja, ich habe sie.« Huangs Gesicht war kantig und steinern geworden. »Meine Tradition ist die Armut. Kann man darauf stolz sein?«
    »Ja. Wer gegen seinen Hunger arbeitet, besitzt die Ehre des Kämpfers. Verneige dich nicht vor dem Reichtum, kämpfe!«
    Große Qual trat in Huangs Augen, und er fragte mit stockender Stimme: »Du weißt also, daß Lida sich Jian hingeben wird?«
    »Ich weiß, was vor siebenundzwanzig Jahren war. Die Welt verändert sich ständig, nur die Liebe nicht, solange der Mensch ein Herz hat.«
    »Du bist eine kluge Frau«, sagte Huang. »Verzeih, daß ich so blind war und es nie bemerkt habe. Aber es tut weh.«
    »Was?«
    »Zu wissen, daß Lida nicht mehr als ein Mädchen zurückkommen wird. Aber vielleicht verstehen diesen Schmerz nur Väter.« Er ging ins Haus, setzte sich an den Tisch und schöpfte sich die morgendliche Reissuppe in die Eßschale. Und er blieb wortlos, bis er das Haus wieder verließ, da die Schule begann.
    Die Straße von Dukou nach Lijiang mußten die Drachen mit allem Haß auf die Menschen gebaut haben, denn anders ist es nicht möglich, einen Weg durch kahle, feindliche Berge zu schlagen, vorbei an riesigen Felsblöcken, mit denen die Ungeheuer gespielt haben mochten. Die Straße war von niederstürzenden Wasserfällen und Bächen umrauscht und führte in enge, furchterregende Schluchten hinunter und zu Gebirgspässen hinauf, die im Himmel zu enden schienen.
    Lida saß neben Jian, den Kopf zwischen die Schultern gezogen. Sie hatte Angst, da sie noch nie eine so gewalttätige Natur gesehen hatte. »Hat es keinen anderen Weg gegeben?« fragte sie einmal, als der Wagen wieder an einem donnernden Wasserfall vorbeifuhr.
    »Ja, über Dali, aber das wäre ein großer Umweg gewesen. Von Huili ist das die nächste Strecke.« Jian legte den Arm um Lida und lenkte den Wagen mit nur einer Hand. »Du hast Angst?«
    »Ja.«
    »Wir sind gleich im Gebiet des Naxi-Volkes. Dort hat man eine Rolle, die in der alten Dongba-Bilderschrift geschrieben ist, gefunden und entziffert. Die Rolle beschreibt vor vielen hundert Jahren diesen Weg, als er noch keine Straße war, sondern ein Pfad für die Yaks. Es heißt darin: ›Als Himmel und Erde noch nicht getrennt waren, konnte der Steingott noch singen, die

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