Der Jadereiter
war?«
»Ich weiß, wer’s war.«
»Wer?«
»Bradley. Mit Hilfe von Warren.«
Ich schreite schnellen Schrittes auf unseren Wagen zu, dessen Motor wegen der Klimaanlage läuft. Kimberley Jones kommt ins Schwitzen, als sie versucht, mich einzuholen. »Augenblick, was soll das Ganze? Wollen Sie damit sagen, daß Bradley Selbstmord begangen hat mit … Ach, verstehe. Es geht wieder um den Buddha, stimmt’s, ums Karma? Sie haben sich gerade selber acht Kilometer über die Erde gebeamt, an den Ort, an den gute Thai-Cops verschwinden, wenn sie sterben oder verwirrt sind – oder sich verlieben. Wissen Sie, daß Sie im Augenblick aussehen wie ein Teenager? Ich habe noch nie eine so unprofessionelle Vorgehensweise erlebt.«
»Wenn Sie Gangster nicht lieben würden, wären Sie nie zum FBI gegangen«, herrsche ich sie an.
Sie sieht mich mit offenem Mund an. Ausnahmsweise hat es ihr die Sprache verschlagen.
Nachdem sie die Tür des Mercedes auf ihrer Seite von innen zugeknallt hat, versuche ich, den Schlüssel zu Fatimas und meiner Vergangenheit zu finden, den Beginn unseres jahrhundertelangen Versteckspiels.
»Scheiße.« Kimberley Jones starrt zum Fenster hinaus, während wir im Stau stehen. »Wenn ich das gewußt hätte, wäre ich selber in die Offensive gegangen. Ich komme mir vor wie ein Polizist im alten Ägypten.«
Bemüht, mein süffisantes Grinsen zu verbergen, frage ich: »Erinnern Sie sich noch?«
Sie brummelt weiter vor sich hin, während ich versuche, jede Menge karmische Informationen, die durch mein Gehirn flitzen, zu entwirren. So etwas habe ich noch nie erlebt, nicht in dieser Intensität. »Man muß vergeben können«, murmle ich. »Das ist der einzige Weg zurück.«
»Verdammt, ich besorge mir selber ihre Nummer. Wenn ich die Befugnis dazu hätte, würde ich sie aufs Revier zitieren. Sie ist die Verbindung, das begreifen Sie doch, oder? Die Verbindung zwischen Bradley, Warren, der Jade und dem Meth. Sie könnte den Fall innerhalb von fünf Minuten aufklären, und ich könnte endlich aus diesem Scheißland verschwinden. Vielleicht würde es mir sogar gelingen, Warren festzunageln.«
Sie gibt dem Chauffeur Anweisung umzudrehen. Ich bleibe im Wagen, während sie die Rolltreppe zu Warrens Geschäft hinaufhastet, schließe die Augen und meditiere. Als sie ein paar Minuten später zurückkehrt, ist ihre Kleidung schweißnaß, und ihre Kiefer mahlen. »Das Miststück hat den Laden zugemacht und Fersengeld gegeben. Wir haben sie wieder verloren.«
»Tatsächlich?«
Sie macht fünf Minuten lang Atemübungen. Schließlich sagt sie mit beherrschter Stimme: »Wollen Sie mir nichts über Ihr langes Gespräch mit Elijah gestern abend erzählen? Haben Sie nichts Brauchbares rausgefunden?«
»Doch. William Bradley hat seinem Bruder nichts von Fatima erzählt. Elijah hat erst von ihr erfahren, als er nach dem Mord die Nummer von Williams Handy wählte.«
»Und das halten Sie für wichtig?« Sie reibt sich das Kinn mit jenem ungläubigen Blick, den Amerikaner im Ausland so gut beherrschen. »Sagen Sie mir, wo ich Sie rauslassen soll. Ich brauche jetzt ’ne große Portion westlicher Kultur.
Ich fahre zurück ins Hilton, lasse mir amerikanisches Essen in mein großes, klimatisiertes Zimmer bringen und schaue CNN, bis ich wieder weiß, wer ich bin. Das hier ist ein von der Magie verwüstetes Land, ist Ihnen das klar? Diese Reise hat mich Hochachtung vor dem Entdecker der Logik gelehrt, denn vor der Logik war wahrscheinlich die ganze Welt so wie dieses Land.«
»Stimmt«, pflichte ich ihr bei. »Magie ist etwas Präindustrielles.«
Ich sehe dem Wagen nach, der sich in den Stau an der Rama IV. Road einreiht. Ein bißchen tut mir die FBI-Frau wegen ihres Glaubens an die Logik des menschlichen Lebens leid. Vermutlich hat dieser Glaube mit der Verblendung des Westens zu tun, der immerzu neue Maschinen erfindet. Das ist wie die Sache mit dem Handyklingelton, ein logisches Labyrinth ohne sinnvolles Ergebnis. Logik als Ablenkung. Offen gestanden kann ich die globale Machtverschiebung, von der der Klostervorsteher gesprochen hat, kaum noch erwarten. Meine Gedanken kehren zu Fatima zurück. Der Khmer allerdings ist mir ein Rätsel.
Die Wahrheit über das Leben sieht so aus, daß es meist nichts zu tun gibt, und der weise Mann – oder die weise Frau – kultiviert deshalb die Kunst des Nichtstuns. Ich kehre zum Meditieren in mein Zimmer zurück. Zugegeben, ich bin stolz darauf, den Fall (zumindest in groben
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