Der Janson-Befehl
präzisen Abständen voneinander aufgehängt. Das Mobiliar sah aus wie eine aus der Ferne für einen Geschäftsmann aus Tokio eingerichtete Zweitwohnung: elegant und teuer, doch ohne jede Individualität.
Jansons Verstand führte blitzartig seine Umgebung auf ein Arrangement von Öffnungen und Ebenen zurück: eines, das Chancen und Risiken repräsentierte, und ein zweites mit Fluchtmöglichkeiten und etwa möglichen Verstecken.
Er arbeitete sich von Wand zu Wand durch den Salon. Der Boden war mit poliertem Parkett belegt, das größtenteils Aubusson-Teppiche in gedämpften Farben bedeckten. Diese Teppiche verhinderten allerdings nicht, dass eine Bodendiele ein leichtes Ächzen von sich gab, als er den Zugang zum nächsten Salon erreichte. Plötzlich zuckte es in seinen Nerven, als ob er einen elektrischen Schlag erhalten hätte. Vor ihm war plötzlich eine Haushälterin in einer hellblauen Baumwolluniform aufgetaucht.
Sie drehte sich mit einem altmodischen Staubwedel in der Hand zu ihm herum und erstarrte in ihrer Bewegung. Ihr rundes Gesicht hatte sich zu einem hässlichen Grinsen verzogen - Angst?
»Paul, aufpassen!«
Das war Jessies Stimme. Er hatte sie nicht herunterkommen hören, aber sie war nur wenige Schritte hinter ihm.
Plötzlich spritzte etwas, das wie roter Gischt aussah, aus der Brust der Haushälterin. Sie kippte vornüber auf den Teppich, der dicke Stoff dämpfte das Geräusch ihres Falls.
Janson wirbelte herum und sah die Waffe, die Jessie in der Hand hielt und aus deren perforiertem Schalldämpfer ein dünner weißer Rauchfaden stieg.
»Du großer Gott«, stieß Janson entsetzt hervor. »Ist dir klar, was du gerade getan hast?«
»Ist es dir klar?«
Jessie trat neben die Leiche und tippte mit dem Fuß den Staubwedel an, den die Haushälterin immer noch in der ausgestreckten Hand hielt.
Das war kein Gegenstand für den Hausputz, höchstens im blutigsten Sinn: Unter dem Fächer brauner Federn verbarg sich eine SIG Sauer modernster Bauart, die immer noch mit einem Elastikband an der Hand der Toten hing.
Jessie hatte Recht gehabt, zu schießen. Die Pistole war durchgeladen und entsichert. Er war nur noch den Bruchteil einer Sekunde vom Tod entfernt gewesen.
Marta Lang war nicht allein. Und sie war nicht unbewacht.
War es möglich, dass sie ihre Anwesenheit immer noch nicht bemerkt hatte? Am Ende des zweiten Salons gab es eine weitere Türöffnung mit einer gewöhnlichen Pendeltür, die offenbar ins Speisezimmer führte.
Hinter der Tür hörte man eine Bewegung.
Janson presste sich links vom Türstock gegen die Wand und wirbelte herum, hielt seine Beretta in Brusthöhe und war darauf vorbereitet, je nach Erfordernis den Abzug zu betätigen oder mit der Waffe zuzuschlagen. Ein kräftig gebauter Mann, der eine Pistole in der Hand hielt, rannte heraus, offenbar sollte er nachsehen, was in dem Salon im Gange war. Janson schmetterte dem Mann den Kolben seiner Beretta gegen den Hinterkopf. Er sackte schlaff zusammen, und Jessie fing ihn auf, sorgte dafür, dass er lautlos auf den Teppich glitt.
Einen Augenblick lang stand Janson reglos da, lauschte gebannt; der plötzliche Ausbruch von Gewalt hatte seine Konzentration beeinträchtigt, und er musste darauf bedacht sein, sich wieder voll und ganz in den Griff zu bekommen.
Plötzlich krachte es ein paar Mal hintereinander laut, und ein paar Kugeln, vermutlich aus einer Magnum, fetzten durch die Pendeltür, ließen Holz- und Lacksplitter davonfliegen. Hatte Marta Lang die Schüsse selbst abgeben? Irgendwie vermutete er das. Janson sah zu Jessie hinüber und vergewisserte sich, dass auch sie sich nicht in der Schusslinie befand und sich wie er neben dem Türstock an die Wand presste.
Einen Augenblick lang herrschte Stille, dann waren leise Schritte zu hören: Janson wusste sofort, was Marta Lang oder wer auch immer es sein mochte - tat und was er tun musste. Sie würde durch die Löcher spähen, die ihre Schüsse in die Holztür gerissen hatten, würde die Lage beurteilen. Sicherlich würde niemand dort stehen geblieben sein, wo gerade Kugeln geflogen waren.
Alles hing jetzt vom richtigen Timing ab, und Janson hatte kaum Anhaltspunkte. Jetzt. Er fuhr mit aller Kraft, die ihm zur Verfügung stand, in die Höhe und warf sich mit der Schulter voran gegen die Pendeltür. Die Tür würde seine Waffe sein - ein Rammbock. Zuerst ließ die Tür sich ganz leicht bewegen dann - ein dumpfer Knall - traf sie auf etwas, schleuderte die Person auf der anderen
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