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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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meinen Hut und ging nach oben in mein früheres Giebelstübchen. Ich wußte, daß sie dort waren, das heißt Mama und Lisa, und daß Tatjana Pawlowna schon weggegangen war. So fand ich sie denn auch beide zusammen auf meinem Sofa, wo sie miteinanderflüsterten. Bei meinem Eintreten verstummten sie beide sofort. Zu meiner Verwunderung waren sie nicht böse auf mich; Mama wenigstens lächelte mir zu.
    »Ich bitte um Verzeihung, Mama ...«, begann ich.
    »Nun, nun, es macht nichts«, unterbrach sie mich; »habt einander nur lieb und zankt euch niemals, dann wird euch Gott auch Glück geben.«
    »Er wird mich nie absichtlich kränken, Mama, das kann ich Ihnen versichern!« sagte Lisa im Ton fester Überzeugung und mit warmem Gefühl.
    »Wäre nur nicht diese Tatjana Pawlowna dagewesen, dann wäre nichts passiert!« rief ich. »So ein abscheuliches Frauenzimmer!«
    »Sehen Sie, Mama? Hören Sie?« sagte Lisa und wies mit dem Finger auf mich.
    »Ich will euch beiden etwas sagen«, erklärte ich emphatisch, »wenn es auf der Welt etwas Garstiges gibt, so bin ich nur garstig, und alles übrige ist entzückend.«
    »Arkascha, rege dich nicht auf, Lieber, wenn du nur wirklich aufhören wolltest ...«
    »Sie meinen: zu spielen, zu spielen? Ich werde aufhören, Mama; heute will ich zum letztenmal hingehen, besonders da Andrej Petrowitsch selbst laut erklärt hat, daß ihm da keine Kopeke gehöre. Sie glauben gar nicht, wie ich mich schäme ... Ich muß mich übrigens mit ihm aussprechen ... Mama, liebe Mama, das vorige Mal habe ich hier ... etwas Häßliches gesagt... Mamachen, ich habe Unsinn geredet: ich habe den aufrichtigen Wunsch zu glauben; ich habe nur renommiert, ich liebe Christus sehr ...«
    Wir hatten das vorige Mal wirklich ein Gespräch dieser Art geführt; Mama war sehr betrübt und erregt gewesen. Als sie mich jetzt so reden hörte, lächelte sie mir zu wie einem kleinen Kind:
    »Christus verzeiht alles, Arkascha, auch deine Lästerung verzeiht er, und er verzeiht auch Leuten, die schlechter sind als du. Christus ist unser Vater: Christus braucht nichts und wird sogar in der tiefsten Finsternis hell strahlen ...«
    Ich sagte ihnen Lebewohl und ging hinaus, wobei ich über die Möglichkeit nachdachte, heute noch mit Wersilow zusammenzukommen; ich hatte den dringenden Wunsch, mitihm zu sprechen, und vorher war es nicht möglich gewesen. Ich vermutete stark, daß er in meiner Wohnung auf mich wartete! Ich ging zu Fuß hin: nach der warmen Witterung war ein leichter Frost eingetreten, und es ging sich sehr angenehm.

II
     
    Ich wohnte in der Nähe der Wosnessenskij-Brücke in einem Mietshaus von gewaltiger Größe in einer Hofwohnung. Als ich gerade ins Tor treten wollte, stieß ich mit Wersilow zusammen, der von meiner Wohnung kam.
    »Nach meiner Gewohnheit«, sagte er, »bin ich auf dem Spaziergang nach deiner Wohnung gegangen und habe sogar bei Pjotr Ippolitowitsch eine Weile auf dich gewartet, aber es wurde mir zu langweilig. Die Leute zanken sich da fortwährend, und heute hat die Frau sich sogar ins Bett gelegt und weint. Ich habe es eine Zeitlang mit angesehen und bin dann weggegangen.«
    Ich wurde aus irgendeinem Grund ärgerlich.
    »Ich bin offenbar der einzige Mensch, zu dem Sie hingehen, und außer mir und Pjotr Ippolitowitsch scheinen Sie in ganz Petersburg niemanden zu kennen?«
    »Mein Freund ... das ist ja ganz gleichgültig.«
    »Wohin wollen Sie denn jetzt?«
    »Zu dir möchte ich nicht noch einmal umkehren. Wenn du magst – laß uns zusammen spazierengehen; es ist ein herrlicher Abend.«
    »Wenn Sie, statt mir abstrakte Erörterungen vorzutragen, menschlich mit mir gesprochen hätten und mir zum Beispiel nur wegen dieses verdammten Spielens eine kleine Warnung hätten zukommen lassen, hätte ich mich vielleicht nicht wie ein Narr da hineinziehen lassen«, sagte ich plötzlich.
    »Du bereust es? Das ist gut«, erwiderte er langsam, den Mund kaum öffnend. »Ich habe mir immer schon gedacht, daß das Spiel bei dir nicht die Hauptsache, sondern nur so eine zeit–wei–lige Verirrung ist ... Du hast recht, mein Freund: das Spiel ist eine Schweinerei, und außerdem kann man sich da zugrunde richten.«
    »Und fremdes Geld verspielen.«
    »Hast du denn auch fremdes Geld verspielt?«
    »Ihr Geld habe ich verspielt. Ich ließ mir von dem Fürsten Geld auf Ihr Konto geben. Allerdings war es eine schreckliche Absurdität und Dummheit von meiner Seite.... Ihr Geld für das meinige zu halten, aber ich

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