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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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Trischatow heißt er – du hast wohl gesehen, Alfonsina ekelt sich davor, ihn auch nur anzusehen, und verbietet ihm, in ihre Nähe zu kommen – und auf einmal erklärt er im Restaurant, in Gegenwart von Offizieren: ›Ich will Schnepfen.‹ Ich habe ihm Schnepfen bringen lassen. Aber ich werde mich schon noch rächen!«
    »Erinnerst du dich noch, Lambert, wie wir beide in Moskau nach einem Restaurant fuhren und du mich in dem Restaurant mit einer Gabel stachst und wie du damals fünfhundert Rubel hattest?«
    »Ja, ich erinnere mich daran. Zum Teufel ja, gewiß! Ich kann dich gut leiden ... Das kannst du mir glauben. Niemandkann dich leiden, aber ich kann dich gut leiden; nur ich, vergiß das nicht ... Der, der da heute hinkommt, ein pockennarbiger Kerl, das ist eine ganz schlaue Kanaille; antworte ihm nichts, wenn er mit dir zu reden anfängt, und wenn er dich fragt, so antworte Unsinn oder schweige! ...«
    Wenigstens fragte er infolge seiner Aufregung mich unterwegs über nichts aus. Ich fühlte mich sogar ordentlich beleidigt, daß er ein solches Vertrauen in mich setzte und nicht einmal auf die Vermutung kam, ich könnte ihm vielleicht meinerseits mißtrauen. Es schien mir, als hätte er die dumme Anschauung, er könne mich noch so kommandieren wie früher. ›Und außerdem ist er schrecklich ungebildet‹, dachte ich, als ich in das Restaurant trat.

III
     
    In diesem Restaurant in der Morskaja-Straße hatte ich auch früher, in der Zeit meines schmählichen Falls und Lotterlebens, verkehrt, und der Anblick dieser Zimmer, der Anblick dieser Kellner, die mich musterten und in mir einen ehemaligen Besucher wiedererkannten, der Anblick dieser rätselhaften Gesellschaft von Freunden Lamberts, in der ich mich auf einmal befand und zu der ich schon untrennbar zu gehören schien, und vor allem eine dunkle Ahnung, daß ich mich da freiwillig auf irgendwelche Schändlichkeiten einließ und zweifellos am Ende eine schlechte Handlung begehen würde: dies alles rief in mir ein Gefühl der Beklemmung hervor. Es gab einen Augenblick, wo ich beinahe weggegangen wäre; aber dieser Augenblick ging vorüber, und ich blieb.
    Jener Pockennarbige, vor dem Lambert aus irgendwelchen Gründen solche Angst hatte, erwartete uns bereits. Er gehörte zu den Menschen, deren Gesicht eine große Gewandtheit in praktischen Geschäften und zugleich eine arge Dummheit erkennen läßt, ein Typ, den ich beinahe schon seit meiner Kindheit hasse. Er mochte etwa fünfundvierzig Jahre alt sein und war mittelgroß; sein Haar zeigte schon Spuren von Grau; das flache, boshafte Gesicht war in geradezu abstoßender Weise glattrasiert; nur auf jeder Backewar ein kleiner, regelmäßiger, grauer, kurzgeschnittener Bartstreifen stehengelassen, der wie eine kleine Wurst aussah. Selbstverständlich war er langweilig, ernst, wortkarg und sogar in der Art solcher Menschen aus irgendeinem Grund hochmütig. Er musterte mich sehr aufmerksam, sagte aber kein Wort. Lambert hielt, obwohl er uns an ein und demselben Tisch hatte Platz nehmen lassen, es doch in seiner Dummheit nicht für nötig, uns miteinander bekannt zu machen, und somit konnte jener mich für einen der von Lambert mitgebrachten Erpresser halten. Mit diesen jungen Leuten (die fast gleichzeitig mit uns eingetroffen waren) sprach er während des ganzen Essens nicht, aber es war dennoch klar, daß er sie genau kannte. Er redete über irgend etwas nur mit Lambert, und zwar fast im Flüsterton, und dabei redete fast nur Lambert, während der Pockennarbige nur kurze, ärgerliche, ultimativ klingende Antworten gab. Er benahm sich hochmütig, boshaft und spöttisch; Lambert dagegen befand sich in großer Aufregung und suchte ihn offenbar zu etwas zu überreden; wahrscheinlich suchte er ihn für irgendein Unternehmen zu gewinnen. Einmal streckte ich die Hand nach einer Flasche mit Rotwein aus; da ergriff der Pockennarbige plötzlich eine Flasche mit Jerez und reichte sie mir, obwohl er bis dahin noch kein Wort mit mir gesprochen hatte.
    »Versuchen Sie einmal diesen hier!« sagte er und hielt mir die Flasche hin. Da erriet ich auf einmal, daß auch ihm ohne Zweifel schon alles mögliche über mich bekannt war: meine Geschichte und mein Name und vielleicht auch die Spekulation, die Lambert mit mir anstellte. Der Gedanke, daß er mich möglicherweise für einen Gehilfen Lamberts hielt, versetzte mich wieder in Wut, aber auf Lamberts Gesicht prägte sich, als jener mich angeredet hatte, sofort die stärkste,

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