Der Jüngstre Tag
furchtbar wütend, weil er heimlich von Bord gegangen war, aber Luke war sicher, er würde eines Tages kommen. Hoffentlich bald.
Allein aus diesem Grunde musste er trotz der Gefahr in der Nähe von Corkys Ansiedlung bleiben. Luke schätzte, dass Mark einen Überraschungsbesuch machen und nicht das Risiko eingehen würde, in die Rose Bay zu segeln, wo Corky die Archangel sofort entdecken würde. Wenn die Rettungsmannschaft Corky tötete und die Gräber fand, während er sich woanders aufhielt, würden sie vermuten, dass er ebenfalls tot war, und ohne ihn wieder abreisen. Luke überlegte, ob er Nachrichten an den Zufahrtsstraßen zu der Siedlung hinterlassen sollte, doch er verwarf den Gedanken wieder. Wenn Corky die Nachrichten fand, würde er erfahren, dass Mark die Absicht hatte zurückzukehren.
Luke hatte nur eine Chance. Er musste Corky erschießen, ehe er selbst erschossen wurde. Das Problem war nicht, eine Waffe zu finden, sondern Munition aufzutreiben. In der Zeit nach dem Ausbruch der Pandemie waren alle Munitionsdepots geplündert worden. Die schrumpfende Bevölkerung in diesem Gebiet hatte Wild und Vögel gejagt, um nicht zu verhungern, oder die Menschen kämpften gegeneinander um Vorräte.
Lukes größtes Problem war die Nahrungssuche. Ohne geladene Waffe war selbst das schwierig, vor allem, da er Corky ständig im Auge behalten musste. In der zweiten Nacht nach der Ermordung seines Bruders schlich Luke am Ufer entlang und stahl Fische, die an den Gestellen oben am Strand trockneten. Er legte auch ein einfaches kleines Holzbrett auf das Grab seines Bruders. Lieber hätte Luke ein Kreuz aufgestellt, aber ein Kreuz hätte Corky sofort gesehen, und er wollte nicht, dass er es herausriss und verbrannte.
Am nächsten Morgen beobachtete er Corky, wie er misstrauisch auf die Lücke im Gestell spähte. Später an diesem Tag sammelte Corky die restlichen Fische ein und brachte sie in das Haus, in dem er vermutlich wohnte. Glücklicherweise entdeckte er das Holzbrett nicht.
Zwei Tage später erschoss Corky ein Känguru, das am Strand herumlief. Er hängte es an einen Ast, zog die Haut ab und schnitt ein Bein ab. Den Rest des Fleisches ließ er dort hängen.
Luke starb vor Hunger. Als der Mond am nächsten Morgen von Wolken verdeckt wurde, schlich Luke durch die Gärten auf den Kadaver zu. Er war schon über den Zaun geklettert, als der Himmel kurz aufriss und den Bruchteil einer Sekunde das Mondlicht auf ihn fiel. Ein Gewehrschuss hallte durch die Stille, und Luke spürte den Luftzug, als die Kugel an ihm vorbeizischte. Wenn er ein paar Meter näher am Kadaver gestanden hätte oder die Lücke in den Wolken ein wenig größer gewesen wäre, hätte Corkys Kugel ihn zweifellos getötet.
Von diesem Augenblick an war Luke hauptsächlich damit beschäftigt, Corky zu beobachten, um jederzeit zu wissen, was er tat. Corky trug das Gewehr immer bei sich, und sein Blick schweifte stets auf der Suche nach seinem Opfer umher.
Mark war immer noch nicht gekommen, und Luke war gezwungen, kurzfristig sein Versteck zu verlassen, um Nahrung zu suchen. Gleichzeitig suchte er verzweifelt nach Munition, doch immer ohne Erfolg.
Luke führte das Leben eines Guerillakämpfers und schlief keine zwei Nächte hintereinander am selben Ort. Er hatte Geschichten über australische Giftspinnen und -schlangen gehört, und die wahnsinnige Angst, gebissen zu werden, trug noch zu seiner misslichen Lage bei. In der Regel hielt er sich in dem Gebiet auf, das im Norden vom Wynnum Creek, im Westen von dem Gebirgskamm oberhalb von Manly, im Süden vom Lota Creek und im Osten vom Meer begrenzt wurde. Bald kannte er diese Gegend wie seine Westentasche.
33
Das Katz- und Mausspiel zog sich erst tage- und dann wochenlang hin. Der ständige Hunger, die Nervosität, die Erschöpfung und der Stress, Corky ständig aus dem Weg zu gehen und nach der Archangel Ausschau zu halten, forderten ihren Preis. Luke beschloss, etwas zu unternehmen.
Eines Morgens entzündete er ungefähr eine Stunde vor Tagesanbruch am Strand ein paar Kilometer von Corkys Siedlung entfernt ein Feuer. Er warf Laub und Gras in die Flammen, bevor er sich in der Nähe versteckte. Sein Feind war Frühaufsteher und Gewohnheitsmensch. Jeden Morgen ging er mit dem Gewehr und einem Eimer in der Hand am Strand entlang zu der Landzunge und kontrollierte das Netz, das er am Abend zuvor ausgeworfen hatte. Als Erstes warf er die Fische in den Eimer, worauf er durch das Fernglas aufmerksam den
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