Der Jüngstre Tag
konnten sie Mary-Claire nicht im Stich lassen. Um die Stille zu brechen, griff Susan das Thema der »Begleitagentur« wieder auf.
»Alle jungen Frauen sind betroffen. Es müssen drei Männer befriedigt werden – wenn man Damian mitzählt, vier –, und wir haben nur sechs Frauen.«
»Acht«, berichtigte Diana sie.
»Sechs: Cheryl, Bridget, Virginia, Kimberley, Rebecca und Theresa.«
»Und Amy und Beatrice.«
»Was? Wag es bloß nicht, den Chatfields die beiden Kinder anzubieten!«, drohte Duncan ihr.
»Das ist nicht meine Entscheidung«, entgegnete Diana wütend. »Nigel hat mir bereits befohlen, sie auf die Liste zu setzen.«
»Und du hast zugestimmt?«
»Meinst du, ich hatte eine andere Wahl?«
»Du passt besser auf sie auf«, rief Duncan, stellte seine Tasse wütend auf den Tisch und stürmte hinaus. Paul folgte ihm.
»Ich glaube, unsere Besprechung ist zu Ende«, sagte Susan. Sie stand auf und verließ ebenfalls den Raum.
Jennifer blieb sitzen und beugte sich zu Diana hinüber. »Ich habe eine Idee.«
Am nächsten Tag zur Mittagszeit nahmen Diana und Jennifer die jungen Mädchen zur Seite und erklärten ihnen die Situation. Die erwachsenen Frauen hatten sich bereits mit ihrer misslichen Lage abgefunden, doch die jungen Zwillinge Amy und Beatrice gerieten in Panik.
»Ich beschütze euch, so gut ich kann«, versprach Diana und nahm die Mädchen in die Arme.
»Ich kümmere mich um Damian«, erklärte Cheryl. Die anderen musterten sie überrascht. Sie konnten nicht glauben, dass Cheryl sich freiwillig anbot. »Ich habe meine Gründe«, fügte sie hinzu, ohne es näher zu erläutern.
»In Wahrheit habe ich doch gar nicht die Macht, die Entscheidungen zu treffen. Das machen Nigel und seine Söhne selbst«, sagte Diana. Nicht nur die beiden jungen Mädchen schluchzten, sondern auch ihre Mutter Virginia. »Ich werde für euch beide tun, was ich kann.« Die Uhr oben auf dem Cromwell Tower schlug halb eins. Die Mittagspause war zu Ende. Für weitere Diskussionen war keine Zeit.
Als die anderen Frauen den Großen Saal verließen, um mit ihrer Nachmittagsarbeit zu beginnen, lief Diana in die Prunkgemächer. Durch das Fenster der Bibliothek sah sie Nigel und seine Söhne, die gemütlich im Garten speisten. Theresa bediente sie. Sie lief zwischen dem Garten und den Küchen hin und her, um ihre Wünsche zu erfüllen. Trotz ihrer Rolle als Dienerin haftete dieser großen Frau mit dem schlanken Hals Eleganz an. Diana sah, dass Nigel versuchte, eine Hand zwischen Theresas Schenkel zu schieben, als seine Söhne abgelenkt waren. In aller Eile setzte Diana ihre Suche in den Büchern auf den Regalen fort. Sie musste so schnell wie möglich finden, was sie brauchte.
Als sie sah, dass Nigel aufstand und betrunken zurück zum Haus torkelte, stellte sie die Bücher, die sie durchgesehen hatte, hastig aufs Regal und ging in seine Privaträume. Sie machte gerade sein Bett, als er eintrat.
»Madam«, sagte Nigel spöttisch, in sein Schlafzimmer torkelnd. Er war guter Stimmung vom vielen Wein. »Wie geht es mit der Begleitagentur voran?«
»Die Frauen warten darauf, Eurer Lordschaft zu Diensten zu sein«, erwiderte Diana, die sich bemühte, ihre Verachtung für ihn zu verbergen.
»Ich glaube, ich werde heute Nacht Theresas Gesellschaft genießen.« Er sprach die Worte wie eine Drohung aus, und die Betonung des Wortes »genießen« sollte sicherlich Dianas Unbehagen steigern. Sie spürte seine Freude darüber, ihr wehzutun, indem er ihre Tochter verlangte.
»Wie Ihr wünscht«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. Er konnte die Enttäuschung über ihre Reaktion nicht verbergen. »Es geschieht Euch recht, wenn sie Euch mit Tripper ansteckt«, fügte Diana schnell hinzu.
»Was?«
»Wisst Ihr nicht, dass Euer Sohn Miles sie vor seinem Tod angesteckt hat?«
Sie war zu weit gegangen. Nigel versetzte ihr einen harten Faustschlag, der sie zu Boden streckte.
»Du lügst!«, schrie er sie an.
Diana kam mühsam auf die Knie und zuckte wieder mit den Schultern. Sie log, doch Nigel konnte es nicht beweisen. Er drehte sich um und ging davon. »Wann soll ich Theresa zu Euch schicken?«, rief sie ihm hinterher.
Er zögerte einen Augenblick. »Schick mir stattdessen eine von Virginias Zwillingstöchtern«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Nein! Nicht sie! Ich habe sie nicht …« Diana verstummte.
»Nein, schick sie mir beide. Um Punkt halb neun.«
Diana hockte noch immer auf dem Boden, als Nigels drei Söhne an der Tür
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