Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge aus dem Meer

Der Junge aus dem Meer

Titel: Der Junge aus dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
Vom Netzwerk:
dem Arzt zurück.
    Sie warteten im Hof wie vor einem Operationssaal, in dem sich in diesem Augenblick etwas entscheiden würde, was ihnen allen etwas bedeutete. Florian kletterte inzwischen wieder aufs strohgedeckte Dach, um die Schäden zu beseitigen, die der Sturm in der Nacht angerichtet hatte. Die übrigen schlenderten durch die Sonne und überlegten dabei natürlich, was diesem fremden Jungen wohl passiert war und wo er überhaupt herkäme.
    „Am meisten würde natürlich einleuchten, daß er mit irgendeinem Boot draußen war“, meinte der Chefredakteur schließlich. „Der Sturm hat ihn überrascht, über Bord gerissen und an den Strand geworfen.“
    „So könnte es gewesen sein...“, gab Fritz Treutlein zu.
    „Falls die Sache mit dem Boot stimmt“, warf Paul Nachtigall ein, „müssen wir ihn gleich fragen, ob er allein war. Sonst könnte es nämlich sein...“
    „…daß noch andere im Meer herumtreiben“, rief Karlchen Kubatz aufgeregt. „Und man müßte sofort die Küstenwache alarmieren.“
    In diesem Augenblick kam ein Unfallwagen mit Blaulicht und Sirene vom Dorf her. Er kam über die Mulde und bremste im Hof, dicht vor der Gruppe der Wartenden. Aufgeregt sprangen Emil Langhans und der dickliche Sputnik ins Freie.
    „Wir haben euch am Strand gesucht und nicht mehr gefunden“, erklärte Otto Hugendubel, noch außer Atem.
    Und als jetzt der uniformierte Fahrer aus dem Wagen kletterte, stellte Emil Langhans vor: „Das ist Herr Frank, der zuerst eigentlich mit uns Schlitten fahren wollte, weil er glaubte, wir hätten ihn auf den Arm genommen.“
    „Leider gibt es solche Spaßvögel“, lächelte Herr Frank, und dann fragte er: „Also, wo ist der Knabe, und wie geht’s ihm?“ Beinahe gleichzeitig öffnete Großmutter Kubatz die Haustür und sagte: „Ihr könnt alle reinkommen.“
    „Unfallwagen drei aus Westerland“, meldete sich Herr Frank und nahm die Hand an seine Mütze, nachdem er mit den übrigen hereingekommen war und den Professor entdeckt hatte.
    „Guten Tag, Herr Frank“, grüßte der Arzt, der gerade dabei war, sich die Hände zu waschen. „Tut mir leid, aber ich fürchte, das ist heute kein Fall für Sie. Der Junge ist organisch völlig in Ordnung. Ein paar Abschürfungen auf dem Rücken, aber das ist nicht der Rede wert. In der Hauptsache haben wir es mit Untertemperatur zu tun und dadurch mit zu niedrigem Blutdruck.“ Er trocknete sich die Hände ab. „Natürlich auch totale Übermüdung und womöglich noch ein Schock dazu. Weiß der Himmel, wie lange der Bursche im Meer herumgeworfen wurde und um sein Leben kämpfen mußte. Ich habe ihm als erstes ein paar Tabletten und heißen Kamillentee gegeben.“
    „Das Bad wäre soweit“, unterbrach Großmutter Kubatz in diesem Augenblick den Professor. „Genau achtunddreißig, wie Sie es verlangt haben.“
    „Dann helfen Sie mal, Herr Frank“, meinte Professor Stoll. „Das ist ja Ihre Spezialität, und dann haben Sie den Weg nicht ganz umsonst gemacht.“
    Der Sanitäter nahm den fremden Jungen auf seine Arme, als handle es sich um ein federleichtes Baby, und trug ihn hinter Großmutter Kubatz her zum ersten Stock hinauf. Der Professor nahm seine lederne Tasche und kletterte ihnen nach. „Ich werde bei ihm bleiben, bis er aufgetaut ist“, meinte er dabei. „Wir wollen keinen Kollaps riskieren! Und nach dem Bad soll er sich ausschlafen, solange er lustig ist.“
    „Er hat Ihnen nicht erzählt, wie lange er im Wasser war und was überhaupt passiert ist?“ rief Herr Kubatz hinter Professor Stoll her.
    „Nein, er ist stumm wie ein Fisch“, rief der Arzt zurück. „Kein einziges Wort hat er gesagt, nicht einmal seinen Namen. Aber denken Sie, wie gesagt, an den Schock, den er sicherlich abbekommen hat. Wir haben ja nicht die blässeste Ahnung, was alles hinter ihm liegt.“
    „Falls Sie mich doch noch brauchen“, meinte Herr Frank in seinem weißen Sanitäterkittel, „unsere Telefonnummer ist ja bekannt.“
    „Die Küstenwache —“, erinnerte Karlchen Kubatz. „Wir haben uns überlegt, daß es vielleicht noch andere Schiffbrüchige gibt. Es wäre ja möglich, daß in dem Sturm ein Boot gekentert ist.“
    „Man müßte mit einem Hubschrauber die Gegend abfliegen“, schlug Paul Nachtigall vor.
    „Da ist der Seenotdienst zuständig“, meinte Herr Frank. „Ich habe Funk in meinem Wagen und sage den Leuten sofort Bescheid.“ Dabei hatte er bereits die Türklinke in der Hand.
    Eine Stunde später schlief der

Weitere Kostenlose Bücher