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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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Sie streicht sich mit den neuen, weichen Pinseln über die Wange.
    »Ich kann noch viel mehr besorgen. Aber ich dachte, nachdem du so gerne malst, könntest du vielleicht deinen Schmetterling in mein Haus malen?«
    Fride antwortet nicht. Sie schwenkt nur die Pinsel.
    »Ich kenne ein paar Spielzeuggeschäfte, die bis obenhin voll sind. Wir können morgen hinfahren«, sagt Vogel.
    Nanna schweigt. Sie will ihm nicht sagen, dass sie morgen in aller Frühe aufbrechen wollen. Und Fride sieht so glücklich aus.
    »Ist das wahr?«
    »Natürlich ist das wahr«, sagt Vogel und steht auf.
    »Kann ich in die Geschäfte mitkommen?«
    »Ja. Aber zuerst musst du mir da einen Schmetterling hinmalen«, sagt er und zeigt durch das Fenster.
    »Ja, aber wir …«, sagt Fride, bevor Nanna sie unterbricht.
    »Wir müssen nach Hause, aber noch nicht gleich«, sagt siezu Fride. »Wir haben noch Zeit, um Vogel zu begleiten und nach Spielsachen zu suchen.«
    Vogel lächelt.
    »Gibt es noch mehr, was ihr gerne haben oder machen wollt?«, fragt er.
    »Was sollte das sein?«
    »Alles möglich. Wollt ihr Kleider? Hier gibt es Tausende von Kleidern. Oder Auto fahren? Ich lasse sie runterrollen, wenn sie irgendwo am Hang stehen.«
    »Das geht?«, sagt Nanna.
    »Ja, natürlich. Hier bestimmen wir. Und wenn etwas kaputtgeht, dann macht es nichts.«
    »Ich will auf den Rummel«, sagt Fride.
    »Dann machen wir das.«
    »Und baden?«, fährt Fride fort.
    »Ja, ich kenne einen schönen Platz, mit Rutsche. Wir werden so viel Spaß haben. Aber jetzt essen wir«, sagt Vogel und geht ins Haus.
    Er fängt an, den Tisch zu decken.
    »Haben wir auch bestimmt genug Zeit, um ein Paar Spielsachen zu holen?«, fragt Fride und schaut Nanna an.
    »Ja. Ganz bestimmt. Wir brauchen ja auch noch ein Geschenk für Papa. Wir fahren nach Hause, wenn wir in den Geschäften waren.«
    »Und was ist mit Vogel? Was soll er denn machen?«, flüstert Fride.
    »Vielleicht kann er uns begleiten. Ich weiß es nicht.«
    Vogel läuft zwischen Küchenecke und Tisch hin und her. Er singt und summt seltsame Lieder, die Nanna und Fride noch nie gehört haben.
    »Das heutige Fest ist bereitet, meine Freundinnen«, ruft Vogel.
    Nanna und Fride gehen in die Holzhütte und bleiben mit offenen Mündern stehen, als sie den gedeckten Tisch sehen. Limonadendosen, Spaghetti, Nüsse und Suppe. Schokolade und Kartoffelbrei. Süßigkeiten in unterschiedlichen Farben und große und kleine Lutscher. Kompott und viele Schachteln mit Keksen und Crackern.
    Nanna und Fride setzen sich an den Tisch und fangen an zu essen. Sie essen alles durcheinander, Süßigkeiten, Spaghetti und Gebäck.
    »Ich habe noch nie so viel Essen auf einmal gesehen«, sagt Fride.
    »Hattet ihr in eurem Versteck nicht so viele Vorräte?«, fragt Vogel und beißt in eine große Schokoladentafel.
    »Nein. Doch. Wir hatten genug zu essen, aber es war ein bisschen eintönig. Immer dasselbe«, sagt Nanna.
    »Am Ende mussten wir ganz viel Leberpastete essen und die Cracker waren matschig. Eigentlich war fast kein Essen mehr übrig«, sagt Fride.
    »Und nur unser Vater hatte den Schlüssel zum Vorratslager. Wir durften da nicht rein«, sagt Nanna.
    »Hat er alles alleine bestimmt?«, fragt Vogel.
    »Ja. Natürlich«, sagt Nanna.
    Vogel schüttelt den Kopf.
    »Das hätte ich mir nicht gefallen lassen. Niemand darf über mich bestimmen.«
    »Wie viel Essen gibt es denn noch in der Stadt?«, fragt Nanna.
    »Jede Menge«, sagt Vogel. »Ich bin immer prima zurechtgekommen.«
    »Denkst du, es könnten auch mehr Menschen von dem leben, was noch da ist?«
    »Oh ja, es ist wirklich sehr viel übrig. In vielen Geschäften«, sagt Vogel.
    Sie essen weiter und öffnen neue Tüten mit Gummibärchen, Erdnüssen, Bonbons und Lakritze. Sie unterhalten sich und Nanna versucht, nicht an Papa zu denken. Für einen kurzen Augenblick stellt sie sich vor, sie würden einfach in der Stadt bleiben und bei Vogel wohnen. Dann verscheucht sie den Gedanken schnell und schämt sich. Sie müssen zurück. Sie müssen einfach. Aber sie bemüht sich, einen fröhlichen Eindruck zu machen. Weil es so gemütlich ist, zusammen zu essen und zu reden.
    »Aber womit habt ihr euch die ganze Zeit beschäftigt? Ich kann mir das einfach nicht vorstellen«, sagt Vogel.
    »Es gibt einen Raum, den wir Periskopraum nennen. Da sind wir meistens«, sagt Fride.
    »Periskopraum?«
    »Ja. Der heißt so, weil in der Decke ein Periskop steckt. Genau wie in einem U-Boot. Damit halten wir

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