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Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition)

Titel: Der Junge, der sich Vogel nannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Henrik Nielsen
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Alles war umsonst. Und jetzt müssen sie zurück. Der Weg nach Hause erscheint ihr so hoffnungslos weit. Und Papa? Was soll aus ihm werden?
    »Wir müssen weitersuchen«, sagt Fride.
    »Hier ist keine Medizin«, sagt Nanna.
    »Es muss aber welche da sein. Papa hat es doch gesagt.«
    »Wir müssen zurück zu ihm«, sagt Nanna, auch wenn ihr schon der Gedanke unerträglich erscheint, aufzubrechen.
    »Ich suche jedenfalls noch ein bisschen weiter«, sagt Fride und geht in den Flur. »Medizin ist oft im Bad.«
    Nanna bleibt sitzen und hört Fride nebenan kramen. Das Klappern von Flaschen, die auf den Boden fallen, Schubladen, die aufgezogen werden. Fride geht in die Küche und sucht auch dort lange, bevor sie ins Schlafzimmer von Mama und Papa geht. Nach einer Weile hört Nanna sie rufen: »Nanna. Ich habe was gefunden. Komm!«
    Nanna rennt ins Schlafzimmer. Fride steht mitten auf dem Bett, Decken und Kissen um sich herum verteilt. Sie starrt auf ein Kissen, das an der Fensterseite liegt.
    »Was ist denn?«
    »Schau mal da. Auf dem Kissen«, sagt Fride und zeigt.
    Auf dem Kissen liegt ein Ring. Nanna geht ans Bett und setzt sich. Er liegt auf Mamas Bettseite. Nanna nimmt ihn und betrachtet ihn. Immer wieder liest sie, was in die Innenseite graviert ist.
    »Was steht da?«, fragt Fride.
    »Das ist Mamas Ring. Da steht Papas Name«, sagt Nanna und fängt an zu weinen.
    »Aber wieso liegt er hier?«
    »Jemand hat ihn hier hingelegt, nachdem Mama …«, sagt sie und dann kann sie nicht mehr.
    Sie schließt die Hand fest um den Ring und legt sich aufs Bett. Auch Fride fängt an zu weinen und so bleiben sie liegen, ohne etwas zu sagen.
    »Was machen wir jetzt?«, fragt Fride schließlich.
    »Wir müssen nach Hause. Noch bevor es dunkel wird. Ich will weg aus der Stadt, so schnell wie möglich«, sagt Nanna und steht auf.
    Fride bleibt liegen und starrt an die Decke.
    »Ich wünschte, wir könnten noch ein bisschen hierbleiben«, sagt sie vorsichtig.
    »Möchtest du wirklich noch bleiben? Aber wir müssen doch nach Hause zu Papa.«
    »Ja, aber ich will so gerne wissen, wie es ist, in unserer Wohnung zu wohnen. Können wir nicht eine Nacht hier schlafen?«
    »Ich weiß nicht. Es wäre besser, wenn wir die Stadt verlassen hätten, bevor es dunkel wird.«
    »Nur heute Nacht und dann fahren wir morgen ganz früh. Bitte!«
    Nanna hört, dass Fride es wirklich will. Und vielleicht wäre es schön, eine Nacht hier zu sein? Sie beide. Eine Nacht in Geborgenheit, bevor sie zum Haus zurückkehren und zu dem, was sie dort erwartet.
    »Wir bleiben«, sagt Nanna.
    »Oh, danke!«, sagt Fride. »Kann ich die Spielsachen ausprobieren?«, sagt sie und springt vom Bett.
    »Ja. Aber erst brauchen wir etwas zu essen. Ich habe Hunger.«
    »Ich auch«, sagt Fride.
    Nanna holt die Vorräte aus dem Rucksack. Sie setzen sich in die Küche und essen. Draußen gießt es in Strömen und die Stadt versinkt im Grau. Als es dunkel wird, zieht Nanna in derganzen Wohnung die Vorhänge zu, damit sie im Schein der Kerzen weiterspielen können, ohne dass jemand sie sieht. Erst spät in der Nacht gehen sie im Kinderzimmer ins Bett. Nanna zieht den Vorhang ein kleines Stück zurück und öffnet das Fenster. Regen prasselt auf die Pflastersteine. In Nannas Bett ist gerade genug Platz für sie beide.
    »Findest du es gemütlich hier?«, fragt Nanna.
    »Ja. Sehr.«
    Sie unterhalten sich noch ein bisschen, dann schläft Fride ein. Nanna liegt wach und denkt an Vogel. Daran, dass er irgendwo da draußen in der Stadt ist und dass er so lange ganz allein hier gelebt hat. Sie beobachtet die Regentropfen an der Fensterscheibe, als sie plötzlich anfangen zu glitzern. Da war ein Licht. Nanna steht auf. Ein Lichtkegel streift über die Zimmerdecke. Erschrocken weckt sie Fride.
    »Was ist los?«, fragt Fride.
    »Draußen ist jemand und leuchtet in unser Zimmer.«
    Nanna schleicht sich zum Fenster und schaut auf die Straße. Der Lichtstrahl einer Taschenlampe flackert durch den Kindergarten.
    »Die Schatten«, flüstert Nanna.
    »Was machen sie?«, fragt Fride und richtet sich im Bett auf.
    »Sie sind im Kindergarten.«
    »Dann wissen sie, dass wir da waren.«
    »Ja.«
    Der Lichtstrahl flackert weiter herum, zwischendurch streift er die umliegenden Häuser.
    »Kommen sie näher?«
    »Nein«, sagt Nanna.
    Das Licht bewegt sich die Straße hinunter. Weg von der Wohnung.
    »Sie ziehen sich zurück. Ich glaube nicht, dass sie wissen, wo wir sind.«
    Dann ist das Licht weg und

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