Der junge Häuptling
herunter, so sehr fürchtete sie sich vor allem, was ihr bevorstehen mochte.
Durch die Stille der einsamen Prärie krachte ein Schuß, der hinter dem Wagen abgegeben war. Das rechte vordere Maultier stürzte, verwickelte sich in den Riemen und streckte sich. Es war tot. Das dahinter laufende Maultier geriet über dem unerwarteten Hindernis in Verwirrung, stolperte und verhedderte sich ebenfalls. Der Wagen kam in Gefahr umzukippen. Cate war aufgefahren. Sie griff nach der Plane, um sich zu halten, und horchte mit aller Anstrengung. Hoffnung erregte sie. Wer hatte geschossen? War Leutnant Roach zurückgekehrt? Oder kam vielleicht ein Späher der Kolonne, der dem Gemetzel in der Nacht entgangen war? Das Mädchen hoffte, daß der Indianer auf den Wagen verzichten und sofort die Flucht ergreifen würde. Sein Reitpferd hatte er ja zur Hand.
Der Dakota handelte jedoch anders, als Cate gewünscht und sich vorgestellt hatte. Er sprang vom Wagen ab und zu dem gestürzten Maultier hin. Durch Wagen und Tiere blieb er noch gegen den unbekannten Gegner gedeckt. Der Falbe entschwand um die nächste Talbiegung und brachte sich auf diese Weise selbst in Sicherheit. Cate rief gellend um Hilfe. Der Dakota hinderte sie nicht daran. Weitere Schüsse fielen. Sie pfiffen an dem Wagen vorbei; einer streifte ein Maultier an der Hinterhand. Der Dakota hatte in Gedankenschnelle das vordere Maultierpaar von dem Gespann abgetrennt und die Zügel der beiden anderen Tiere behelfsmäßig verknüpft. Das Gespann war auf diese Weise wieder fahrfertig. Der Indianer sprang auf den Kutschsitz herauf und trieb die beiden Maultiere zum Galopp. Auf dem Kutschbock neben Cate war der Dakota im Augenblick vollständig sicher, da die Verfolger nicht in den Wagen hineinschossen, aus dem sie die Hilferufe des Mädchens gehört haben mußten.
Die Angreifenden änderten aber jetzt ihre Taktik. Selbst mit ihren ungeübten Ohren, mitten in ihrer Verwirrung und Angst, vernahm das Mädchen, das der eine der verfolgenden Reiter hinter dem Gefährt herkam. Seine Schüsse krachten. Bald rechts, bald links streiften die Geschosse die Plane.
Unterdessen kam der zweite Reiter, gedeckt von dem nördlichen Höhenrücken, dem Gefährt im Galopp rasch näher.
Der Dakota drückte Cate die Zügel in die Hand. »Weiterfahren!« befahl er ihr; er sprach englisch. Das Mädchen gehorchte. Der überlegene Wille, die überlegene Körperkraft und die überlegenen Waffen ließen den Gedanken an einen Widerstand nicht mehr in ihr aufkommen. Aber sie hielt die Zügel mit steifen Händen und trieb die Tiere nicht an. Der Dakota glitt mit der Büchse in der Hand in den Wagen hinein. Er gab einen Schuß ab. Cate sah es nicht, aber sie hörte den Knall des Abschusses dicht hinter sich und schreckte zusammen.
Das Galoppgeräusch hinter dem Wagen verstummte. Der Dakota kam wieder nach vorn, setzte sich aber nicht auf die Kutschbank, sondern kauerte sich dahinter. Er nahm die Zügel wieder selbst in die Hand. Die Maultiere spürten das augenblicklich und begannen von neuem zu galoppieren. Der zweite Verfolger, der gedeckt von den nördlichen Bodenwellen auf annähernd gleiche Höhe wie das Fahrzeug gekommen war, begann Wagen und Maultiere wieder zu beschießen. Er schoß ohne Rücksicht. Auch an Cate pfiff eine Kugel dicht vorbei.
Beide Maultiere vor dem Wagen stürzten. Das eine war sofort tot, Bessie lebte, versuchte wieder aufzukommen und verwirrte Zügel und Geschirr dadurch noch mehr. Das Gefährt war auf die gestürzten Tiere aufgelaufen, wankte, blieb aber dann doch, schief stehend, auf den Rädern. Cate empfand eine nicht mehr von klaren Gedanken kontrollierte Angst, daß der Dakota sie aus Rache auf der Stelle töten würde. Doch er handelte so, als ob das Mädchen gar nicht da sei. Er forderte seinen Gegner mit einem schrillen Schrei heraus und sprang über den Kutschbock aus dem Wagen zwischen das tote und das lebende Maultier. Sofort zielte der auf dem Hügelkamm versteckte Schütze auf den Dakota; zwei Schüsse krachten.
Cate hörte das Klatschen der Einschüsse. Der Indianer sank zwischen den Maultieren zu Boden. Mit erschlaffenden Gliedern lag er zwischen den gestürzten Tieren, von Blut bespritzt; Cate wußte nicht, ob von seinem eigenen oder von dem des gefallenen Maultieres. An der Talbiegung erschien der entlaufene Falbe. Der schrille Schrei seines Herrn schien ihn gerufen zu haben. Das Tier hatte die Ohren gespitzt.
Vom Höhenrücken her klangen Flüche. Da es beim
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