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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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benutzt haben, nämlich die Steine. Auf alle Fälle legte er endlich Kapitän Crail nahe, er solle dem Weib den Schädel einschlagen lassen, aber der Kapitän wies die Zumutung mit ungewöhnlicher Heftigkeit zurück. Und schließlich errang Jessie den Sieg. Geld wurde zusammengebracht, eine Unterredung fand statt, während der mein stolzer Gentleman sich küssen und unter Tränen umarmen lassen mußte, und man richtete der Frau eine eigene Kneipe ein, irgendwo an der Küste am Ufer des Solway, ich weiß nicht genau wo, die von äußerst übelbeleumdeten Personen besucht wurde. Das ist alles, was ich darüber erfuhr.
    Aber ich greife der Entwicklung vor. Als Jessie ihm eine Zeitlang nachgestellt hatte, kam der Junker eines Tages zu mir ins Verwalterzimmer und sagte höflicher als sonst: »Mackellar, es treibt sich hier ein verdammtes Frauenzimmer herum. Ich selbst kann in der Sache nichts unternehmen, und deshalb komme ich zu Ihnen. Seien Sie doch so gut und bemühen Sie sich in dieser Angelegenheit, die Leute müssen strengen Befehl erhalten, mir die Hexe vom Leibe zu halten.«
    »Mein Herr«, sagte ich und zitterte etwas, »waschen Sie Ihre schmutzige Wäsche bitte selbst!«
    Er antwortete kein Wort und verließ das Zimmer.
    Bald erschien Mr. Henry. »Was ist denn das?« rief er aus. »Es scheint immer noch nicht genug zu sein, und Sie müssen meine Schlechtigkeit noch übertrumpfen. Scheinbar haben Sie Mr. Bally beleidigt!«
    »Mit Ihrer gütigen Erlaubnis darf ich sagen, Mr. Henry«, antwortete ich, »daß er mich beleidigt hat, und zwar meines Erachtens gröblich. Aber ich habe Ihre Lage nicht bedacht, als ich redete, und wenn Sie anders entscheiden, nachdem Sie alles gehört haben, mein hochverehrter Herr, so brauchen Sie nur ein Wort zu sagen. Ihnen würde ich unter allen Umständen gehorchen, auch wenn ich eine Sünde begehen müßte, Gott verzeih mir!«
    Und dann erzählte ich ihm, was sich zugetragen hatte.
    Mr. Henry lächelte in sich hinein, ein grimmigeres Lächeln, als ich je an ihm wahrnahm.
    »Das haben Sie vorzüglich gemacht«, sagte er, »er soll seine Jessie Broun bis zur Neige genießen.«
    Dann sah er den Junker draußen, öffnete das Fenster, rief ihn bei dem Namen Mr. Bally und bat ihn, auf ein Wort heraufzukommen.
    »James«, sagte er, als unser Feind hereingekommen und die Tür hinter sich geschlossen hatte, wobei er mich mit einem Lächeln ansah, als ob er glaubte, ich würde jetzt vor ihm gedemütigt, »du hast dich über Mr. Mackellar beschwert, und ich habe die Angelegenheit untersucht. Ich brauche dir nicht zu sagen, daß ich sein Wort immer dem deinen vorziehen werde, denn wir sind hier allein, und ich will ebenso frei sprechen, wie du es sonst zu tun pflegst. Mr. Mackellar ist ein Ehrenmann, den ich hochschätze, und du mußt bemüht sein, solange du unter diesem Dach lebst, in Zukunft keine Reibereien mit jemand zu verursachen, den ich mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen werde. Was den Botendienst anbelangt, den du ihm auftrugst,so mußt du hinfort die Folgen deiner eigenen Grausamkeit selbst auf dich nehmen, keiner meiner Angestellten soll in irgendeiner Weise bemüht werden in dieser Angelegenheit.«
    »Die Angestellten meines Vaters, denke ich!« warf der Junker ein.
    »Geh zu ihm mit deinem Anliegen«, antwortete Mr. Henry.
    Der Junker wurde sehr bleich. Er wies mit seinem Finger auf mich und sagte: »Ich verlange, daß dieser Mann entlassen wird!«
    »Das wird nicht geschehen«, sagte Mr. Henry.
    »Du wirst mir das teuer bezahlen«, antwortete der Junker.
    »Ich habe bereits so viel bezahlt für einen verruchten Bruder«, sagte Mr. Henry, »daß ich selbst die Furcht nicht mehr kenne. Es gibt keine Stelle an mir, die du noch treffen könntest.«
    »Ich werde dir das beweisen«, antwortete der Junker und zog sich langsam zurück.
    »Was wird er jetzt unternehmen, Mr. Mackellar?« rief Mr. Henry aus.
    »Lassen Sie mich fortgehen«, sagte ich, »mein verehrter Gönner, lassen Sie mich fortgehen, ich bin nur die Ursache neuer Leiden.«
    »Wollen Sie mich ganz allein lassen?« fragte er.
    Wir sollten nicht lange im ungewissen bleiben über die Natur des neuen Angriffs. Bis zu dieser Stunde hatte der Junker ein durchaus geheimnisvolles Spielgetrieben, soweit Mrs. Henry in Betracht kam. Er hatte sorgfältig vermieden, mit ihr allein zu sein, was ich damals für eine Anwandlung von Anstand hielt, aber jetzt glaube ich, daß es eine höchst listige Verschlagenheit war.

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