Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
einem Zeichen der Verachtung ab.
    Ich war noch nicht drei Schritte gegangen, als die Stimme des Hindus mich zurückrief. »Der Sahib wäre froh zu wissen, ob Sie sein ein verfluchter gemeiner Irländer«, sagte er, und bei diesen Worten lächelte Ballantrae und verbeugte sich sehr tief.
    »Was soll das heißen?« fragte ich.
    »Der Sahib sagt, Sie sollen fragen Ihren Freund Mackellar«, erwiderte der Hindu, »der Sahib sagt, Sie sein quitt.«
    »Sagt dem Sahib, ich werde ihm auf der schottischen Geige aufspielen, wenn wir uns das nächste Mal begegnen!« schrie ich.
    Die beiden lächelten immer noch, als ich sie verließ.
    An meinem eigenen Benehmen kann man sicher auch herumnörgeln, denn wenn ein Mensch, sei er noch sotapfer, der Nachwelt einen Bericht über seine Taten gibt, muß er fast immer darauf gefaßt sein, das Schicksal Cäsars und Alexanders zu teilen und einige Verleumdungen mit in den Kauf zu nehmen. Aber das kann man Francis Burke nicht vorwerfen: er hat niemals einen Freund im Stich gelassen ...
    (Hier folgt ein Abschnitt, den der Chevalier Burke sorgfältig unleserlich gemacht hat, bevor er mir das Manuskript sandte. Ohne Zweifel handelt es sich um eine sehr verständliche Beschwerde über eine Indiskretion, die ich nach seiner Ansicht begangen haben soll, obgleich ich mich nicht daran erinnere. Vielleicht war Mr. Henry weniger vorsichtig, oder es wäre auch möglich, daß der Junker Gelegenheit fand, meine Korrespondenz zu durchblättern, wobei er den Brief von Troyes gelesen haben mag. Aus Rache nahm er dann die grausame Verspottung Mr. Burkes in seiner äußersten Not vor. Der Junker war trotz seiner Verderbtheit nicht ohne natürliche Gefühle der Zuneigung. Ich glaube, er war Mr. Burke anfangs aufrichtig verbunden, aber der Gedanke an Verrat trocknete rasch die Quellen seiner an sich schon geringfügigen Freundschaft aus, und seine verabscheuungswürdige Natur kam nackt zum Durchbruch. E. Mck.)

Achtes Kapitel: Der Feind im Hause
    Es ist eine sonderbare Sache, daß ich in Verlegenheit bin wegen eines Datums – das Datum eines Ereignisses sogar, durch das meine ganze Lebensweise umgestoßen wurde, und das uns alle in ferne Länder sandte. Aber es ist eine Tatsache, daß ich aus allen meinen Gewohnheiten herausgerissen wurde, meine Tagebücher schlecht geordnet vorfinde und ein oder zwei Wochen lang die Tage nicht eingetragen sehe, wodurch alles den Anschein gewinnt, als ob der Schreiber nahezu in Verzweiflung war. Es war jedenfalls Ende März oder Anfang April 1764. Ich hatte fest geschlafen und wachte auf mit einem Vorgefühl kommenden Unglücks. Es war so stark, daß ich in Hemd und Hosen die Treppen hinuntereilte, und meine Hand – ich entsinne mich dessen – zitterte auf dem Geländer. Es war ein kalter, sonniger Morgen mit starkem, weißem Frost. Die Drosseln sangen außergewöhnlich süß und laut rings um das Haus von Durrisdeer, und in allen Räumen war das Geräusch des Meeres. Als ich zur Tür der Halle kam, machte mich ein anderer Laut stillstehen – es warenmenschliche Stimmen. Ich trat näher und stand da wie ein Mensch, der traumbefangen ist. Hier war ohne Zweifel eine menschliche Stimme in meines eigenen Herrn Hause, und ich kannte sie nicht. Ohne Zweifel eine menschliche Stimme, und zwar in meiner Heimat, und doch verstand ich, so sehr ich lauschte, nicht eine Silbe. Eine alte Sage von einer Fee oder vielleicht nur einer umherstreifenden Fremden kam mir ins Gedächtnis, die vor einigen Generationen in das Dorf meiner Väter kam und ungefähr eine Woche dort blieb. Ihre Sprache war für die Zuhörer völlig unverständlich, und sie ging wieder fort, wie sie gekommen war, im Schatten der Nacht, ohne auch nur ihren Namen zurückzulassen. Ich spürte einige Furcht, aber noch mehr Neugier, öffnete die Hallentür und trat ein.
    Die Reste des Abendessens standen auf dem Tisch, die Läden waren noch geschlossen, obgleich der Tag durch die Spalten schaute, und der große Raum war nur durch eine einzige Kerze und einige kleine Flammen des Kamins erhellt. Dicht am Feuer saßen zwei Männer. Den einen, der in einen Mantel gehüllt war und Stiefel trug, erkannte ich sofort: es war der Vogel des Unheils, der zurückgekehrt war. Von dem anderen, der dicht bei der glühenden Asche saß und sich wie eine Mumie zu einem Bündel zusammengewickelt hatte, konnte ich nur feststellen, daß er ein Fremdling war, mit einer dunkleren Haut als der irgendeines Europäers, sehr zart gebaut, mit besonders

Weitere Kostenlose Bücher