Der Kaffeehaendler - Roman
Ihrer Gottlosigkeit.« Damit drängte sie sich an Daniel vorbei aus dem Zimmer.
Daniel starrte seine Frau mit leicht schief gelegtem Kopf an. Dann schaute er Miguel an, der seinen Blick nicht erwiderte. Er nahm seinen Hut ab und kratzte sich nachdenklich den Kopf. »Versteht irgendjemand ein Wort von dem, was die Schlampe sagt?«, fragte er und setzte den Hut bedächtig wieder auf. »Ihr Holländisch ist das schlimmste Kauderwelsch, das ich je gehört habe, und das ist nur gut für sie, denn ihre Miene war so unverschämt, dass ich sie wahrscheinlich geschlagen hätte, wenn ich ihre Grobheiten verstanden hätte.«
Miguel warf Hannah einen Blick zu, die zu Boden schaute und versuchte, so nahm er an, ihre Tränen der Erleichterung zu unterdrücken. »Sie sagte, sie wolle nicht mehr bei dir in Diensten sein«, äußerte er vorsichtig, weil er immer noch nicht genau wusste, ob Hannah ihrem Schicksal entronnen war. »Sie hat es satt, für Juden zu arbeiten; sie zieht eine holländische Herrin vor – eine Witwe.«
»Gut, dass sie fort ist. Ich hoffe«, sagte Daniel zu Hannah, »sie hat dich nicht zu sehr aufgeregt. Es gibt noch andere Mädchen auf der Welt und bessere dazu, möchte ich meinen. Du wirst sie nicht vermissen.«
»Ich werde sie nicht vermissen. Vielleicht«, schlug sie vor,
»lassen Sie mich beim nächsten Mal das Dienstmädchen auswählen.«
Am selben Tag noch erhielt Miguel eine Nachricht von Geertruid, in der sie sich besorgt darüber zeigte, dass sie seit einiger Zeit nicht miteinander gesprochen hatten, und ihn um ein baldiges Treffen bat. Als Vorwand für einen Aufschub schrieb Miguel seiner Partnerin, er könne vor dem Sabbat unmöglich ein Treffen bewerkstelligen. Seine Worte waren so wirr, dass sie kaum einen Sinn ergaben, selbst für ihren Verfasser nicht, und Miguel wollte den Brief schon zerreißen. Dann überlegte er es sich anders, denn er kam zu dem Schluss, dass es für ihn vielleicht vorteilhaft war, wenn er sich unklar ausdrückte. Ohne noch einmal zu lesen, was er geschrieben hatte, schickte er den Brief ab.
Aus
Die auf Tatsachen beruhenden und aufschlussreichen Memoiren des Alonzo Alferonda
Es gibt natürlich Hunderte solcher Wohnhäuser im Jordaan – eilig zusammengeschusterte Dinger mit drei oder vier Stockwerken, engen Räumen, schmalen Fenstern, zu wenig Licht und zu viel Rauch. Dieses hier gehört, wie anscheinend alle, einer verhärmten Witwe, die nichts weiß, sich aber über alles ein Urteil anmaßt. Die verhärmte Besitzerin dieses Hauses hatte seit kurzem ein junges Mädchen einquartiert. Es waren zwei Zimmer – eines mehr, als das Mädchen sich je von sich aus hätte leisten können, aber sie wurde ja jetzt auch besser bezahlt als in der Vergangenheit. Sie hatte neue Kleider und Leckerbissen zu essen – Äpfel und Birnen und getrocknete Datteln.
Gerade hatte sie sich an diesen Delikatessen sowie am Duft ihres Zibetparfüms, an ihren neuen Wäschestücken und Bändern erfreut, als die verhärmte Witwe ihr mitteilte, es sei Besuch da – ein Kaufmann, so schien es. Es gefiel der Witwe nicht, dass das Mädchen bat, sie solle ihn heraufschicken, denn sie war nicht gern eine Frau, die es jungen Frauen erlaubte, Männer in ihren Räumlichkeiten zu empfangen, doch sie konnte es kaum verhindern. Da manche Menschen Christen sind und manche nicht, ließ sich nicht viel daran ändern. Sie schickte den Mann nach oben.
Ein Klopfen an der Tür und das Mädchen öffnete in einem neuen blauen, knapp geschnittenen Gewand. Höchst verlockend,
versichere ich Ihnen, da es ihre Figur voll zur Geltung brachte. Welcher Mann könnte dieser Schönheit in so einem Kleid widerstehen? Sie lächelte ihren Gast an. »Guten Tag, Senhor«, sagte sie. »Haben Sie mich vermisst?«
Ich bezweifle, dass er ihr Lächeln erwiderte, und vermisst hatte er sie bestimmt nicht. »Hast du einen Augenblick Zeit, Annetje?«
Er trat ein und schloss die Tür hinter sich, hielt jedoch Abstand zu ihr. Er war ein Mann, der die Gefahren eines blauen Kleides kannte.
»Was ist?«, fragte sie. »Keinen Kuss für Ihre alte Freundin?«
»Ich muss etwas von dir wissen.«
»Natürlich. Fragen Sie.«
»Ich möchte wissen, ob du, als du bei meinem Bruder angestellt warst, von jemandem dafür bezahlt wurdest, das Tun und Treiben in unserem Haushalt zu beobachten.«
Das Mädchen stieß ein lautes Lachen aus. »Sie wollen wissen, ob ich spioniert habe?«
»Wenn du so willst, ja.«
»Warum sollte ich Ihnen das
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