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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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ein Mann seid, wie es nicht viele gibt.«
    Ich lege keinen Wert darauf, das herauszufinden. Und ich glaube es auch nicht.
    »Wir müssen etwas tun, damit der Graf nicht letzten Endes doch triumphiert. Ich möchte, daß Ihr einen Umweg über Nîmes macht.
     Es soll niemand sonst erfahren, damit man Euch nicht unterwegs eine Falle stellt. Kommt, gehen wir in die Schreibstube, ich
     diktiere Euch einen Brief an meinen Freund. Ich versprach Euch, Ihr sollt ihn schreiben, also sei es.«
    »In die Schreibstube gehen …«, murmelte Germunt bitter.
    Der Bischof bot ihm keine Hilfe an. »Ihr seid auf dem Markt einen Handel eingegangen: Einen Ring gegen Euer Bein. Nun klagt
     nicht. Eure Tat war böse genug.«
    Germunt preßte die Lippen vor Schmerzen aufeinander, während er sich an der Wand hinaufzog. Um nicht zu stöhnen, ächzte er
     eine Frage hinaus: »Wo liegt Nîmes?«
    »Westlich der Alpen.«
    Der Bischof machte die ersten Schritte. Germunt humpelte nach, schleppte mit beiden Händen das zerstörte Bein hinterher.
    »Werden sie nicht versuchen, mich abzufangen, bevor ich den Cenispaß erreicht habe?«
    »Deshalb müßt Ihr heute nacht noch aufbrechen. Ich werde den Torwachen Bescheid geben, daß sie Euch passieren lassen sollen.«
     Der Bischof spitzte nachdenklich die Lippen. »Ganz sicher lauern einige Meuchler des Grafen beim Kloster des Heiligen Petrus
     in Novalesa. Kehrt besser |145| dort nicht ein, sondern übernachtet die ersten Tage im Freien. Proviant könnt Ihr von hier mitnehmen.«
    Vor der weißen Stute blieb Claudius kurz stehen und streichelte ihr über den Kopf. Kaum waren sie auf den Hof getreten, sah
     sich der Bischof nach einem der Knechte um: »Gebt der Weißen frischen Hafer! Soll sie den anderen Pferden beim Fressen zusehen?
     Ihr meint, daß sie schmal ist und wenig Futter braucht, aber da täuscht Ihr Euch. Sie verzehrt so viel wie zwei von Euren
     breitschultrigen Pferden.«
    »Ja, Herr«, stammelte der Angesprochene und eilte davon.
    Es war eine merkwürdige Situation, als die beiden in der Schreibstube vor Biterolfs Pult standen. Der Notar rückte Tintenfaß
     und Federkiel zurecht, bemüht, dem Bischof ein ordentliches Bild zu bieten. Germunt wußte nicht, wohin er blicken sollte.
    »Habt Ihr das Empfehlungsschreiben abgeschlossen, das ich Euch bat anzufertigen?«
    Biterolf nahm einen kleingefalteten Brief vom Pult. »In Eile, wie gewünscht. Ihr müßt es nur noch siegeln.«
    »Gut. Würdet Ihr uns bitte allein lassen?« Der Bischof sprach die Frage wie eine Feststellung aus.
    »Hier?«
    »Ja, hier.«
    Germunt konnte sich das verwirrte Gesicht Biterolfs vorstellen. Er hob die Augen nicht vom Boden, um zu vermeiden, daß er
     dem Blick des Notars begegnete. »Komm, Farro, wir gehen ein bißchen raus«, sagte Biterolf halblaut. Endlich klappte die Tür,
     und sie waren allein.
    »Zeigt das Schreiben nur vor, wenn es nötig ist. Ansonsten gebt Auskunft, daß Ihr Euch mit einem Brief von Claudius, dem Bischof
     von Turin und Freund des Kaisers, ausweisen könnt. Das sollte die meisten Türen öffnen, vor allem die Klosterpforten. Ich
     siegle das Empfehlungsschreiben, wenn wir den Brief an meinen Freund fertiggestellt haben.«
    |146| Es kratzte in Germunts Hals. »Warum tut Ihr all das?«
    »Ich weiß es nicht. Irgend etwas läßt mich glauben, daß ich Euch nicht aufgeben sollte. Tut auch Ihr es nicht.« Der Bischof
     nahm ein Pergament aus dem Schrank. »Hier, das müßte groß genug sein. Der Brief geht an Theodemir, Abt von Psalmody.« Nach
     einem Moment sagte Claudius leise: »Ich möchte einfach meinem Gegner die Stirn bieten.« Germunt spürte, daß er log.
    Der Bischof hatte das Pergament auf Biterolfs Pult abgelegt, und Germunt wagte es nicht, es von dort aufzuheben und zu seinem
     Pult hinüberzutragen. Also stemmte er sich an den Platz seines Lehrers, ergriff die Feder, die noch von Biterolfs Fingern
     gewärmt war, und schrieb. Schon nach wenigen Worten stach es im gesunden Bein, auf dem das sämtliche Gewicht ruhte. Der ganze
     Tag kam ihm wie ein Traum vor. Hier schrieb die Hand, die vorhin noch auf dem Holzklotz gelegen hatte. Und dort hing dumpf
     das Bein, mit dem er sein ganzes Leben lang gelaufen und gesprungen war. Es mußte ein böser Traum sein.
    Claudius diktierte flüssig, ohne daß er sich verbessern mußte. Während Germunt die Worte auf die Tierhaut malte, ging der
     Bischof in der Schreibstube auf und ab, nahm Schrifststücke aus den Regalen und legte sie wieder

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