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Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Rebus zweifelte nicht daran, dass die Grieves dem Rummel gewachsen waren.
    Linford drückte auf die Klingel. »Hübsch hier, was?«, sagte er.
    »Erinnert mich an meine Kindheit«, sagte Rebus und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Wir haben nämlich in einer Sackgasse gewohnt.«
    »Jedenfalls eins, was Sie mit den Grieves gemeinsam haben«, sagte Linford.
    Ein Mann in einem Kamelhaarmantel mit dunkelbraunem Kragen öffnete ihnen die Tür. Der Mantel stand offen. Darunter waren ein eleganter Nadelstreifenanzug und ein weißes Hemd zu erkennen. Das Hemd war am Hals aufgeknöpft. In der linken Hand hielt der Mann eine schwarze Krawatte.
    »Mr Grieve?«, sagte Rebus. Er hatte Cammo Grieve schon öfter im Fernsehen gesehen. Persönlich wirkte der Mann sogar noch größer und distinguierter als auf der Mattscheibe, selbst in seinem derzeitigen verwirrten Zustand. Seine Wangen waren leicht gerötet. Entweder lag das an der Kälte, oder aber er hatte im Flugzeug zu viel Whisky getrunken. Ein paar silberschwarze Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht.
    »Ich nehme an, Sie sind von der Polizei? Bitte kommen Sie herein.«
    Linford ließ Rebus zuerst in die holzvertäfelte Halle eintreten. Die Wände waren mit Gemälden und Zeichnungen vollgehängt. Auf der untersten Stufe der Steintreppe lag ein Bücherstapel. Am Fuß eines überladenen Garderobenständers standen mehrere Paare schwarze verstaubte Gummistiefel. Aus einem Schirmständer ragten diverse Spazierstöcke hervor, und am Treppengeländer hingen ein paar Schirme. Auf dem Telefontischchen stand neben dem Anrufbeantworter, dessen Stecker herausgezogen war, ein offenes Glas Honig. Ein Telefon war allerdings weit und breit nicht zu entdecken. Cammo Grieve schien das Durcheinander ebenfalls zu bemerken.
    »Tut mir Leid«, sagte er. »Alles ein bisschen…, na ja, Sie verstehen schon.« Er strich seine Haare zurück.
    »Natürlich, Sir«, sagte Linford devot.
    »Nur einen Rat«, sagte Rebus und wartete, bis der Abgeordnete ihn ansah. »Als Polizist kann sich jeder ausgeben. Am besten, Sie lassen sich zuerst die Dienstmarke zeigen, bevor Sie jemanden hereinlassen.«
    Cammo Grieve nickte. »Ach so, Sie meinen die vierte Gewalt. Mieses Pack, jedenfalls die meisten von denen.« Er sah Rebus an. »Das bleibt natürlich unter uns.«
    Rebus nickte. Linford konnte sich ein ebenso verständnisvolles wie verschwörerisches Lächeln nicht verkneifen.
    »Ich kann es immer noch nicht…« Grieves Gesicht war plötzlich wie versteinert. »Ich vertraue darauf, dass die Polizei alles Notwendige unternimmt. Sollte mir zu Ohren kommen, dass irgendwo geschlampt wird… Natürlich weiß ich, wie das heute ist
    – immer neue Budgetkürzungen und Behinderungen. Na ja, was
    soll man von einer Labour-Regierung auch anderes erwarten.«
    Bevor er sich in Rage reden konnte, unterbrach ihn Rebus.
    »Es beschleunigt die Ermittlungen nicht gerade, Sir, wenn wir hier herumstehen«, sagte er.
    »Ich weiß nicht recht, ob ich Sie mag«, sagte Grieve und kniff die Augen zusammen. »Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Das ist der Affen-Mann«, sagte eine Stimme im Hintergrund. Lorna Grieve trat mit zwei Gläsern Whisky aus einer Tür in die Halle. Sie reichte eines davon ihrem Bruder und stieß kurz mit ihm an, bevor sie einen Schluck nahm. »Und der andere Herr«, sagte sie und wies mit dem Kopf auf Linford, »das ist natürlich der Leierkastenmann.«
    »Ich bin Inspektor Rebus«, stellte sich Rebus dem Abgeordneten vor. »Und das ist Inspektor Linford.«
    Linford inspizierte gerade einen der gerahmten Drucke und drehte sich jetzt wieder um. Auf dem Blatt standen ein paar handgeschriebene Verse.
    »Ein Gedicht an unsere Mutter«, erklärte Lorna Grieve, »Von Christopher Murray Grieve. Ist übrigens nicht mit uns verwandt, falls Sie das interessiert.«
    »Hugh MacDiarmid«, sagte Rebus, und Linford sah ihn verständnislos an.
    »Gar nicht so dumm, der Affen-Mann«, gurrte Lorna. Dann sah sie das Honigglas. »Oh, da ist es ja. Mutter wusste nicht mehr, wo sie es hingestellt hat.« Sie sah wieder Rebus an. »Ich verrate Ihnen jetzt mal ein Geheimnis, Affen-Mann.« Sie stand direkt vor ihm. Wieder sah er die Lippen vor sich, die er als junger Mann geküsst hatte, wieder schmeckte er die Druckerfarbe und das billige Papier in seinem Mund. Sie roch nach gutem Whisky, ein Duft, den er zu schätzen wusste. Ihre Stimme klang schroff, doch ihr Blick blieb völlig teilnahmslos. »Niemand weiß etwas von dem Gedicht.

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