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Der kalte Himmel - Roman

Der kalte Himmel - Roman

Titel: Der kalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schaute ihn nachdenklich an. Seine Krawatte saß schief, aber diesmal griff sie nicht ein. Marie wusste genau, wohin Paul an diesem Morgen wollte. Wenn ein Hopfenbauer unter der Woche einen Anzug trug, ging er entweder zu einer Beerdigung oder zu einer Bank.
    Xaver schichtete draußen neues Brennholz an die Hauswand, als sein Sohn nur wenige Meter von ihm entfernt im dunklen Anzug grußlos in den Ford stieg. Paul vermied es, zu seinem Vater hinüberzusehen. Mit zusammengebissenen Lippen trat er auf das Gaspedal und fuhr mit quietschenden Reifen vom Hof.
    Als Paul vor der dörflichen Zweigstelle der Bank einparkte, die von seinem alten Schulfreund Otto geleitet wurde, blieb er noch einen Moment im warmen Wagen sitzen. Nachdenklich zog er an seiner Zigarette, dann erst drückte er sie entschlossen aus und öffnete die Tür.
    Die Kassiererin, die gerade noch einen Kunden bediente, gab Paul mit der Hand ein Zeichen, dass ihn Otto bereits in seinem Büro erwartete. Paul lief an der Kasse vorbei und betrat den Raum, von dem Otto aus die hiesigen Bankgeschäfte führte.
    » Grüß dich, Otto. «
    Auch Otto trug einen Anzug und sog gierig an seiner ersten Morgenzigarette. Seine Augen lagen hinter einer dicken Hornbrille verborgen. Er blinzelte freundlich.
    » Setz dich doch, Paul. «
    Der ließ sich das nicht zweimal sagen. Angespannt legte er sofort los: » Mensch Otto, der Sepp bringt mir eine Rechnung, auf der kostet die Maschine eintausendfünfhundert Mark mehr, bloß weil ich nicht gleich in bar bezahlt habe. Und der Schenkhofer, statt wie er es mir in die Hand versprochen hat, kommt mit einem viel niedrigeren Hopfenpreis daher. Aber ehrlich, Otto, auf so was lass ich mich nicht ein. Kommt gar nicht in Frage. «
    Otto maß seinen alten Freund mit einem prüfenden Blick. Das waren ja schöne Neuigkeiten. Da steckte der Paul aber ziemlich in der Klemme. Er blies den Rauch seiner Zigarette in den Raum.
    » Überleg dir gut, was du machst, Paul. Als Hopfenbauer brauchst du stabile Abnehmer. Da kannst du dich nicht mit der größten Brauerei anlegen. «
    Pauls Mundwinkel zuckten. Das war klar gewesen, dass Otto ihm so kommen würde. Aber davon ließ er sich nicht umstimmen. Seine Entscheidung stand fest.
    » Trotzdem, Otto. Ich lass mich nicht erpressen. « Paul beugte sich vor. Mit gedämpfter Stimme sagte er: » Ich bräuchte einen Kredit. «
    Otto drückte seine Zigarette sehr sorgfältig aus, um Zeit zu gewinnen. » Einen Kredit auf die Hopfenmaschine, nachträglich? « , fragte er. » Wie stellst dir das vor? «
    » Bloß als Überbrückung. «
    » Hm « , war alles, was Otto als Antwort herausbekam.
    » Ich brauche ein bisschen Geld, damit ich dem Schenkhofer die Stirn bieten kann. «
    Beide Männer sahen sich an. Otto wand sich in seinem Stuhl. Die Situation behagte ihm nicht. » Wenn du kreditwürdig bleiben willst, darfst du das Spiel mit dem Schenkhofer nicht überreizen. «
    Paul schwieg. Natürlich hatte Otto recht. Aber er würde nicht nachgeben. Er durfte nicht.
    Otto sah, wie ernst es seinem Freund war. » Ich rede mit der Zentrale « , versprach er.
    *

An diesem Nachmittag fuhr Paul noch einmal mit seinem Vater aufs Feld hinaus. Für die kommenden Tage hatte der Wetterdienst neue Schneefälle angekündigt, wenn sie den Aufleitdraht am Weiherner Acker noch reparieren wollten, mussten sie sich beeilen. Dank einer kleinen Hebebühne, die von Franz, einem Hilfsarbeiter, der den Bauern hier gelegentlich aushalf, gesteuert wurde, konnten sie in drei Meter Höhe arbeiten. Schweigsam standen sie so beisammen, bis aus den ersten zarten Schneeflocken ein heftiger Schneefall geworden war.
    » Das bringt nichts « , meinte Paul. » Wir hören auf. «
    Als beide von ihrem Gestänge heruntergeklettert waren, blieb Xaver auf einmal stehen und sah seinen Sohn an.
    » Willst du den Hopfen jetzt auf dem Dachboden der Scheune vermodern lassen? « , brummte er. » Ich denke, du hast einen Spitzenpreis erzielt? «
    Paul biss die Lippen aufeinander. Er schwieg für einen Moment. » Wir haben uns nicht geeinigt « , presste er dann heraus.
    Xaver wiegte seinen Kopf hin und her. » Ich sag es dir ein letztes Mal, auch wenn es dir nicht passt: Wir Bauern haben immer am kürzeren Hebel gesessen. Da wird auch dein Fortschritt nichts dran ändern können. «
    Als der Traktor zurück auf den Hof einbog, konnte man die Hand vor den Augen nicht mehr sehen.
    » Also, den Stammtisch, den spar ich mir bei dem Wetter « , meinte Xaver, als er

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