Der Kalte Kuss Des Todes
Mist gewachsen war.
Ich warf dem schönen Vampir einen bösen Blick zu. Zweifellos würden die beiden weiter gehen, als ich es mir vorstellen konnte.
Verdammt, diese Fluch-Kacke wuchs mir allmählich über den Kopf. So schlimm er für die hiesigen Fae auch sein mochte, es nervt, wenn man andauernd von Dryaden gejagt oder von fischgesichtigen Najaden angemacht wird. Ganz zu schweigen von Tavish und seinen hinterhältigen Versuchen, mich in seine Arme zu locken.
Aber dafür hatte ich im Moment wirklich keine Zeit, ich musste mich mit Grianne treffen.
Leider war es genau wie gestern: Die zwei wollten nicht, dass ich mich mit der Phouka traf, und versuchten, es mit allen Tricks zu verhindern.
»Dieses ›Verbot‹«, sagte ich. Beide zuckten nicht mit der Wimper, was an sich schon Antwort genug war. »Oder, um es anders auszudrücken: diese Einmischung in mein Leben. Ihr tut es schon wieder!« Ich deutete anklagend auf den referenzfreudigen Najaden. »Zu versuchen, mich mit Fischfresse hier abzulenken, mir mit Schösslingen oder wer weiß was zu drohen! Na, ich danke! Außerdem habe ich im Moment wichtigere Dinge zu tun. Den Mord an einem Freund aufklären, zum Beispiel. Also, ich bleibe nicht hier, das könnt ihr euch abschminken, egal, wie attraktiv eure Argumente auch sein mögen. Und das war Sarkasmus, falls ihr es nicht gemerkt habt!«
Tavish entblößte grinsend seine spitzen weißen Zähne. »Ich könnte die ›Argumente‹ leicht weniger attraktiv machen, wenn dir das lieber ist, Püppchen.«
Verdammter Kelpie! Na gut, wenn er den harten Mann spielen wollte … ein Betäubungszauber wäre jetzt nicht schlecht, aber leider konnte ich im Dazwischen ebenso wenig zaubern wie in der richtigen Welt, allerdings … hm … die Magie hier schien mich zu mögen …
»Wie wär’s damit?« Ich hob die Hände und rief das magische Netz zu mir. Es ballte sich zu zwei weichen grünen Bällchen in meinen Händen zusammen. Ich konzentrierte mich und warf Tavish eines davon an den Kopf.
Wahrscheinlich würde es sowieso nicht funktionieren.
Aber das Netz öffnete sich und sank auf ihn herab. Seine Silberaugen blitzten verblüfft auf, und er begann an dem klebrigen Netz zu zerren, in dem sich seine Dreadlocks verfangen hatten.
Was jetzt kam, war fies von mir, ich weiß, aber ich hatte ihm noch was für den Bimbo-Glamour heimzuzahlen: Ich knackte die Magie, und das Netz explodierte in einem zarten grünen Funkenschauer. Aber das war nicht das Einzige, was explodierte. Auch die Silberperlen an seinen Haarenden zerriss es in tausend Stücke.
Als sich der Nebel klärte, sah Tavish aus wie Bob Marley, wenn er in eine Steckdose gegriffen hat.
Mit einem erschrockenen Schnauben begutachtete er seine zerstörten Haarspitzen.
Der wäre erst mal abgehakt.
Zufrieden knöpfte ich mir Ricou vor, der Tavish erschrocken anstarrte – zumindest interpretierte ich so seinen weit aufgerissenen Mund und die steil aufgerichtete Kopfflosse.
»He, Fischfresse«, rief ich, »du schwimmst jetzt besser sofort zu deinen Pokerfreunden zurück, oder ich mach dasselbe mit deinen ›Referenzen‹! Sag ihnen, falls ich je dazu bereit wäre – und ich rede nicht von Sex! -, dann bin ich diejenige, die anklingelt, nicht umgekehrt, verstanden?«
Um meine Worte zu unterstreichen, warf ich den grünen Watteball lässig von einer Hand in die andere.
»Schon kapiert, Liebchen.« Er legte seine Kiemen an und stieß wieder dieses klackende Lachen aus. »Aber falls du’s dir doch anders überlegen solltest« – er zwinkerte mir zu -, »ein Blutstropfen ins Wasser, und Ricou kommt zu deiner Rettung, okay?«
Er sprang hoch, drehte sich in der Luft um und verschwand mit einem Kopfsprung im Tauchloch. Wie ein verschwommener Blitz sauste er davon.
Rettung! Auf so eine Rettung konnte ich verzichten.
»Das nächste Mal, Tavish« – ich hielt den grünen Ball hoch und blies ihn an, woraufhin er sich in zarte grüne Fasern auflöste, die wie Eisenspäne zu Boden sanken -, »nehme ich dein
Aquarium aufs Korn.« Ich hob die Braue. »Was hältst du von diesem ›Argument‹?«
Tavish schnaubte. »Hübscher Zaubertrick, Püppchen. Ich wusste gar nicht, dass du das kannst.«
»Reine Übung.«
Jedes Mal k.o. zu gehen, wenn man einen Zauber absorbiert , ist ein starker Anreiz zum Üben. Das Problem war nur, dass ich bis jetzt höchstens kleinere, harmlose Zauber rufen konnte. Immerhin war es gut, zu wissen, dass Finn Tavish nicht alles von mir erzählte
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