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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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Speichen zu werfen.
    »Beeilen Sie sich, Doc, wir haben nicht viel Zeit«, fauchte Hannah ungeduldig.
    Ich schaute sie an, aber auch sie merkte nichts. Offenbar gehörte das Geistersehen nicht zu ihren Magiertalenten. Sie
stand nur eine Armlänge von mir entfernt, zum Greifen nahe, in eine weite schwarze Samtrobe gehüllt, die reich mit verschlungenen roten Mustern verziert und am Hals mit einer dicken roten Kordel geschlossen war, an deren Enden zwei zehn Zentimeter lange Troddeln baumelten. Das musste ihre Magierrobe sein, aber sie sah darin eher so aus, als hätte sie sich in einen etwas exzentrischen Vorhang gewickelt.
    »Ich mache ja, so schnell ich kann«, sagte Joseph nervös. »Ihr Metabolismus ist weit stärker und schneller als der eines Menschen. Und das Morphin und die Wirkung der Betäubungspatronen arbeiten gegeneinander, es ist nicht leicht, ein Gleichgewicht -«
    »Ach, halten Sie die Klappe und machen Sie schon«, fuhr sie ihn an. »Die Zeit ist knapp!«
    »Warum erstichst du sie nicht einfach?«, nörgelte eine seltsam bekannte Stimme vom Fuß des Altars.
    Mich erstechen? Ja, versuchte der Doc denn nicht, mir das Leben zu retten?
    Ich setzte mich erschreckt auf und starrte die kugelige Gestalt mit den braunen Locken an, die dort stand. Sie hatte eine Spitztüte in der Hand und stopfte sich soeben eine Lakritzspirale in den Mund. Sie trug dieselbe Robe wie Hannah, doch während Hannah fast königlich darin wirkte, schaute sie einfach nur lächerlich aus, ein Eindruck, der durch ihre mürrische Schnute noch unterstrichen wurde.
    Wenn das nicht Janet Sims war, alias Constable Wischmopp, neuerdings Waschfrau bei Covent Garden Security.
    Kein Wunder, dass sie mich erstechen wollte.
    Aber das schien gar nicht nötig zu sein. Entsetzt starrte ich mich an: Ich hatte mich zwar aufgesetzt, aber mein Körper nicht. Der lag stocksteif und mit geschlossenen Augen da, nackt bis auf die Elektroden, die an meiner Brust klebten, und einer eigenartigen Badehaube, aus der jede Menge Kabel zu
der Maschine mit der grünen Wellenlinie führten. Gesicht, Hals, Arme, Brust und Bauch waren vollkommen zerkratzt, ein Souvenir meines kleinen Scharmützels mit den vermehrungsfreudigen Dryaden.
    Aha. »Außerkörperliche Erfahrung« war treffender gewesen, als ich gedacht hätte. Ich war tot. Und nicht nur das: Ich war obendrein ein Geist.
    Kacke. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und rang erneut die aufsteigende Panik nieder.
    Mein Körper war ja noch da, nicht geschwunden , was bedeutete, dass ich nicht wirklich tot, sondern nur von meinem Körper getrennt war.
    Jetzt musste ich nur noch einen Weg finden, mich wieder mit der guten alten Hülle zu vereinen.
    »Ich hab’s dir doch gesagt, Janet«, seufzte Hannah ungeduldig, »ich kann nicht darauf warten, dass ihr Körper sich wieder heilt, auch wenn das bei ihrer Sorte ziemlich schnell geht. Ich brauche ihren Körper, um das Fabergé-Ei aus dem Banksafe zu holen.«
    Sie brauchte meinen Körper?
    »Schlimm genug, dass ich flachbrüstig rumlaufen muss« – Hannah zog eine Grimasse – »und aussehe, als ob eine Horde wild gewordener Katzen über mich hergefallen wäre. Da kann ich nicht auch noch eine Stichwunde in der Brust gebrauchen. Aber wenn dieser Quacksalber hier nicht allmählich in die Gänge kommt, kannst du ihm das Messer in die Brust rammen. Haben Sie gehört, Doktor?«
    »Ja.« Er schob sich mit bebenden Fingern die Fliege-Puck-Brille hoch.
    So war das also: Hannah wollte meinen Körper benutzen, so wie ich Rosas benutzt hatte.
    Shit auf der Friedhofsmauer.
    Der Wischmopp trat neben Hannah und schaute auf meinen
leblosen Körper. »Aber ich kann dich doch heilen, jetzt, wo ich Omas Kräfte habe«, nörgelte sie. »Oma hatte ein Talent für so was.« Sie rieb sich eifrig die Hände. »Dann könnte ich die Sidhe doch noch abstechen wie ein Ferkel. Das hab ich mir immer gewünscht!«
    Ohne mich!
    Ups, das war durchaus möglich.
    » Genny.«
    Ich fuhr herum, konnte aber niemanden sehen.
    »Meine liebe Janet«, schnaubte Hannah, »wie lange besitzt du jetzt Omas Kräfte? Seit einer Woche. Und was hast du in dieser Zeit zustande gebracht?« Sie zählte es an den Fingern auf. »Einen Unsichtbarkeitsschild, der sich in Schaufenstern spiegelt. Einen explodierenden Mehlsturm. Und diesen grässlich stinkenden Zauber vor Omas Türschwelle – ein Zauber, der die Sidhe hier übrigens keineswegs davon abgehalten hat, sich Zugang zu Omas Wohnung zu verschaffen. Während du

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