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Der Kalte Kuss Des Todes

Der Kalte Kuss Des Todes

Titel: Der Kalte Kuss Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne McLeod
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legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Nein, mein Freund, das Mädchen ist krank, es braucht unsere Hilfe und unser Verständnis.«
    Der Blick der kleinen Motte huschte nervös zwischen unserem Grüppchen und Hari hin und her. Ihre mit lila Eyeliner umrandeten Augen wirkten riesig in ihrem weißen Gesicht. Sie blinzelte wie eine Eule, schien nicht ganz zu begreifen, was vorging.
    Ausgeflippte Junkies wie sie waren keine Seltenheit in der HOPE-Klinik. Gewöhnlich versuchte man, sie so lange abzulenken, bis die Sicherheitskräfte eintrafen und die Situation entschärft war. Anschließend tat man für sie, was man konnte.
    Das wusste Hari ebenso gut wie ich, nur er trug heute keine stichsichere Weste. Wenn sie ihn nun traf? Bergtrolle sind zwar aus Stein geboren und leben ein paar Jahrhunderte länger als Menschen, aber sie können trotzdem bluten – wenn auch nur Silikon.
    Ich trat instinktiv vor, ebenso langsam und vorsichtig wie Hari. »He!«, rief ich gerade laut genug, dass sie mich hören konnte.
    Ihr Kopf zuckte herum, und sie verlor fast das Gleichgewicht. Misstrauisch blinzend starrte sie mich an.
    »Warum willst du die Sidhe sprechen?«, fragte ich leise. »Vielleicht können wir dir ja helfen?«

    »Sag ich dir nicht!« Sie deutete mit dem Messer auf mich. »Du bist nich die Sidhe, ich hab ihr Bild gesehen. Sie hat rote Haare und diese komischen Katzenaugen. Un’ du bist blond. Du bist nich’ die Sidhe!«, schloss sie anklagend.
    »Miss, ich bin sicher, dass die Sidhe gleich hier sein wird«, versicherte Neil Banner lächelnd. »Dann können Sie mit ihr reden. Ich warte selbst auf sie. Wir könnten zusammen auf sie warten, was halten Sie davon?«
    Ich verstand, was er mir sagen wollte: Ich sollte meinen Glamour ablegen, damit mich die Motte erkennen konnte. Eigentlich keine schlechte Idee, aber abgesehen davon, dass ich von der Polizei gesucht wurde, ist ein Glamour nicht so leicht abzustreifen. Und wer wusste schon, warum sie mich sprechen wollte?
    Nein, ablenken war am vernünftigsten.
    »Ja, sie wird bald da sein, außer, jemand … lenkt … sie ab«, fügte ich leiser hinzu, den Blick fest auf Neil Banner geheftet.
    Dieser runzelte zunächst die Stirn, doch dann schien er zu begreifen. Er lächelte der Motte zu und sagte mit beruhigender Stimme: »Kommen Sie, wir können uns ein wenig unterhalten, Miss.« Er deutete auf die gelbe Stuhlreihe. »Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Gesellschaft leisten.«
    Die Motte schaute Neil Banner stirnrunzelnd an und kratzte sich mit der freien Hand heftig den Arm, der noch röter wurde. »Ich muss ihr was geben«, schniefte sie.
    Hoffentlich nicht das Messer!
    Neil Banner fuhr fort, beruhigend auf sie einzureden. Hinter ihr kam Hari langsam näher. Von seinem Schädel stiegen gelbbraune Staubwolken auf und setzten sich auf seinen blütenweißen Personalkittel. Die Motte schnitt eine Grimasse und kratzte sich heftig an der Innenseite ihrer Oberschenkel. Es würde nicht lange dauern und sie -

    »Dir ist klar, dass sie gleich einen Blutfieberanfall kriegt, oder?«, sagte Bobby dicht neben meinem Ohr.
    Ich schaffte es gerade, nicht vor Schreck zusammenzuzucken. Ihn hatte ich in der Aufregung ganz vergessen.
    »Ja, das sehe ich«, antwortete ich ebenso leise.
    Da ich selbst heute früh einen Anfall gehabt hatte, wusste ich genau, wie sie sich fühlte: Es juckte sie am ganzen Körper, sie war fürchterlich zappelig, ihr Blut kochte, und die VenomÜberdosis trieb sie fast in den Wahnsinn. Wenn sie das Messer nicht bald weglegte, brauchten wir uns keine Sorgen darum zu machen, dass sie damit auf jemanden einstach.
    Sie würde sich selbst in Streifen schneiden.
    »Ich könnte ihr eine Gedankenfessel anlegen, damit sie stillhält«, schlug Bobby flüsternd vor. »Aber wenn ich das versuche, wird mich der Stirnreif davon abhalten. Oder kannst du ihn irgendwie deaktivieren?«
    Klar, ich konnte die Magie knacken und seinen Kopf explodieren lassen oder die Magie zu mir rufen und mich selbst k.o. schlagen, oder ich konnte mir zwei Stunden Zeit nehmen und den Zauber vorsichtig aufdröseln. Das half uns nichts.
    »Versuche, zu Hari zu gehen, ohne dass sie es merkt«, flüsterte ich. »Er könnte den Stirnreif vielleicht abschalten. Ich helfe derweil dem Souler dabei, sie abzulenken.«
    Bobby verschwand lautlos, und ich drehte mich wieder um. Neil versuchte soeben, der Motte die Vorzüge von Thaddäus zu erläutern. Dieser hatte den Kopf eingezogen und die Fledermausohren

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