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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Hannah
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wie der letzte Depp, wenn ich dann zu hören bekomme, es sei vollkommen gleichgültig, ob es sich bei den Worten, die ich gesehen habe, um drei Überschriften handelt oder nicht, wichtig sei nur, wo ich den Zettel gesehen habe – eben das, woran ich mich nicht erinnern kann und zu dem mir keine Theorien eingefallen sind.
    »Sie wollen morgen nochmal mit dir reden?«
    »Andersherum.« Ich kann mein Geständnis ruhig schon mal einüben. »Ich habe sie angelogen. Am zweiten November, dem Tag, an dem Katharine Allen starb, sollte ich eigentlich an diesem Verkehrserziehungskurs teilnehmen. Sie haben mich gefragt, wo ich am zweiten November zwischen elf und dreizehn Uhr war.«
    »Was? Das hast du gar nicht erwähnt.« Lukes Stimme klingt überhaupt nicht mehr schläfrig, er ist hellwach. Amber 1, Schlaf 0 . »Was hast du ihnen erzählt?«
    »Ich habe gesagt, ich sei bei dem Kurs gewesen. Sie wollten wissen, ob jemand das bestätigen könne. Ich sagte, wahrscheinlich würde sich niemand an mein Gesicht erinnern können, aber ich hätte meinen Führerschein als Nachweis vorlegen müssen, und es wäre sicher irgendwo festgehalten, dass ich teilgenommen habe.«
    Mit gerunzelter Stirn denkt Luke nach. »Ja«, meint er schließlich. »Und wenn sie es überprüfen, werden sie genau das feststellen. Du hast Katharine Allen nicht umgebracht, du weißt nicht, wer es getan hat, es ist also eine harmlose Notlüge. Du wirst doch nicht so verrückt sein, ihnen die Wahrheit zu sagen, oder?«
    Ich lächle anerkennend über diese vollkommen unvoreingenommene Formulierung. »Ich muss. Du wirst es mir nicht ausreden, gib dir also keine Mühe. Ja, ich weiß, es wird keinen Unterschied machen, ich weiß, ich werde Jo sagen müssen, dass ich es der Polizei gesagt habe, und sie wird fuchsteufelswild sein …«
    »Fuchsteufelswild?« Luke schaut sich im Raum nach einem imaginären Publikum um, einer jubelnden Menschenmenge, die nur er sehen kann, die voll auf seiner Seite steht und die Fähnchen schwenkt. »Amber, wach auf! Ihr habt gegen das Gesetz verstoßen, du und Jo. Eine von euch beiden jedenfalls.«
    »Technisch gesehen wohl wir beide.«
    »Du könntest dafür ins Gefängnis kommen!«
    »He – weißt du noch, wie gut du darin bist, mich nicht anzuschreien? Ich versuche ausnahmsweise mal, das Richtige zu tun. Passt wahrscheinlich nicht zu mir, aber ich würde es zu schätzen wissen, wenn du zumindest versuchen könntest, mich dafür zu bewundern.« Es stimmt, ich könnte eine Bewährungsstrafe bekommen, vielleicht sogar hinter Gittern landen. Aber dazu wird es nicht kommen. Simon Waterhouse wird es für sich behalten, wenn ich ihn darum bitte. Das wird er doch, oder? Wie kann ich mir sicher sein, dass er mich schützen wird, dass er kein Teamplayer ist?
    Aber welcher intelligente Mensch wäre das schon, bei diesem Team?
    »Du hast es selbst gesagt: Du bist ihre einzige Spur in einem Mordfall.« Luke bemüht sich, vollkommen emotionslos zu klingen. Wie die meisten Männer ist er überzeugt, dass jemand, der unter dem Einfluss starker Gefühle steht, nur unlogisch argumentieren kann. »Wenn du also dorthin spazierst und seelenruhig zugibst, dass du gelogen hast …«
    »Ich habe ein Alibi! Gut, nicht das Alibi, das ich angegeben habe …«
    »Warum muss die Polizei das erfahren? Du hast ein Alibi. Das ist alles, was zählt. Du warst irgendwo anders, als Katharine Allen umgebracht wurde.« Luke stöhnt. »Ich vergeude meinen Atem, stimmt’s?«
    »Nein«, widerspreche ich. »Ich finde es hilfreich, deine Argumente zu hören, und es überzeugt mich davon, dass du wahrscheinlich Recht hast.«
    Luke wirft die Hände hoch. »Dann …«
    »Wenn ich Simon Waterhouse die Wahrheit sage, könnten Jo und ich in der Scheiße landen, und es wird der Polizei nicht helfen, den Mörder von Katharine Allen zu finden – stimmt. Na und? Sie ermitteln in einem Mordfall, Luke. Dazu müssen sie vielen Leuten viele Fragen stellen, und auf jede dieser Fragen wollen sie eine Antwort hören, die keine Lüge ist. Ich kann verstehen, warum ihnen das wichtig ist. Du nicht? Sie wollen alle Informationen, nicht nur die meisten, nicht nur das, was die Leute ihnen mitzuteilen belieben. Wer bin ich denn, dass ich entscheiden könnte, ob die Polizei dieses erfahren sollte, jenes aber nicht? Dafür fehlt mir der Überblick. Ich weiß nicht mal, wo ich diese Wörter gesehen habe. Es ist ihr Fall, nicht meiner. Ich bin ein Glied in ihrer Kette, ob es mir nun gefällt oder

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