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Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
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Geröllfelder, umgestürzte Bäume und reißende Wildbäche das Vorwärtskommen. Als die Dunkelheit sich über die Suravan-Berge zu legen begann und sich auch noch Nebelschwaden ausbreiteten, hielt Yrm an einer Felswand an. »Wir übernachten hier.«
    Müde ließ sich Enna nieder und rieb sich ihre schmerzenden Füße. »Ich sterbe vor Hunger.«
    Sie hatte das Gefühl, das laute Knurren ihres Magens würde sämtliche Drachen des Bergmassivs anlocken, und es sah nicht so aus, als ließen sich hier genügend Beeren finden, um einen Halblingsmagen auch nur annähernd zu füllen.
    Yrm zog schweigend ein Tuch aus seinem Bündel, wickelte es auf und hielt es Enna hin. Voller Vorfreude nahm sie zwei fingerdicke Stücke des Fasans von gestern Abend entgegen und begann darauf herumzukauen. Allerdings stellte sich das Fleisch als ausgesprochen zäh und geschmacklos heraus. Aber sie beschwerte sich nicht, sondern beobachtete stumm, wie Yrm etwas getrocknetes Moos auf den Boden legte, darüber Holz aufschichtete und ein Feuer entzündete. Dann setzte sich der schweigsame Mann auf einen Stein und starrte in die Flammen, während seine Fingernägel wieder einmal über seine Wange schabten.
    Der Nebel verdichtete sich, schien die Stimmen und Laute der Natur zu ersticken. Enna schlang schützend die Arme um ihre Knie. Auf einmal erklang ein merkwürdiges Geräusch aus der Höhe, und unwillkürlich musste Enna an ihre Großmutter Ruva Borkenfeuer denken. Wenn diese nämlich früher ihre Bettdecken aus dem obersten Fenster ihrer Hütte gehängt und kräftig ausgeschüttelt hatte, hatte es sich genau so angehört. Aber das Geräusch im Nebel wirkte weitaus bedrohlicher.
    »Yrm?«, flüsterte sie.
    Der finstere Mann ließ von seiner Wange ab. »Hmm?«, brummte er.
    »Was ist das für ein Geräusch?«
    »Drachenschwingen – oder die Flügel von Gulvaren.«
    Enna fuhr kerzengerade in die Höhe, legte ihren Kopf in den Nacken und versuchte, den dichten Nebel zu durchschauen. Wieder und wieder hörte sie dieses Geräusch – es musste vom Schlagen gewaltiger Flügel kommen.
    »Drachen«, flüsterte sie ehrfürchtig. »Was passiert, wenn es ein Gulvar ist und er uns bemerkt?«
    »Vermutlich frisst er uns«, entgegnete Yrm nüchtern.
    Enna schluckte schwer. »Leben die Drachen in dieser Gegend?«, versuchte sie das Gespräch in Gang zu halten.
    »Drachen und Gulvaren leben überall in den Suravan-Bergen, aber die meisten halten sich in den Tälern hinter dem Kraterberg auf. Dort gibt es mehr Wild zu jagen.«
    »Sind Drachen freundlicher als Gulvaren?«
    Yrms dunkle Augen schienen sie über das Feuer hinweg zu durchbohren. »Freundlich? Freundlich ist keine der beiden Kreaturen«, sagte Yrm leise. Fast schon war Enna erleichtert, als der Klang schlagender Schwingen in der Ferne verhallte.
    »Weshalb interessierst du dich eigentlich so sehr für Drachen?«, hakte Yrm nach.
    »Ich …« Verlegen spielte sie an einer ihrer Haarlocken herum, zögerte, ob sie fortfahren sollte. Aber letztendlich durfte sie Yrms Wissen um die Kreaturen dieser Gegend nicht ungenutzt lassen. »Ich muss sie einfach finden.«
    »Und dann?«
    »Ich möchte versuchen, sie um Hilfe zu bitten. Für mein Tal, meine Familie, meine Freunde.« Eigentlich hätte sie erwartet, dass Yrm nun in Gelächter ausbrach, sie gar verspottete, aber er sah sie nur an und nickte nach einer Weile.
    »Die Seinen zu schützen ist ehrenhaft, selbst wenn man dabei ins Verderben rennt«, meinte Yrm. Er legte sich neben das Feuer und drehte sich auf die Seite. »Ich bringe dich noch durch den Sumpf, dann kehre ich um.« Mehr sagte er nicht, und sein gleichmäßiger Atem zeigte Enna, dass er eingeschlafen war.
    Erschöpft und ohne sich auch nur die Zeit für ein dürftiges Mahl genommen zu haben, erreichten die beiden Halblinge am späten Abend den Gipfel des Passes. Bronns Brust hob und senkte sich heftig, sein Hemd war von Schweiß durchtränkt, und auch Jorim musste zugeben, dass seine Kraftreserven beinahe erschöpft waren.
    So blieben die beiden Halblinge stehen und spähten vom höchsten Punkt des Passes aus nach unten. »Wie ein gigantischer schwarzer Schlund«, flüsterte Jorim.
    Da die Sonne bereits hinter dem westlichen Horizont verschwunden war, lagen nur Schatten und Dunkelheit über dem Land, das von den Suravan-Bergen umschlossen wurde.
    »Ist es hier gewesen, wo euch der Gulvar angegriffen hat?«, wollte Jorim von Bronn wissen. Dieser sah sich um, schüttelte dann aber den Kopf.

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