Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
Seldas Verletzungen«, flüsterte Enna ihrem Bruder zu.
»Allerdings«, meinte Jorim, ohne den Blick von Nespur zu wenden. »Doch was können wir gegen ihre Pläne unternehmen?«
Jorim konnte in den Gesichtern eines jeden Halblings Entsetzen und Ratlosigkeit sehen. Eine bedrückende Stille trat ein. Keiner achtete auf den Regen, der inzwischen eingesetzt hatte und klopfend auf der Holzkuppel des Rauchorakels landete.
»Das sind wahrlich schlimme Neuigkeiten.« Es war Brim, der das Schweigen brach, sich auf seinem Fels nach vorne beugte und nachdenklich die Stirn runzelte. »Was können wir tun? Gegen Zwanzigtausend?«
»Wachen bilden, zehn Halblinge stark«, blaffte Talund. »Dass ich nicht lache!«
»Wir könnten durchaus auch deinem Ratschlag folgen und gar nichts tun«, konterte Elvor. Jorim hätte ihm, dem Nachfahren des legendären Bronn Sternenfaust, dafür am liebsten auf die Schulter geklopft, hätte er nicht so weit von ihm entfernt gestanden. Bei dem Gedanken an Bronn wurde Jorim nachdenklich.
»Wir Halblinge sind keine Krieger und den Erinyen auch noch zahlenmäßig unterlegen«, überlegte Eren laut.
»Vielleicht sollten wir fliehen«, schlug Helebert vor.
»Und wohin bitte?«, hörte Jorim Elvor rufen. »Wenn es wahr ist, dass die Menschen und Elfen tot oder nach Norden geflohen sind und sich ihre Länder bereits in den Händen der Erinyen befinden, wo könnten wir dann Zuflucht finden?«
»Vielleicht sollten wir in die Nordlande fliehen und die Nordelfen und Zwerge vor den Erinyen warnen«, meldete sich Jul zu Wort.
»Guter Vorschlag, darüber sollten wir ernsthaft nachdenken«, pflichtete Helebert ihm bei.
»Und ihnen Westendtal überlassen?«, fragte Nespur erbost. »Und mit welchen Booten würdet ihr überhaupt die Meeresenge von Dovan passieren wollen? Dort jagen oft die Stürme des Wilden Meeres hindurch.« Damit machte er die Hoffnung einer Flucht nach Norden rasch zunichte. Jorim wusste, Nespur hatte recht. Das Halblingsvolk besaß lediglich ein paar kleine Ruderboote für den Fischfang und zur Überquerung des Erenin, um die verschiedenen Mühlen zu erreichen, die seine Ufer säumten.
»Nespurs Einwand ist berechtigt«, rief Toram. »Schiffe zu bauen ist nicht unser Handwerk, und es zu erlernen würde lange dauern. Zu lange.«
»Was schlägst du also vor, Toram?«, wollte nun Brim wissen, und alle wandten sich dem rothaarigen Halbling zu. Toram allerdings schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.«
Stille folgte, dann jedoch brach ein hektisches Geschnatter aus.
»Aber irgendwohin müssen wir doch«, hörte Jorim jemanden sagen.
»Verstecken wir uns doch einfach in den Wäldern«, meinte ein anderer.
»Vielleicht fallen die Erinyen gar nicht bei uns ein! Seit Hunderten von Sommern hat uns niemand beachtet«, rief noch einer.
»Genau, die Menschen zum Beispiel sehen uns nicht mal, wenn wir glühende Pfeifenasche auf ihre stinkenden Füße kippen. Warum also sollten uns diese Erinyen bemerken?«
So ging es immer fort, doch Jorim hörte schon gar nicht mehr zu. »Bronn Sternenfaust«, murmelte er und rieb sich das Kinn.
»Was hast du gesagt?« Enna sah ihn fragend an.
»Ich weiß, was zu tun ist!«, rief Jorim plötzlich laut aus, sodass ein jeder Mund sich schloss und sich alle Augen auf ihn richteten. Jorim erschrak kurz vor der ungeteilten Aufmerksamkeit, dann holte er jedoch tief Luft und richtete sich zu seiner vollen Größe von dreieinviertel Fuß auf.
»Nur zu, Jorim Borkenfeuer«, ermunterte ihn Brim Mühlenstein, der seinen blauen Umhang zum Schutz gegen den Regen fester um die breiten Schultern zog.
»Bronn Sternenfaust und seine tapferen Streiter!«
»Was ist mit ihnen?« Brim betrachtete Jorim, wobei er eine seiner buschigen Augenbrauen so weit nach oben zog, dass sie fast den Haaransatz erreichte.
»Bronn Sternenfaust könnte uns sicher helfen. Warum gehen wir ihn nicht suchen?«
Es waren mehr als nur ein oder zwei verwunderte Blicke, die Jorim erntete. Viele der Versammelten schienen zu überlegen, ob sie wohl richtig gehört hatten.
»Nun, Bronn war ein tapferer Recke, fürwahr«, räumte Brim ein und kratzte sich nachdenklich den Bauch.
»Aber wir wissen nicht, wo er ist«, ergänzte Talund. »Bronn und einige seiner Freunde haben uns vor mehr als achtzig Sommern verlassen.«
»Mein Großvater hat Westendtal nicht einfach verlassen «, verteidigte Elvor seinen Urahn und richtete sich auf. »Er ist aufgebrochen, um die Drachen der Suravan-Berge zu
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