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Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.S. West
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umsetzen wollte, musste sie handeln, und zwar sofort. Sie würde nicht einmal mit Jorim darüber reden können, denn sie wusste nicht, wann sich die nächste Gelegenheit bot, mit Zervana zu sprechen. Vielleicht wäre es dann schon zu spät.
    Deshalb richtete sie sich auf, streckte ihren Bauch etwas heraus und legte die Hände auf das Ei unter ihrem Umhang. Zervana wollte sich gerade abwenden, doch da fiel ihr Blick auf die Ausbeulung – genau wie es Enna beabsichtigt hatte.
    »Was verbirgst du da vor mir?«, fragte Zervana. Ihre Stimme hatte einen äußerst bedrohlichen Klang angenommen, und auch der Ghul richtete sich jäh auf. Die Augen zu Schlitzen verengt, beobachtete Hanafehl jede Bewegung.
    Zum Schein zog Enna hastig ihre Hände zurück. Sie spürte, wie Jorim sich anspannte.
    »Nur ihren dicken Bauch«, sagte er rasch.
    Enna hätte ihn am Liebsten vors Schienbein getreten, doch er konnte natürlich nicht ahnen, was sie vorhatte. Und Zervana ging ohnehin nicht auf seine Bemerkung ein. Sie trat näher, wobei sie Enna fixierte, die ihre Hände nun wieder schützend auf den Bauch legte. Langsam ging die Erinya vor ihr in die Hocke, und lange Finger streckten sich nach ihr aus.
    »Nicht!«, rief Jorim. Doch Zervana hatte schon Ennas Hände gepackt, schob sie weg und befühlte den Gegenstand unter ihrem Umhang.
    »Was ist das?«, fragte sie zischend.
    Enna schwieg und vermied es, angeblich schuldbewusst, die Erinya anzusehen.
    Kurzerhand griff diese unter Ennas Umhang und hielt im nächsten Augenblick das Drachenei in ihren langfingrigen Händen. Misstrauisch betrachtete sie den ovalen Gegenstand.
    »Dies ist ein Ei aus dem Drachenkrater«, flüsterte Enna nun so leise, dass nur Zervana sie verstehen konnte. Sie wollte vermeiden, dass Hanafehl das Gespräch hörte, denn der Ghul spähte immer noch neugierig zu ihnen herüber.
    »Was für ein Ei genau?«
    Enna zuckte mit den Schultern. »Das wissen wir nicht. »Entweder ein Gulvar oder ein Drache ist darin. Das wird sich erst zeigen, wenn das Wesen schlüpft. Noch liegt es im Verborgenen.« Die letzten Worte hatte Enna bewusst gewählt. Immerhin hatte Zervana ihr eben erst enthüllt, dass sie dem Reiz des Verborgenen nicht widerstehen konnte. Enna hoffte nur, dass dies auch auf dieses Ei zutraf.
    Die Erinya legte den Kopf schräg und betrachtete nachdenklich das Ei. »Drache oder Gulvar. Was mag sich wohl darin verstecken?«
    »Ein Wesen der Suravan-Berge«, murmelte Yorak, der sich bislang still verhalten hatte.
    Die Usurpatorin hob rasch die Hand. »Schweig, Yorak!« Sie würdigte den großen Erinya keines Blickes.
    »Was wolltet ihr damit?«, fragte sie nun wieder an Enna gewandt. »Und wie ist es euch überhaupt gelungen, in den Besitz des Eis zu kommen?«
    Unter ihrem bohrenden Blick erzählte Enna von ihrer Reise, brach absichtlich immer wieder ab, sodass Zervana sie zum Weiterreden auffordern musste.
    Nachdem Enna fertig war, lachte Zervana auf.
    »Dann habt ihr also tatsächlich geglaubt, einen Drachen beherrschen und auf uns hetzen zu können?« Die Usurpatorin schüttelte den Kopf. »Wie seid ihr nur auf diesen lächerlichen Einfall gekommen?«
    Das war die Frage, auf die Enna gewartet hatte. Sie zögerte einen Augenblick, dann sprach sie mit kleinlauter Stimme weiter, was ihr vor der Usurpatorin nicht besonders schwerfiel. »Wenn ein Drache dem Ei entschlüpft, folgt er demjenigen, dem er als Erstes in die Augen sieht«, sagte sie leise.
    Nun wurde Zervana ernst und runzelte die Stirn.
    »Die Flamme eines Drachen ist die Mutter allen Feuers«, fuhr Enna fort und zwang sich, Zervana trotzig anzusehen. »Nicht einmal eure Fackeln lodern so hell wie seine Flammen. Er würde euch besiegen!«
    Jorim stieß Enna in die Seite, doch die Erinya beachtete die beiden gar nicht mehr. Sie schien ganz in Gedanken versunken zu sein.
    »Es sei denn, er erblickt eine von uns zuerst«, überlegte sie laut.
    Enna senkte den Blick und tat niedergeschlagen. »Ja, ein Drache ist ein Wesen des Feuers und würde als solches euch folgen – und einen Ghul womöglich töten«, sagte sie leise. »Erblickt jedoch ein Gulvar das Licht der Welt, so könnte dieser als Wesen von Tod und Dunkelheit Euch vernichten und würde eher den Ghulen folgen, denn auch sie sind Kreaturen der Finsternis.« Flüchtig sah Enna zu Hanafehl hinüber. Der Ghul war ein Stück näher herangetreten, doch Ennas geflüsterte Worte konnte er sicher nicht verstehen. Das Ei in Zervanas Händen sah er aber sehr

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