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Der Kartograph

Der Kartograph

Titel: Der Kartograph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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sind wir noch lange nicht so weit, wie wir es gerne wären», antwortete Lud.
«Was ist geschehen, woran liegt es?» Der Herzog hob ungeduldig seine beringte Rechte, an der die Diamanten, Rubine und Smaragde blitzten. Der Spross des Hauses Anjou galt als ein Schöngeist. Das brachte auch seine farbenfrohe Kleidung zum Ausdruck, nach der neuesten Mode in Gelb und Orange gehalten. Auf seiner Brust prangte, prächtig gestickt mit Goldfäden auf Samt, das Lothringer Kreuz, das Symbol des Hauses Anjou. René von Lothringen war eigentlich kein eitler Mann. Doch er wusste um die Wirkung solcher Symbole, besonders, wenn es um Zeichen eines der mächtigsten Geschlechter Frankreichs ging. Es gab wenige Fürsten in Europa, die seiner Familie an Adel ebenbürtig waren. Die Plantagenets, die Karpetinger, die Valois, sie alle waren Pfropfen auf demselben Stamm, hervorgegangen aus dem Volk der Andegaven, das die Römer einst unterworfen hatten und das ab dem 9. Jahrhundert mit der Geburt von Fulko Nerra von Anjou einer glänzenden Zukunft entgegengegangen war. Einer Zukunft, die sich nun dem Ende zuneigte.
René raffte seinen Mantel und schritt zu Martin Waldseemüller hinüber, der, das Schnitzmesser in der Hand, von seinem Schemel aufgestanden war und vor dem Tisch stand, auf dem einer der Druckstöcke lag, aus dem später die Weltkarte werden sollte.
«America» – las er. «So komme ich also gerade richtig, werter Magister Waldseemüller. Wie ich sehe, ist dieser Teil der Karte noch nicht fertiggestellt. Die Umrisse der Ostküste kann ich bereits erkennen, nur die Namen der Orte fehlen noch zu einem guten Teil. Die Westküste» – er brach ab. «Jedenfalls hat mir unser gemeinsamer Freund Gauthier Lud nicht zu viel versprochen. Ihr seid ein wahrer Meister mit dem Schnitzmesser. Ich verneige mich vor Euch und Eurer Kunst.»
«Durchlaucht, ich …»
«Nicht so bescheiden, mein lieber Ilacomylus, nicht so bescheiden. Selbst der größte unter den Fürsten könnte sich glücklich schätzen, einen Kopf wie den Euren und dazu noch einen Künstler wie Ihr es seid unter seinen Gelehrten zu wissen. Euer Ruf hat sich weiter verbreitet, als Ihr es zu ahnen scheint.» Wieder machte der Herzog eine Pause und musterte Martin Waldseemüller mit einer Mischung aus Ernst und Neugier. «Wie ich hörte, wollte Euch jemand übel ans Leder? Ist derjenige inzwischen ausfindig gemacht worden und seiner gerechten Strafe zugeführt?»
Martin Waldseemüller schüttelte den Kopf. «Es waren wohl zwei, mon Duc. Und ohne die Hilfe von Philesius wäre die Sache auch sehr viel übler ausgegangen. Er hat mir das Leben gerettet.»
René von Lothringen sah zu der schlaksigen Gestalt am Setzkasten neben dem kleinen Fenster hinüber. «Ich bin Euch zu tiefstem Dank verpflichtet, Magister Ringmann.» Er sagte dies keineswegs als höfliche Floskel.
«Ich würde gerne die Gelegenheit nutzen und mit unserem Magister Waldseemüller ein persönliches Gespräch führen. In meinem Gefolge ist außerdem ein Mann, der darauf brennt, ihm zu begegnen. Meint Ihr, es ist möglich, uns einen Raum zu Verfügung zu stellen, in dem die Vertraulichkeit gesichert ist?»
Gauthier Lud gab sich alle Mühe, sein Erstaunen zu verbergen. «Aber sicher, Durchlaucht. Ich würde die Bibliothek im Turm empfehlen.»
Der Herzog nickte. «Würdet Ihr mir einige Augenblicke Eurer kostbaren Zeit schenken?», erkundigte er sich sodann bei Martin Waldseemüller. Der nickte, ebenso verblüfft wie alle anderen im Raum. Doch der Herzog machte auch jetzt keine Anstalten, nähere Erklärungen abzugeben. Im Hinausgehen winkte er noch einen der beiden Diener zu sich, die vor der Türe auf ihn gewartet hatten, und gab ihm leise einen Befehl. Der Mann nickte und eilte davon.
«Erlaubt, dass ich Euch etwas zu essen und zu trinken auftischen lasse. Ihr müsst hungrig und durstig sein von der Reise.»
«Ihr seid wie immer ein hervorragender Gastgeber, mein lieber Lud.»
Als sie alleine waren, schaute Martin Waldseemüller den Herzog fragend an. Doch dieser gab sich, als sei es das Normalste von der Welt, dass sie beide hier zusammensaßen. Er plauderte unbefangen von den Geschehnissen der Reise, erzählte Anekdoten vom Hof in Nancy. Dann lenkte er wie von ungefähr das Gespräch auf das Thema nautische Instrumente.
«Wie ich höre, habt Ihr die griechische Ausgabe des Ptolemäus auch noch nicht bekommen», hob er an. «Ach, kennt Ihr eigentlich folgende Anekdote über die Entstehung des Astrolabiums – ich

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