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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
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war schon weit nach fünf Uhr und längst Fei­er­abend), kehr­te er in das Loch zu­rück und setz­te sich dort an Se­ra­nes al­ten Schreib­tisch, auf dem sich jetzt Bü­cher und Ak­ten sta­pel­ten. Mü­ßig zog er die un­ters­te Schub­la­de auf und nahm Se­ra­nes al­ten Aschen­be­cher her­aus, einen Mi­nia­tur-Asch­kes­sel aus Mes­sing, in den der Na­me der Fir­ma ein­gra­viert war. Die Ver­triebs­ab­tei­lung hat­te die­se Din­ger ir­gend­wann ein­mal gu­ten Kun­den zu Weih­nach­ten ge­schenkt. Der klei­ne Kes­sel war halb voll mit Asche. Er lä­chel­te bit­ter. Das Ge­fäß war ei­ne Zu­sam­men­fas­sung sei­nes Jah­res hier und ei­ne Ver­höh­nung zu­gleich. Er stell­te es zu­rück in die Schub­la­de.
    Gut oder schlecht, es war vor­über. Al­les war ge­tan, al­les war er­le­digt. Viel­leicht soll­te er sich de­pri­miert füh­len, aber statt des­sen fühl­te er sich ei­ner Last ent­ho­ben, er fühl­te sich frei.
    Er dach­te an Ma­ry und an einen Vers von Mar­lo­we: Willst du, mein Lieb, dich an mich bin­den / so solln wir al­le Freu­den fin­den …
    Er­drücken­de Ge­wich­te ho­ben sich von sei­nen Ge­dan­ken und von sei­nem Her­zen. Er at­me­te tief. Jetzt wür­de ein neu­es Le­ben be­gin­nen. Es gab kei­nen Grund, hier noch län­ger her­um­zu­lun­gern. Er wür­de kei­ne Se­kun­de mehr ver­geu­den.
    Er er­hob sich von dem al­ten Schreib­tisch, ver­ließ das klei­ne Bü­ro und fuhr mit dem Auf­zug zum Park­platz hin­un­ter. Wäh­rend er vom Platz fuhr, warf er einen Blick zu­rück auf den blaß­gel­ben Zie­gel­stein­hü­gel, der Up­per As­h­kett­les war. Fast ein Jahr hat­te er hier ver­bracht. Hier war er er­wach­sen ge­wor­den. Hier erst hat­te er Bil­ly ver­stan­den, ihn und das, was er für ihn emp­fand. Jetzt war er frei, um an sich selbst zu den­ken und um sei­ne ei­ge­ne Zu­kunft zu ge­stal­ten. Er hat­te wun­der­ba­re Freun­de hier ge­fun­den – und auch Fein­de. Er wuß­te, daß er in all den Jah­ren, die ihm noch blie­ben, nie­man­den mehr fin­den wür­de, der die­sen Leu­ten gleich­käme.
    Und nie­mals, nie­mals wie­der wür­de er ei­ne Che­mi­ka­lie wie Tria­lin ent­de­cken. Tria­lin … die Wun­der­che­mi­ka­lie … und ein Knäu­el von Wi­der­sprü­chen. War es ein leb­lo­ses Ato­mar­ran­ge­ment aus C, H und N, oder war es et­was Le­ben­di­ges, bös­ar­tig und gut­ar­tig zu­gleich? Es ver­wan­del­te al­les, was es be­rühr­te: Die Le­ben­den. Die To­ten. Nicht ein­mal Com­pu­ter wa­ren si­cher. Von all de­nen, die es be­ein­flußt hat­te, wür­de Mu­ker­jee es wahr­schein­lich am bes­ten ver­ste­hen, denn es ent­hielt den ge­sam­ten Ka­non der in­di­schen Göt­ter. Es war Schi­wa, der Zer­stö­rer, denn es hat­te Vi­tu­ra­te ge­tö­tet und in ge­wis­ser Wei­se auch Uriah. Zwei­fel­los hat­te es auch Se­ra­nes Grup­pe ver­nich­tet. Zu­gleich aber war es Wisch­nu, der Be wahr er, denn es hat­te Kuss­man ge­ret­tet – so­gar ge­gen sei­nen Wil­len –, es hat­te Ab­rams ge­ret­tet und Tau­sen­de von Men­schen in In­di­en, und in den nächs­ten Jah­ren wür­de es nicht auf­hö­ren, Le­ben zu ret­ten. Schließ­lich war es Brah­ma, der Schöp­fer, denn es war un­mit­tel­bar ver­ant­wort­lich für die selt­sa­me Com­pu­ter-Rein­kar­na­ti­on Bil­lys in je­ner Nacht des neun­zehn­ten Mai.
    Er dach­te an die Zu­kunft der Fir­ma. In ih­rer lan­gen Ge­schich­te hat­te sie Schlim­me­res als Kuss­man über­lebt. Kuss­man war höchs­tens ein Mücken­stich. Und wel­ches Schick­sal er­war­te­te den La­bordi­rek­tor? Paul ver­zog das Ge­sicht zu ei­nem Lä­cheln. Kuss­mans Loya­li­tät und Er­ge­ben­heit wür­den ver­mut­lich Früch­te tra­gen, und der Mann wür­de schließ­lich in die höchs­ten Eta­gen des Un­ter­neh­mens auf­stei­gen. Pinks­ter und Hum­bert wür­de er wahr­schein­lich mit­neh­men, und Old­ham wür­de man die Lei­tung des La­bors über­tra­gen. (Und den Na­men des La­bors wür­de man viel­leicht in „Kuss­man-La­bo­ra­to­ri­um“ ab­än­dern.)
    Wie soll­te es an­ders sein? Aber im Grun­de war es nicht wich­tig. Er wünsch­te ih­nen al­les Gu­te.
    Aber für ihn war es Zeit zu ge­hen.
    Er fuhr zur Rho­da

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