Der Katzenelf (German Edition)
ein Seeungeheuer aus, jegliche Lieblichkeit war fort und jeder, der das Bild ansah, musste annehmen, dass ein bösartiges Fabelwesen den schönen Mann mit dem Katzengesicht bedrohte. „Tja, Vailea“, murmelte Isa vor sich hin und malte munter weiter. „In meiner Welt ist es so: Da bist du für mich nicht die Geliebte des künftigen Elfenkönigs, sondern eben nur eine gefährlich lauernde Schlange im Paradies. In meinem Paradies!“ Dieser Entwurf wurde einer ihrer Besten.
Mohan war begeistert, besonders der verschlagene Gesichtsausdruck der Seeschlange hatte es ihm angetan. „Das ist sehr gut geworden, Isa“, meinte er, als sie ihm ihre Zeichnungen vorlegte. „Jetzt kommst du von der sanften Lieblichkeit deiner Protagonisten weg zu richtigen Fantasy Figuren, die manchmal sogar etwas schaurig wirken, aber so faszinieren, dass man selber immer wieder hinsieht! Obwohl sich die kitschigen Entwürfe mit den lieblichen Elfchen besonders gut verkaufen! Aber das ist nun etwas anders und vielleicht erreichen wir durch diese Bilder noch eine weitere Zielgruppe von Käufern, nämlich die Jugendlichen. Der Markt ist noch immer ungesättigt von dieser Art Darstellungen und die Menschen gieren nach Welten, die so sind wie jene, die du zeichnest! Ist ja auch viel romantischer in Bettwäsche mit Nixen und Feen einzuschlafen und dann von solchen Wesen zu träumen als diese ungesunden Albträume von einem unzufriedenen Chef und frustrierten, gewissenlos mobbenden Mitarbeitern im Job zu haben! Ja, das kann ich gut verstehen! Wir werden mit deinen Entwürfen auf unseren Stoffen bald die Marktführer sein und tolle Geschäfte machen! Ich möchte noch viel mehr solche Zeichnungen haben! Schaffst du das in kurzer Zeit?“
„Ich weiß nicht“, meinte Isa. „Ich kann diese Ideen ja nicht aus dem Ärmel schütteln und eigentlich wollte ich mich mal etwas aus meiner ländlichen Einsamkeit lösen. In letzter Zeit gebe ich Anna Recht, die meint, dass ich öfter unter Menschen sollte! Was macht eigentlich unsere Clique?“
„Na ja, Benno ist in Schottland, wie immer auf der Jagd nach antiken Schätzen, Anna sieht man wieder öfter mit Devananda, der anscheinend jedoch auch viel Zeit bei Leuten verbringt, die ganz in deiner Nähe wohnen. Bei den anderen gibt es außer Trennungen und neuen Partnerschaften nichts Neues! Aber da fällt mir ein! Nächstes Wochenende, am Samstag, ist eine großartige Party angesagt, die von unserer Firma finanziert wird, weil einer meiner Kollegen aus USA hier auf Besuch ist und geschäftliche Kontakte mit Logistikunternehmen knüpfen möchte. Viele unserer früheren Freunde werden ebenfalls da sein. Du bist natürlich herzlich eingeladen und musst unbedingt kommen! Da hast du auch die Gelegenheit außer Anna und den üblichen Verdächtigen auch noch neue Leute kennen zu lernen!“
Er gab ihr eine pompöse, in goldener Schrift gehaltene Einladung, die mit dem Namen eines sehr teuren Restaurants versehen war und zeichnete sie vorher ab. „Wir haben Räume in diesem Lokal exklusiv gebucht und sind daher unter uns. Abendkleidung erwünscht! Sei bitte pünktlich, ich freue mich!“
Bei ihrer Rückfahrt nachhause starrte Isa besorgt in das dunkle Grün der Tannen und Fichten, während der kleine Mittelgebirgszug über die Hügel zuckelte. Sie dachte an Mohans so leicht hingeworfenen Satz, dass Anna sich wieder öfter mit Devananda traf. Isa traute diesem Mann nicht und jedes Mal wenn sie ihn sah, fühlte sie sich unbehaglich. Es war schon seltsam. Sie erinnerte sich an den Tag, damals, als er erstmals mit Anna zu ihr ins Haus am See kam. Keiner kannte ihn und niemand hatte vorher jemals etwas von ihm gehört, außer Benno, der erzählte, dass er ihn vor langer Zeit einmal auf einer seiner Reisen in einem Aschram traf. Irgendwie war Devananda ein überdrehter Esoteriker, aber wie viele Menschen, die so überzeichnet ihre Hingabe an diese Grenzwissenschaft demonstrierten, war er sehr geschäftstüchtig und verkaufte die in sämtlichen einschlägigen Werken vorhandenen Lehren als seine von ihm selbst erfundenen Thesen. Sein Klientel waren oft Menschen, die sich von traditionellen Religionen im Stich gelassen fühlten und daher mit den christlichen Werten kaum mehr etwas anfangen konnten, weil sie ihr eigenes Ich nicht mehr fanden, sich nicht mehr spürten und trotzdem sich selbst für das Größte im Universum hielten. Aber manchmal waren es auch Individuen, die die Natur nicht mehr achteten, sondern durch sie
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