Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
Barbar sein konnte. Die helle Haut hatte zusammen mit der einfachen weißen Tunika das Unwir k liche des ersten Eindrucks ausgemacht. Der Mann ve r harrte einige Schritte vor ihm. Lucius fühlte eine völlig unbekannte Regung in sich aufsteigen. Es war Verlege n heit. Er war hier eingedrungen, um einen Barbaren z u rechtzustutzen, doch nun fühlte er selbst sich wie der Rüpel, der in fremde Häuser eindringt und den Bewo h nern ungebeten auf den Leib rückt. Seine Uns i cherheit verstärkte sich noch, so dass Lucius sich durch di e ses unbekannte Gefühl wie gelähmt fühlte. Er wollte am liebsten davonlaufen, doch er fürchtete, dass dies wie eine Flucht aussehen würde. Von seinen geharnischten Reden fiel ihm kein Wort mehr ein, hilflos überlegte er, wie er sich aus dieser unangenehmen Lage befreien ko n nte. Er sah sich um, doch er fand nichts, was ihm helfen ko n nte. Endlich beendete der Barbar seine schweigende Musterung und kam noch einen Schritt näher. Nervös zuckte Lucius Hand an die Stelle, an der sonst der Knauf seines Schwertes war, und im se l ben Moment schämte er sich wieder für seinen Schreckha f tigkeit. Der Barbar schien nichts zu b e merken, sondern kniete vor ihm nieder. Er hob den Kopf, und Lucius sah sich einem Blick ausgesetzt, dessen Schärfe nur schlecht zu den demütigen Worten des Ma n nes passte.„
Seid willkommen, mein Wohltäter! Bitte ve r fügt über euer Haus und über euren Diener.“
Lucius lauschte dem Klang der Worte nach, ohne auf den Inhalt achten zu können. Die Stimme hatte etwas Leichtes, Körperloses, das nachklang, wie das ferne Ra u schen des Meeres. Die Angelegenheit wurde ihm nun eindeutig zu kompliziert. Er murmelte Unve r ständliches und drehte sich auf dem Absatz um, um das Haus zu verlassen. Als er die Eingangstür erreicht hatte, erklang die schwebende Stimme nochmals. Lucius hatte das G e fühl, als spräche der Mann dicht neben seinem Ohr. E r schreckt fuhr er herum, doch der Barbar kniete noch immer an der Stelle, an der er ihn verlassen hatte. Jetzt erhob er sich langsam und wiederholte seine Worte. „Claudius Tullius hat die Zusage, bei den Wahlen zum Ädil auf die Unterstützung der Anhänger des Marius rechnen zu können. Außerdem erhielt er eine kleine En t schädigung in Höhe von zwanzigtausend Sesterzen.“
19. Kapitel
Die Krone aus Gras
Wenn einer der römischen Bürger zurückg e blickt hätte, so wäre er verwundert gewesen, über welche Nebensäc h lichkeiten man sich noch vor nicht allzu langer Zeit hatte aufr e gen wollen. Ein billiger Bestechungsprozess, der dann nicht zustande kam, weil der Zeuge der Anklage nicht mehr erschienen war. Wie harmlos. Das, was jetzt Rom erschütterte, war so bedrohlich, dass niemand mehr die Aufmerksamkeit zurück wandte, sondern alle zi t ternd und bangend in die Zukunft blickten. Alle Feldherren, die Rom je gedient hatten, hatten sich freiwillig gemeldet, um ihrer Heimat aus der Krise zu helfen und die dr o hende Gefahr abzuwenden. Rund um Rom und vor a l lem im Süden der Hauptstadt ha t ten die ehemaligen Bundesgenossen auf eine Aufnahme in den römischen Staat g e drängt. Wie ein heraufziehender Sturm rollten die Forderungen in immer heftiger we r denden Böen gegen den Senat, und immer weniger konnte dieser sich gegen die A n sprüche stemmen. Doch genau das wollten die Senatoren. Die ganze bestehende Ordnung aus Patr i ziern, Rittern und Bürgern wäre in Gefahr, wenn man die zahlenmäßig so bedeute n den Verbündeten in den Staat mit aufnähme; wenn sie Bürgerrechte erhie l ten und die Wahlen nach ihren Vorstellungen beeinflussen könnten; wenn sie die Macht des Senates in Frage stellen könnten und sich der Seite der Popularen zuschlagen würden. Eben damit war zu rechnen, denn die Volkstri b unen hatten es schon immer als eine ihrer besonderen Aufg a ben angesehen, die Forderungen der Verbündeten zu unterstützen und sie zu Vollbürgern zu erklären. Volk s tribunat und die Masse der neuen Bürger würden z u sammen den Senat zu einer Versammlung von Pappk a meraden machen und die politische Gewalt auf unabse h bare Zeit in die Händen nehmen. Immer wieder war es den Aristokraten gelungen, diese Gefahr zu ba n nen, und immer wieder hatten die Popularen neue Persönlichke i ten hervorg e bracht, die sich dieser Sache annahmen und sie mit anderen, für das Volk von Rom bedeutenden Forderungen verknüpften. Die Getreid e verteilung, die Ansiedlung der Veteranen, die Reform des Gerichtsw
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