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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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glitzerte wie Brokat. »Das wird das Erste sein, was wir jeden Morgen beim
Aufwachen sehen, und das Letzte am Abend vor dem Einschlafen. Als würden wir
auf einer Wolke leben.«
    Â»Ich könnte mir keinen schöneren Ort für uns wünschen«, sagte
Chiara.
    Â»Ja, mein Liebling. Ein Ort nur für uns beide. Unser Ort.«
    Er nahm ihr Gesicht zwischen die Hände, und als sie die Augen
schloss und ihre Lippen einander berührten, lösten ihre Zweifel sich in seinem
Kuss auf wie Nebelschwaden in der Morgensonne.
    Â»Ach, Teofilo …«
    Â»Chiara. Mein Herz … Mein Leben …«
    Mit einem Seufzer sank sie in seinen Arm. Die ganze Nacht hatte sie
kein Auge zugetan, so aufgeregt war sie gewesen. Denn in die Vorfreude auf das
Leben mit Teofilo hatten sich immer wieder Zweifel gemischt, ob sie tun durfte,
was sie tat, ohne sich an ihrem ersten Leben mit Domenico zu versündigen.
    Â»Und die Werkstatt in Rom?«, fragte sie, als ihre Lippen sich
voneinander lösten.
    Â»Mach dir keine Sorgen«, sagte Teofilo. »Ich habe dir doch versprochen,
dass ich dir helfe. Mit dem Peterspfennig können wir in jedem Viertel von Rom
ein Armenhaus eröffnen, in der ganzen Stadt, so viele Armenhäuser wie Kirchen,
oder sogar noch mehr.«
    Â»Meinst du wirklich, wir bekommen so viel Geld?«
    Â»Fünfhundert Pfund Silber, Jahr für Jahr! Damit kann man Paläste
bauen!«
    Â»Dann habe ich eine Idee«, sagte Chiara. »Wir machen zu jedem
Armenhaus noch eine Herberge auf, für die Pilger, die nach Rom kommen. Und von
dem Geld, das sie für Unterkunft und Verpflegung spenden, richten wir noch mehr
Werkstätten ein. Für die Armenspeisungen müssen wir ja sowieso Essen kochen,
und außerdem können wir Kruzifixe und Heiligenbilder an die Pilger verkaufen,
die in unseren Herbergen wohnen.«
    Â»Ich wusste gar nicht, dass du so geschäftstüchtig bist.« Teofilo
strahlte. »Ja, wir wollen alles so machen, wie du sagst. Aber an den heißen
Tagen im August, oder im Frühjahr, wenn die Bäume grün werden und die Blumen
blühen und das Gras und die Erde anfangen zu riechen, dann kommen wir hierher.
Dann möchte ich hier mit dir zusammen sein, ganz allein mit dir.« Er hob ihr
Kinn und sah sie an. »Ja, nur du und ich. Und unsere Kinder.«
    Â»Ach, Teofilo«, erwiderte sie leise. »Du weißt doch, dass ich keine
Kinder bekommen kann. Sonst … sonst hätte ich doch längst welche …«
    Â»Pssssssst«, machte er und legte einen Finger auf ihren Mund. Dann
führte er ihre Hand an seine Lippen, und ohne die Augen von ihr zu lassen,
küsste er jede einzelne Fingerspitze. »Wir werden es einfach versuchen, und wer
weiß, wenn die Wassergeister es wollen … – Aber schau nur!«, rief er plötzlich
und zeigte mit dem Finger.
    Ein bunter Schmetterling flatterte durch die Luft, tanzte einen
Augenblick über ihren Köpfen und verschwand dann irgendwo im Himmel.
    Â»Erinnerst du dich?«, fragte er leise.
    Â»Wie könnte ich das vergessen?«
    Seine schwarzbraunen Locken waren ihm in die Stirn gefallen, und
sein Gesicht war auf einmal so andächtig wie damals in ihrem Versteck, als
Teofilo ihr nacktes Bein berührt hatte, unter ihrer Tunika, und sie sich
wünschte, er würde nicht aufhören, sie zu berühren, sondern immer weiter
machen, immer weiter und weiter, während sie eine Gänsehaut bekam und das Herz
ihr bis zum Hals klopfte …
    Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.
    Â»Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich darauf freue, deine
Frau zu werden.«
    18
    Teofilo sprang vom Pferd und warf einem Stallburschen die Zügel
zu. Mit raschen Schritten überquerte er den Burghof und betrat die Halle, in
der ihn nur der ausgestopfte Bär empfing, die Jagdtrophäe seines Vaters. Er
wollte mit seiner Mutter sprechen. Ihr Widerwille gegen Chiara war der einzige
Wermutstropfen in seinem Glück. Seine Mutter war immer sein Schutzengel gewesen – er wollte Chiara nicht ohne ihren Segen heiraten.
    Â»Ist niemand da?«, rief er.
    Eine Magd kam aus der Küche, den Kochlöffel in der Hand.
    Â»Ewige Heiligkeit!«
    Â»Lass den Unsinn«, sagte Teofilo. »Ich bin nicht der Papst. Wo ist
die Herrin?«
    Â»In ihrer Schlafkammer.«
    Â»Um diese Zeit?«
    Â»Ich glaube, sie wollte einen Schal holen. Ihr war kalt.

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