Der Kinderpapst
einem Feldzug gedroht. Der Feigling
hat sofort gekuscht und sich bereit erklärt, Poppo in den Lateran zu führen und
auf den Thron zu setzen. Wahrscheinlich wischt er ihm auch noch den Arsch ab!
Aber worauf zum Teufel wartest du? Vorwärts! Eine Vorhut von Bonifacios Armee
ist schon in der Stadt.«
Teofilo schüttelte den Kopf. »Ich bleibe hier!«
»Bist du verrückt? Wenn Bonifacios Männer dich finden, werden sie
dich am nächsten Baum aufknüpfen!«
Teofilo rührte sich nicht. Wieder tropfte Blut auf sein weiÃes
Kleid. In diesem Moment wusste er, dass seine Schuld noch nicht getilgt war.
»Nein, ich bleibe«, sagte er.
»Damit sie dich aufknüpfen?« Gregorio packte ihn am Arm. »Du
verschwindest jetzt! Und wenn ich dich rausprügeln muss.«
Mit Händen und FüÃen stieà er ihn vor sich her zum Portal. Teofilo
wollte sich wehren. Doch sein Bruder schlug ihn einfach zu Boden und schleifte
ihn hinaus ins Freie.
DrauÃen warteten Ottaviano und Pietro, mit drei gesattelten Pferden.
Wieder versetzte Gregorio ihm einen StoÃ, und er stolperte die Treppe hinunter.
»Bringt ihn nach Tuskulum!«
»Und du?«, wollte Pietro wissen.
Teofilo sah, wie die Miene seines Bruders sich versteinerte.
»Ich habe hier noch ein paar Dinge zu erledigen«, sagte Gregorio.
»Sobald ich damit fertig bin, komme ich nach â¦Â«
20
»Habemus papam! Habemus papam!«
Ganz Rom war auf den Beinen, um dem neuen Papst zuzujubeln, einem
kleinen, zarten Mann, der, flankiert von Bonifacio sowie Petrus da Silva, die
Via Flaminia entlangritt, um die Stadt in Besitz zu nehmen. Während zwei
Reitknechte seinen Schimmel links und rechts am Zügel führten, hielt er sich
mit beiden Händen am Sattelknauf fest und schaute verängstigt in die Menge.
»Wie soll Damasus uns Frieden bringen, wenn er nicht mal aus eigener
Kraft ein Pferd reiten kann?«, fragte Girardo di Sasso, der zusammen mit seiner
Tochter am StraÃenrand stand.
»Wer ist Damasus?«, fragte Chiara abwesend.
»Der neue Papst! Wo bist du nur mit deinen Gedanken?«
»Verzeiht, Vater«, sagte sie. »Ich frage mich gerade nur â¦Â« Sie
sprach den Satz nicht zu Ende.
»Was fragst du dich gerade?«
»Ach nichts.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, wir sollten
jetzt gehen. Ich will Anna nicht länger warten lassen. In der Herberge gibt es
viel zu tun.«
Ihr Vater schaute sie an, aber er drängte sie nicht, weiterzusprechen.
Gemeinsam lösten sie sich aus der Menge und machten sich auf den Weg. Während
sie durch die Gassen liefen und der Lärm sich hinter ihnen allmählich verlor,
versuchte Chiara, sich auf die Aufgaben zu besinnen, die vor ihr lagen, um die
Bedingungen zu erfüllen, die sie mit der Annahme des Peterspfennigs eingegangen
war. Dank der Hilfe Abt Bartolomeos und seines Priors kam die Klostergründung
zügiger voran, als sie erwartet hatte. Alle Eingaben waren zu ihren Gunsten
beschieden worden, als Sitz der Ordensgemeinschaft hatte die zuständige
Kongregation Grottaferrata bestimmt, in Anbindung an das dortige Männerkloster,
und auch ihre Aufnahme in die Gemeinschaft der Benediktinerinnen hatte den
nötigen Zuspruch gefunden â zu Allerheiligen sollte sie in den Orden eintreten.
Das nächste Weihnachtsfest würde sie bereits als Nonne feiern. Doch auf eine
Frage hatte sie nach wie vor keine Antwort.
Durfte sie Teofilo noch einmal sehen, bevor sie den Schleier nahm?
Sie hatte solche Angst vor einer Begegnung, dass sie kaum denken
konnte. Wieder sah sie ihn vor sich, auf seinem mächtigen Schlachtross, an der
Seite seines Bruders und des Grafen von Tuscien, drei Barbaren, die mit ihrem
Heer in die Stadt eingefallen waren, um alles zu verwüsten ⦠Und trotzdem, die
Vorstellung, Teofilo nie wieder zu sehen, machte ihr noch mehr Angst. Was immer
geschehen war, Teofilo war der Mann, den sie liebte.
»Werden die Tuskulaner sich dem neuen Papst unterwerfen?«, fragte
sie ihren Vater, als sie in die Gasse einbogen, in der ihre Herberge lag. »Oder
glaubt Ihr, sie werden einen neuen Krieg anfangen?«
»Soviel ich weiÃ, haben sie sich in die Berge zurückgezogen«,
erwiderte er.
»Aber heiÃt das, dass sie auch dort bleiben ?
Oder wollen sie nur ihre Truppen sammeln, bevor sie zurückkehren?«
Ihr Vater hob unschlüssig die Arme. »Das weià Gott allein. Er
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