Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
Vom Netzwerk:
»Der Herr sei seiner Seele gnädig«, sagte
er. Dann straffte sich sein Gesicht. »Wen schlagt Ihr als Nachfolger vor?«
    Der Kanzler zögerte. »Um ehrlich zu sein, Majestät, ich kann Euch
keinen Namen nennen.«
    Â»Wie bitte?«, fragte der Kaiser. »Wollt Ihr etwa sagen, es gibt in
der ganzen Heiligen Stadt nicht einen Mann, den Ihr für geeignet haltet, den
Stuhl Petri zu besteigen? Ist Rom eine solche Bande von Verbrechern?«
    Petrus da Silva rieb sich die Wange. »Es ist weniger eine Frage der
Eignung, als vielmehr …«
    Â»Als vielmehr was?«
    Â»Der Angst, Majestät. Jeder römische Kardinal, den ich gefragt habe,
lehnt eine Kandidatur ab. Weil jeder fürchtet, dass dieses Amt den Tod
bedeutet.«
    Â»Aber Ihr habt doch gesagt, Damasus sei eines natürlichen Todes
gestorben? Das ist doch die Wahrheit, oder?«
    Â»Was bedeutet schon Wahrheit?«, erwiderte der Kanzler mit einem
Seufzer. »Angst ist stärker als Vernunft.«
    Â»Das wird ja immer besser! Die eine Hälfte Roms besteht aus
Verbrechern, die andere aus Feiglingen!«
    Heinrich schlug seinen Mantel zurück und wandte sich zum Altar.
Zwischen den vergoldeten Säulen wirkte er wie Gottes Feldherr.
    Â»Es gibt vielleicht eine Ausnahme«, sagte Petrus da Silva.
    Â»Nämlich?« Der Kaiser fuhr so heftig herum, dass sein langes
schwarzes Haar ihm in den Nacken fiel. »Nennt mir den Namen!«
    Â»Bonifacio di Canossa, der Markgraf von Tuscien.«
    Â»Wollt Ihr Euch über mich lustig machen? Bonifacio ist kein Bischof,
er wurde nicht mal zum Priester geweiht.«
    Â»Ich weiß«, erklärte Petrus. »Aber nach kanonischem Recht ist die
Priesterweihe keine zwingende Voraussetzung, um einen Mann zum Papst zu
ernennen. Es reicht, wenn wir ihm das Sakrament vor der Inthronisierung
spenden.«
    Â»Kommt nicht in Frage«, erwiderte Heinrich. »Bonifacio ist ein
Verräter, der die Seiten wechselt wie sein Wams! Er hat sich meinen Befehlen
widersetzt und mir die Gefolgschaft verweigert.«
    Â»Man könnte Verträge schließen«, sagte Petrus da Silva.
    Â»Die Bonifacio brechen wird, sobald es ihm günstig erscheint!«
    Â» Herrsche und teile ! Bonifacio hat als
einziger Italiener die Autorität, Rom und der Kirche den Frieden zu geben.«
    Â»Bonifacio wird Rom in die Hauptstadt eines unabhängigen italienischen
Reichs verwandeln. – Nein«, schnitt der Kaiser Petrus das Wort ab, als dieser
etwas einwenden wollte. »Nur über meine Leiche!«
    Er ließ den Kanzler stehen und durchmaß mit großen Schritten das
Kirchenschiff. Petrus da Silva konnte nicht umhin, ihn zu bewundern. Heinrich
war nicht nur ein frommer Diener Gottes, sondern auch ein geborener Herrscher.
Der Kaiser hatte ja Recht: Bonifacio war zwar ein geeigneter Kandidat zur
Rettung Roms und der Kirche, aber vor allem war er eine Gefahr für die
kaiserlichen Interessen in Rom.
    Â»Bruno«, sagte der Kaiser in die Stille hinein.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Bruno von Egisheim, der Bischof von Toul.«
    Petrus da Silva begriff. »Ist das der Mann Eurer Wahl?«, fragte er.
    Â»Ja«, bestätigte Heinrich. »Bruno ist nicht nur ein Bischof von
apostolischer Tugendstrenge und unbeirrbarer Durchsetzungskraft, er erfreut
sich auch außergewöhnlicher Robustheit. Ihn wird weder die römische Hitze noch
das römische Verbrecherpack ängstigen. Ich kenne ihn, er ist mit mir verwandt,
ein Vetter zweiten Grades. Ihm kann ich vertrauen.«
    Petrus da Silva holte tief Luft. Dann nahm er ein Stück Pergament,
kritzelte ein paar Zeilen darauf, rollte den Bogen zu einer winzigen Rolle
zusammen und winkte schließlich einen Diakon zu sich, der einen Käfig mit einer
gurrenden Taube bei sich trug.
    Â»Was wollt Ihr mit dem Vogel?«, fragte Heinrich verwundert.
    Petrus da Silva öffnete den Käfig und schob die Pergamentrolle in
ein hölzernes Röhrchen, das mit einem Ring am Fuß des Tieres befestigt war.
    Â»Die Taube ist das Symbol des Heiligen Geists«, sagte er. »Sie soll
den Römern die frohe Botschaft bringen, dass sie wieder einen Vater haben.«
    7
    Â»Platz da! Aus dem Weg!«
    Ohne Rücksicht auf die Passanten, die kreischend zwischen die Buden
flohen, galoppierte Teofilo über die Tiberbrücke, die Trastevere mit dem
Stadtgebiet verband. Nachdem Chiara in der Einsiedelei vor ihm geflohen war,
hatte er sich in

Weitere Kostenlose Bücher