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Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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und fuhr wieder davon.
    »Ich werd mich dann auch auf die Socken machen«, sagte Anne. »Ich nehme wieder dasselbe Hotel in Siena, das ich hatte. Es ist gar nicht so furchtbar teuer, und es ist okay. Aber ich denke, wir bleiben in Kontakt. Ich lasse mir jetzt das Geld aus Deutschland schicken, und dann machen wir nächste oder übernächste Woche den Vertrag. ja?«
    »Kommt überhaupt nicht infrage. Du bleibst hier. Wir haben zwei Häuser! Das ist ja wohl genug für drei Menschen! Da kannst du dir das Hotel sparen.« Enrico war dermaßen bestimmend, dass es ihr sauer aufstieß.
    »Und Carla...?« Anne hatte ein verdammt mulmiges Gefühl, was diese fremde Frau betraf. »Was soll sie denken, wenn ich hier bereits wohne? Es reicht schon, wenn dieser Aldo jetzt lauter Schauergeschichten herumposaunt, nachdem er mich gesehen hat. Und Carla hat ja noch keine Ahnung, dass ich das Haus kaufen will. Willst du es ihr nicht erst mal schonend beibringen, wenn ihr allein seid?«
    »Nein«, sagte Enrico.
    »Meinst du nicht, dass sie einen Schock kriegt, wenn sie mich hier antrifft?«
    »Nein«, sagte Enrico wieder, und Anne zuckte zusammen. Dieses >Nein< klang wie ein Eiswürfel, der in ein leeres Wasserglas fällt.
    Enrico war äußerst gelassen. »Sie wird keine Umstände machen. Glaub mir.«
    Anne verstummte irritiert. Was sollte sie jetzt machen? Bleiben? Oder doch fahren?
    Enrico schien Annes Unsicherheit zu spüren und fügte hinzu: »Außerdem müsst ihr euch kennen lernen. Carla liebt dieses Haus. Aber noch mehr liebt sie ihren Garten, ihre Blumen, ihre Kräuter rings ums Haus. Das ist alles ihr Werk. Das sind ihre Kinder. Sie muss wissen, wem sie all das überlässt. Und es wird leichter für sie sein, wenn sie dich mag.«
    »Oh, mein Gott!« Anne schob sich den Pony aus der schweißnassen Stirn. Sie hatte jetzt erst recht Lust abzuhauen, all das hinter sich zu lassen. Sie wollte ein Haus kaufen — aber auf diesen ganzen Psychoterror konnte sie gut verzichten.
    Sie drehte sich um und ging in die Mühle. Verdammt noch mal, das war Enricos Beziehung, und das war auch Enricos Problem. Sie hatte damit überhaupt nichts zu tun. Sieh's locker, sagte sie sich, du hast mit dem Kerl nicht geschlafen, also brauchst du auch kein schlechtes Gewissen zu haben. Und wenn du das Haus nicht kaufst, kauft es ein anderer. Im Grunde kann es dir scheißegal sein, wie diese Carla reagiert.
    Das alles sagte sie sich, aber sie glaubte selbst nicht daran. Sie nahm ihr Handy und stieg auf den Berg, um Harald und ihre Mutter anzurufen.
    Sie erwischte Harald in der Mittagspause. Er hatte gerade ein tiefgekühltes Fertiggericht, Königsberger Klopse mit fünf Rosenkohlröschen und drei Kartoffelstücken, in die Mikrowelle geschoben. »Ein fürchterliches Essen«, sagte er. »Schlimmer als im Krankenhaus. Aber was soll man machen?« Er bemühte sich, in seinem Satz keinen Vorwurf durchklingen zu lassen.
    Vielleicht vermisst er mich wenigstens als Köchin, dachte Anne, wenigstens das.
    Sie sagte ihm, dass sie das Haus so gut wie gekauft habe, der Vorvertrag sei bereits unterschrieben. Danach machte sie eine Pause und wartete auf Vorwürfe, Ermahnungen oder zumindest Vorträge — aber es kamen keine. Harald war ganz sanft, als er sagte: »Du wirst es schon richtig machen.«
    Das nahm ihr den Wind aus den Segeln. Sie war auf eine längere Verteidigungsrede gefasst gewesen.
    »Und, wie geht's dir?«, fragte sie.
    »Es ist ruhig im Moment. In der Praxis sind hauptsächlich Touristen, die sich den Pelz verbrennen oder in Seeigel treten.
    Eigentlich könnte ich eine Weile dichtmachen und zu dir kommen.«
    Anne traute ihren Ohren nicht. Alles hatte sie erwartet, aber nicht diese Töne aus dem Mund ihres Mannes. Er schnurrte ja geradezu.
    »Warte bis ich das Haus gekauft habe, ja? Bis Enrico und Carla ausgezogen sind. Dann können wir hier schalten und walten wie wir wollen, und dann brauche ich dich bestimmt.«
    »Ich wollte eigentlich nicht nur als Möbelpacker kommen.« Jetzt war er doch leicht verschnupft.
    »So hab ich das auch nicht gemeint.« Ein bisschen hatte sie es schon so gemeint. Und das wusste Harald auch. Es war wunderbar, wenn jemand da war, der schnell und problemlos die Lampen anbringen, die Gasflaschen auswechseln und Regale aufhängen konnte. Aber am allerwichtigsten war, dass Harald jetzt nicht hier auftauchte und versuchte, ihr das Haus noch aus zureden. Sie wollte, dass er erst kam, wenn alles unter Dach und Fach und nicht mehr

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