Der Kindersammler
wundervolle Ruine gefunden. Sie wird dir gefallen. Wir gehen nächste Woche zum Notar. Ich schätze, vier Wochen ..., dann habe ich ein, zwei Zimmer fertig, in denen wir uns provisorisch einrichten können. Den Rest baue ich dann in Ruhe.«
Carla schwieg. Enrico zog sie kurz an sich. »Es ist Sommer, Carla. Da leben wir sowieso nur draußen. Wenn du willst, können wir auch unter freiem Himmel schlafen.« Er nahm ihr Gepäck. »Komm, lass uns gehen.«
Sie trottete stumm neben ihm her, und er wusste, was sie jetzt dachte. Warum tust du das alles, ohne mich zu fragen? Ohne es mit mir zu besprechen! Warum stellst du mich immer vor vollendete Tatsachen? Warum redest du nie mit mir, wenn du unserem Leben eine komplett andere Richtung geben willst? Sicher dachte sie so, aber sie sagte es nicht. Sie war nicht in der Lage, ihm Vorwürfe zu machen, sondern so grenzenlos enttäuscht, dass jedes Wort zu nichtig, zu klein gewesen wäre.
Jede andere Frau hätte ihr Gepäck genommen und wäre mit dem nächsten Zug zurück nach Deutschland gefahren. Aber nicht Carla. Carla tat seit vielen Jahren alles, was er von ihr verlangte, und ertrug stoisch, was er ihr zumutete. In manchen Nächten, wenn er allein war und bei absoluter Dunkelheit am Tisch saß, um besser denken zu können, hatte er überlegt, ob dies Carlas Stärke oder Schwäche war. Er wusste es nicht. Aber es war wichtig für ihn, dass sich zumindest daran nichts änderte.
»Wie geht es deinem Vater?«
»Schlecht«, sagte sie. »Er leidet sehr darunter, dass ich wieder nach Italien gefahren bin.« ... Und es wäre besser gewesen, wenn ich bei ihm geblieben wäre, jetzt, wo du mein geliebtes Tal verkauft hast..., hätte sie eigentlich noch hinzufügen wollen, aber sie tat es nicht.
Enrico nickte. Der Satz klang ihm ohnehin in den Ohren. Er hatte mit den Jahren gelernt, alles zu hören, was sie verschwieg, hinunterschluckte oder mühsam in sich hineinfraß.
Als sie im Tal ankamen, hatte Anne den Tisch unterm Nussbaum gedeckt und das Abendbrot vorbereitet, und Enrico beschloss, den beiden Frauen das Feld zu überlassen. Er wollte sich aus allem heraushalten.
Carla begrüßte Anne freundlich und distanziert, Anne versuchte, sich so oft wie möglich mit Carla solidarisch zu zeigen, und war um einen besonders herzlichen und warmen Ton bemüht. Dennoch war die Atmosphäre äußerst unangenehm.
Carla stocherte in ihrem Salat herum, als würde er vor Maden
nur so wimmeln, und würgte dann an einem Stück Käse, als sei es aus Hartgummi. Als sie es endlich heruntergeschluckt hatte, murmelte sie »Entschuldigung« und rannte ins Haus.
»Willst du nicht nach ihr sehen?«, fragte Anne Enrico.
Enrico schüttelte den Kopf »Es ist schon in Ordnung. Das hat sie manchmal.«
Anne stieg die toscanische Treppe hinauf und konnte von der Terrasse aus durch die verglaste Tür ins Schlafzimmer sehen. Carla saß auf dem Bett und weinte. Anna klopfte an die Tür. »Carla, kann ich reinkommen?«
Carla sah sie aus verweinten Augen wütend an, stand auf und zog die Gardine vor der Terrassentür mit einem Ruck zu. Das war deutlich. Anne hörte, dass das Schluchzen wieder einsetzte, und ging langsam die Treppe hinunter.
Enrico war es egal. Carla musste sich eben mal richtig ausweinen. Das konnte nicht schaden. Er war rundum zufrieden. Es war gut und richtig, dass Anne Valle Coronata kaufte, und Carla würde es irgendwann verstehen und ihm verzeihen. So wie sie ihm bisher immer alles verziehen hatte.
56
Kai kannte Dottore Bartolini, den Notar in Montevarchi, sehr gut, er wickelte all seine Immobiliengeschäfte über ihn ab. Er hatte mehrmals mit Bartolini telefoniert, die Kaufverträge aufsetzen lassen und mit Anne jede Passage durchgesprochen. Anne war ihm dankbar dafür, sie machte sich am Rand der Kopie Notizen, obwohl sie sich ihrer Sache völlig sicher war. Sie vertraute sowohl Kai als auch Enrico absolut.
Enrico lehnte es ab, die Verträge vorher zu lesen. »Misstrauen ist keine gute Geschäftsgrundlage«, sagte er. »Wenn ich der Meinung wäre, dass ich betrogen werde, sollte ich nicht in diesem Land leben.«
»Fiamma ist raffiniert«, meinte Kai, »sie hat ein paar Passagen ändern lassen, ich würde sie dir gern erklären.« »Ich werde es ja hören, wenn der Notar den Vertrag vorliest«, bremste Enrico. »Ich habe wirklich Wichtigeres zu tun, als mich schon vorher mit schrecklichen Verträgen zu befassen. Am liebsten würde ich alles mit Handschlag regeln.«
Er ist wirklich
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