Der Kindersammler
Wasser. Er dr ü ckte beide Handfl ä chen gegen die Schl ä fen. So fest er nur konnte. Ich muss die Polizei rufen. Sie m ü ssen kommen und Benny im Kanal suchen. Sie m ü ssen Taucher mitbringen. Und Sp ü rhunde. Vielleicht hat er sich nur irgendwo im Gestr ü pp verfangen.
Peter Wagner stand langsam auf. Er konnte seine Knie kaum strecken, so steif waren sie nach dem Sitzen in der K ä lte. Er wusste, dass es besser und richtig war, aber es fiel ihm schwer, Bennys Tasche und seine Sachen im Dreck liegen zu lassen.
Ein paar Meter weiter oben, auf dem Weg, ging ein Mann vorbei. Er trug einen Mantel, aber keine M ü tze, keinen Schal und keine Handschuhe. Er war Anfang drei ß ig, schlank und durchtrainiert und hatte welliges Haar. Seine Schritte waren nicht eilig, aber z ü gig. Er bemerkte den Lichtkegel der Taschenlampe in Ufern ä he und musste unwillk ü rlich l ä cheln. Ach ja, die
Schultasche, dachte er, jetzt erst finden sie die Tasche. Nun bin ich doch nicht mehr dazu gekommen zu unterschreiben. Aber egal. Mein Liebling hat jetzt keine Probleme mehr. Nicht mit seinen Eltern und nicht mit seinen Lehrern. In Gedanken warf er eine Kusshand in Richtung Laubenkolonie. Schlaf sch ö n, mein kleiner Prinz!
Dann beschleunigte er seinen Schritt.
Als Peter Wagner im Laufschritt zur Telefonzelle lief, sah er den schwarzen Schatten des Mannes in eine Nebenstra ß e abbiegen. Er schenkte ihm keine Beachtung.
11
Am n ä chsten Morgen wachte Alfred p ü nktlich auf und nahm sich viel Zeit f ü r seine Yoga ü bungen. Was er gestern verpasst hatte, wollte er heute nachholen. Er sp ü rte, wie mit jeder Ü bung seine Beweglichkeit gr öß er wurde. W ä rme str ö mte allm ä hlich durch seinen K ö rper, und er f ü hlte sich ausgesprochen wohl.
Auch der Blick aus dem Fenster erschien ihm l ä ngst nicht so trostlos wie sonst, zumal sich das Wetter erheblich gebessert hatte.
Es schneite nicht mehr, und vielleicht w ü rde gegen Mittag sogar die Sonne rauskommen. Zeit f ü r einen ausgedehnten Spaziergang, dachte Alfred. Einen Spaziergang am Kanal.
Um halb neun trat er aus dem Haus. Werner w ü rde noch nicht da sein, er k ö nnte also auch im Fu ß balltreff « seinen Morgenkaffee trinken.
Karl-Heinz, der Wirt des » Fu ß balltreffs « , hatte die St ü hle noch nicht von den Tischen ger ä umt und wischte die Theke, als Alfred hereinkam.
» Bin gleich so weit « , meinte er als Begr üß ung, » Croissants kannste haben, wenn du willst. «
» Wunderbar. « Alfred zog seinen Mantel aus.
» Warst ja lange nich hier « , meinte Karl-Heinz, w ä hrend er zwei Croissants auf einen Teller legte und die Kaffeekanne aus der Maschine nahm. » Was'n los? «
» Nichts. Viel zu tun. «
Karl-Heinz nickte. » Guten Appetit. «
Alfred liebte diese Croissants, die eine leichte Puddingf ü llung hatten und mit einer Zuckerglasur ü berzogen waren. Sie waren die ideale s üß e Erg ä nzung zum Kaffee.
» Warste schon am Kanal? « , fragte Karl-Heinz.
Alfred hatte den Mund voll und sch ü ttelte nur den Kopf.
» Is die H ö lle los. Taucher, Polizisten, Hunde und wat wee ß ick nich noch aller. Sie suchen einen kleinen Jungen. «
In diesem Moment kam Werner herein. Ein Strahlen ging ü ber sein Gesicht, als er Alfred sah.
» Morgen Alfred, mein Bester! Was f ü r eine Ü berraschung! «
Alfred grunzte nur und zwang sich zu einem L ä cheln.
Werner griff einen Barhocker und schob ihn so dicht wie m ö glich neben Alfreds. » Ich hab dich vermisst, mein Gutster, ich wollte dich doch unbedingt malen! Hast du ein bisschen Zeit? «
» Leider nicht « , sagte Alfred und stand auf. » Ich muss nach G ö ttingen. Meine Mutter ist gestorben. «
» Ach Cottchen « , murmelte Werner. Er war entt ä uscht. Karl-Heinz schob ihm wortlos den Kaffee ü ber den Tresen.
» Was macht das? « , fragte Alfred.
» Zwei vierzig. «
Alfred hatte es passend und legte die M ü nzen direkt in die Hand des Wirtes. Dann nahm er seinen Mantel. » Bis zum n ä chsten Mal, Werner « , sagte er freundlich. » Dann kannst du mich malen. Sogar in Farbe, wenn du willst. «
Werner schl ü rfte seinen Kaffee laut. » Verarsch mich nicht! « , brummte er.
» Sch ö nen Tag noch « , sagte Alfred zu Karl-Heinz und verlie ß die Kneipe. Lange h ä tte er es jetzt sowieso nicht mehr im » Fu ß balltreff « ausgehalten, er wollte dabei sein, wollte sehen, was am Kanal vor sich ging.
12
Karsten Schwiers war jetzt seit drei ß ig Jahren im
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