Der Kindersammler
nicht wahr«, sagte sie. »So etwas gibt es nicht auf dieser Welt.«
Kai lächelte. »Ich weiß nicht, ob es dir schon aufgefallen ist ..., aber das Haus hat keine Heizung. Das musst du wissen. Bei aller Romantik — aber das ist ein Problem.«
»Und wie duscht man hier? Kalt?«
Kai trat aus der Tür und öffnete draußen vor dem Bad einen kleinen Verschlag. »Hier wird immer eine Gasflasche angeschlossen, die das Wasser beheizt. Die Gasflaschen muss man nach Ambra bringen und auffüllen lassen. Es funktioniert — aber es ist verdammt umständlich. Auch in der Küche ist eine Gasflasche unter dem Herd.«
Anne nickte. Nun ja, warum auch nicht. Wenn sie Bequemlichkeit gesucht hätte, hätte sie sich auch eine Wohnung in WanneEickel nehmen können.
Als sie wieder auf den Hof traten, stand Enrico abwartend und mit verschränkten Armen auf dem Weg, was Anne erneut irritierte.
»Ein wunderschönes Haus«, sagte sie. »Kaum zu glauben, dass Sie es gerade restauriert haben. Es macht den Eindruck, als sei es seit hundert Jahren unverändert.«
»Dieses Haus und auch das Leben hier haben mit Kunst zu tun«, meinte Enrico leise. »Aber sieh dir ruhig die Mühle an.«
Die Mühle war — genau wie das Haupthaus — nur mit alten, gebrauchten Materialien, schiefen Balken und verwitterten Steinen gebaut. Sie hatte zwei Räume, die durch eine wacklige Stiege miteinander verbunden waren, und ein kleines Bad. Vor der Mühle lag eine in flachen Stufen abfallende Terrasse, die direkt zum Naturpool führte, durch den die Quelle floss. Eine dunkle Grotte war nur von außen zu betreten, die aber die Hälfte des Jahres unter Wasser stand, wie Anne von Kai erfuhr. Insofern war sie so gut wie nicht zu gebrauchen. Ein Tummelplatz für Kröten, Frösche, Schlangen und Molche — weiter nichts.
Anne ging zum Pool und setzte sich auf einen Baumstamm, der als Bank diente. In Panik sprangen mehrere Frösche ins Wasser und versteckten sich in den dichten Algen am Rand.
»Ich kaufe das Haus«, sagte sie. »Hier kann ich mein Leben total umkrempeln. Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, aber es ist zumindest eine Chance.« »Wie wär's, wenn du dir noch fünf, sechs andere Objekte ansiehst und dich dann entscheidest? Ich würde an deiner Stelle nichts übereilen, oder hast du es so eilig?«
»Nein. Aber ich werde wahnsinnig, wenn ich es nicht kriege. Wenn morgen ein anderer kommt und es kauft.«
»Ich werde es niemandem anbieten, bis du dich entschieden hast.«
»Aber weißt du, wie es der Teufel will? Vielleicht hat Enrico noch andere Makler beauftragt oder im Dorf erzählt, dass er verkaufen will. Nein, nein, nein.« Anne wurde allein bei dem Gedanken an diese Möglichkeit nervös. »Nein, Kai. Ich brauche nichts anderes mehr zu sehen, denn so etwas wie dieses Haus hier gibt es nie wieder. Ich kenne die Häuser in der Toscana. Sie liegen wunderschön und malerisch drapiert auf einem Hügel, mit einigen Zypressen drum herum und einer eleganten Auffahrt. Nein. So etwas will ich nicht. Ich will dieses. Irgendetwas ist hier. Frag mich nicht, was. Aber ich bin nicht mehr in der Lage, zurück nach Siena zu fahren und dieses Haus zu vergessen.«
»Sicher.« Kai hatte damit gerechnet, dass Anne dieses Haus kaufen würde, aber dieser schnelle Entschluss war ihm unheimlich. »Wollen wir noch mal durch alle Räume gehen?«
Anne lächelte. »Ich denke, wir sollten erst einmal mit Enrico sprechen.«
Enrico stand in der Küche und kochte drei Espressi.
»Habt ihr Appetit auf einen Kaffee?«
»Gern«, sagte Kai. »Sehr gern«, antwortete Anne.
»Setzt euch nach draußen unter den Nussbaum, ich komme gleich.«
Der gesamte Innenhof zwischen den beiden Häusern war eine einzige große Terrasse und wirkte wie ein Sommer-Wohnzimmer. Ein flüchtig und provisorisch gezimmerter Holzzaun bewahrte einen davor, die hohe Steinmauer zum Bach hinunterzustürzen. Anne setzte sich und hatte die Mühle im Blick.
»Mein Gott, ist das schön. Ich kann die Atmosphäre gar nicht beschreiben ... Es ist friedlich, es ist wild und urwüchsig, es ist still und romantisch, der Wald ist dunkel und bedrohlich, aber er wirkt auch beschützend, es ist einsam, und doch fühlt man sich geborgen ... Aber vor allem ist dieser Platz hier nicht von dieser Welt. Hier taucht man ab in die Vergangenheit.«
»Du hast Recht«, sagte Kai. »Du musst dieses Haus wahrscheinlich wirklich kaufen.«
Enrico kam über den Kies zu ihnen an den Tisch. Sein Gang war federnd und leicht, obwohl
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