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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aber eben das hatte Erna bisher nicht fertiggebracht. Ihr Leben war von einer Normalität, die in ihren Kreisen bereits als anormal auffiel.
    Ich werde Arno um Verzeihung bitten, dachte sie, und mit ihm die Flasche Champagner trinken. Es wird noch eine schöne Nacht werden, auch wenn wir nur schlafen werden. Nebeneinander schlafen. Wissen, daß der andere bei einem ist. Seinen Atem hören, seine Bewegungen, sein Schnarchen. Einmal wird das nicht mehr sein, dann wird man allein liegen und neben sich das leere Bett haben. Ein Gedanke, der einem das Herz abdrückt …
    Sie wollte sich von der Reling entfernen, als sie plötzlich hinter sich ein Geräusch hörte. Einen Wimpernschlag lang erstarrte sie, wollte sich umdrehen, aber da traf sie schon der heftige Stoß in den Rücken.
    Mit einem hellen Schrei taumelte Erna Falkenhausen nach vorn, fiel auf die Knie, drehte den Kopf zur Seite, hörte ein durchdringendes Lachen und versank in Ohnmacht.
    Zwei kontrollierende Matrosen fanden sie fünf Minuten später ausgestreckt auf dem Promenadendeck liegend. Der Reißverschluß ihres Kleides war heruntergezogen … es sah ganz danach aus, als sei der Täter bei einer Vergewaltigung gestört worden.
    Dr. Schmitz hatte im harten Wettstreit mit Hallinsky das neunte Glas Bier geschafft, als er gerufen wurde.
    »Sofort ins Hospital! Anordnung des Kapitäns.«
    »Dieses Schiff ist ein Irrenhaus!« sagte Hallinsky und setzte seinem neunten Bier noch einen Doppelkorn drauf. »Nicht mal eine Wette kann man durchziehen. Fangen wir morgen noch mal an, Doktor?«
    »Versprochen … Sie kriege ich klein, Herr Hallinsky …«
    Im Hospital erwartete ihn wieder die alte Versammlung: Kapitän Hellersen, der Leitende Erste Hartmann, der Sicherheitsoffizier Dornburg. Nur lag auf der Liege diesmal kein Mann, sondern eine ohnmächtige Frau. Neben ihr stand ein Herr, offenbar ihr Ehemann, streichelte immer wieder ihr Gesicht und rief leise: »Erna … Erna, hörst du mich? … Erna … mein Schatz … wach doch auf … Ich bin bei dir …«
    »Was ist denn hier los?« fragte Dr. Schmitz beim Eintreten.
    »Eine versuchte Vergewaltigung«, sagte Dornburg heiser.
    »O nein!« Dr. Schmitz faßte sich an den Kopf. »Wo denn?«
    »Auf dem Promenadendeck.«
    »Ausgerechnet dort! Da muß aber einer Überdruck gehabt haben.«
    »Lassen Sie die dämlichen Bemerkungen, Doktor!« schrie Falkenhausen außer sich. »Tun Sie was! Meine Frau kann am Schock sterben.«
    Dr. Schmitz schnaufte durch die Nase und kam näher. Hellersen hielt ihn diskret am Ärmel fest.
    »Sie sind ja betrunken, Doktor!« flüsterte er.
    »Aber ich sehe, höre und rieche noch alles … das ist das Urgesetz für einen Arzt, habe ich gelernt. Wenn diese drei in Ordnung sind, darf man mit der Diagnose beginnen. Na denn!« Er beugte sich über Erna Falkenhausen, blickte über ihren Körper und fragte dann laut: »Wieso ist die Dame vergewaltigt worden? Hat man sie hinterher wieder angezogen?«
    »Man hat versucht, sie zu …« Falkenhausen räusperte sich. Das schreckliche Wort stak in seinem Hals fest.
    »Der Unhold wurde gestört«, sagte Hellersen. »Aber er konnte noch den Reißverschluß des Kleides herunterziehen.«
    »Und wer hat gestört?«
    »Die Patrouille.«
    »Was hat sie gesehen?«
    »Natürlich nichts!« sagte der Leitende Erste. »Den beiden ist zur Strafe der Landgang in Singapur gestrichen worden.«
    »Nun tun Sie doch mal was, Doktor!« rief Falkenhausen empört. »Alles Fragen ist doch jetzt unwichtig.«
    Schwester Emmi hatte bereits wie immer vorausdenkend als gute Schwester eine Injektion gegen Schock aufgezogen und reichte die Spritze Dr. Schmitz. Der schob jedoch ihre Hand zur Seite, schraubte eine Flasche Kölnisch Wasser auf und hielt sie Erna Falkenhausen unter die Nase.
    »Wie im Mittelalter«, schnaubte Arno. »Ich werde mich bei der Reederei beschweren.«
    Mochte es sein, daß Kölnisch Wasser wirklich ein Wundermittel ist, oder verflüchtigte sich die Ohnmacht von selbst: Erna schlug die Augen auf, sah mit starrem Blick ihren Mann an und sagte ganz schwach:
    »Der … der Klabautermann!«
    »Erna, mein Schatz …«, stammelte Falkenhausen. »Komm zu dir. Es ist ja alles vorbei. Du bist in Sicherheit … bei mir …«
    »Er war es, der Klabautermann!« sagte sie, schwer atmend. »Ich habe ihn gesehen … und gehört … Einen Stoß in den Rücken hat er mir gegeben … o Gott …«
    Falkenhausen war der Verzweiflung nahe. Er umfaßte Ernas Kopf, küßte ihr Gesicht

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