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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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mitzuerleben.
    Ob es in Großbritannien auch solche prächtigen Herbstfarben gab? Bestimmt. Die Nachricht, dass das 306. Geschwader der 8. US-Luftflotte zugewiesen würde, hatte Walt einen doppelten Sieg eingebracht: Sie würden im verbündeten, zivilisierten und altehrwürdigen England stationiert werden – und Cracker hatte unrecht behalten. Die Zeitungen von heute verkündeten den ersten Einsatzerfolg der 8. Luftflotte, bei der zwölf B-17-Bomber Zugdepots im französischen Rouen bombardiert hatten. Bald würde das 306. seinerseits den Flächenbrand anheizen.
    Walt ging vorsichtig mit dem Schnitzmesser über das Seitenwerk. Mit dem abgerundeten Heckruder war die B-17 unverwechselbar. Sie war schon ein toller Vogel. Schnittiges Design, nicht so ein Kasten wie die B-24 Liberator. Die Baureihe F hatte gegenüber dem Vorgänger, dem E-Modell, einige Vorteile: mehr Panzerung, größere Propeller, den Wright-R-1820 Sternmotor und eine randlose Bugkanzel aus Plexiglas, die für den Bombenschützen und den Navigator die Sicht erheblich verbesserte.
    „Hey Novak. Du hast Post.“ Frank Kilpatrick kam in schnellem Schritt angelaufen. Der Kerl machte nichts langsam, außer vielleicht das morgendliche Aufstehen von der Pritsche. „Ich war so frei, deinen Brief mitzunehmen. Dachte mir schon, dass du hier draußen unseren Mädels schöne Augen machst.“ Er nickte in Richtung der Flugzeuge.
    Walt streckte lachend die Hand aus.
    „Mal sehen, was wir hier haben.“ Frank hielt prüfend einen Briefumschlag hoch. „Mom und Dad. Recht dick, aber nicht dick genug für selbst gebackene Cookies. Und was ist das? Ist das möglich? Tatsächlich. Ein Brief von der liebreizenden, charmanten und unberührbaren Miss Allegra Miller.“
    Walts Herz machte einen Sprung. „Gib schon her.“
    „Nicht so schnell. Ich kann durch den Umschlag sehen: ‚Mein liebster Schatz, deine Männlichkeit hat mir gezeigt, was für ein Waschlappen Brewster ist.‘“
    „Er heißt Baxter. Und er ist kein Waschlappen.“
    „Erinnerst du dich an seinen Händedruck? Der schlabberigste Waschlappen, den ich je gesehen habe. Ich bin verblüfft, dass er mit einem Mädchen ausgehst, wenn du verstehst, was ich meine.“
    Walt verdrehte die Augen. Er war ganz Franks Meinung, aber das sollte sein Freund nicht wissen. „Die Briefe bitte?“
    „Ja, ja.“ Frank drückte sie Walt in die Hand und setzte sich.
    Sobald sein Kamerad mit seinen eigenen Briefen beschäftigt war, öffnete Walt Allies ersten Brief. Sie hatte abgewartet, bis der erste von ihm eingetroffen war. Walt schrieb ihr einmal pro Woche – das erschien ihm eine gute Frequenz für eine platonische Brieffreundschaft – und hoffte, sie würde genauso oft antworten.
    Vorsichtig faltete er das cremefarbene Papier mit der zierlichen Handschrift auf. In den ersten Absätzen stellte Allie höfliche Fragen, beschrieb das Wetter und erwähnte ein Haus, das Baxter gerade bauen ließ. Subtil und doch offensichtlich – Walt wusste, wo er stand. Er las weiter:
    Walt, ich habe es getan! Noch bevor Dein Brief mich erreichen und wieder wegen Groveside kritisieren konnte, bin ich einfach hingegangen. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie aufgeregt ich war und wie perplex und verärgert meine Eltern reagierten, aber ich habe mich nicht davon abbringen lassen.
    Der Gottesdienst war wunderbar. Daisy Galloway vom Frauenkreis hat mich gleich eingeladen, bei ihrer Familie zu sitzen. Daisy ist ein sehr nettes Mädchen, frisch mit der Schule fertig. Sie hat die Spätschicht in einer der Fabriken hier. Die Predigt von Pastor Morris war biblisch fundiert und hat mich aufgebaut. Auch wenn das Haus schäbig ist: Ich konnte Gott spüren.
    Nach dem Gottesdienst hat mich Mabel Weber, die Klavierspielerin, dem Pastor vorgestellt. Er hat mir sofort den Job als Organistin angeboten. Walt, ich habe Ja gesagt! Das Geld wollte ich nicht haben, aber Pastor Morris bestand darauf. Er sagte, dies sei eine bezahlte Arbeit, und wenn ich den Lohn ablehnen würde, wäre das ein schlechtes Vorbild. Meinen Eltern kann ich natürlich nicht erzählen, dass ich jetzt mein eigenes Geld verdiene. Also habe ich beschlossen, den Zehnten zu geben, Kriegsanleihen zu kaufen und mein eigenes kleines Konto zu eröffnen.
    Bitte bete für mich, dass ich stark bleibe. Vater unterstützt mich, auch wenn er es nicht gutheißt. Aber Mutter ist immer noch strikt dagegen und wir sind schon einige Male aneinandergeraten.
    Damit Du es weißt: Ich bete weiterhin für Dich.

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