Der Knochenbrecher
eine Tasse Kaffee ein. »Irgendwelche neuen Erkenntnisse aus der Fleischerei?«
Hunter hatte das Foto der Decke, das er am Vorabend mit seiner Handykamera gemacht hatte, an seine eigene E-Mail-Adresse geschickt. Nachdem er das Bild auf den Rechner geladen hatte, druckte er es aus.
»Ja, das hier.« Er zeigte Garcia den Ausdruck.
»Graffiti?«, fragte Garcia, nachdem er ihn eine Zeitlang betrachtet hatte.
Hunter nickte. »Ich habe das Foto gemacht, als ich auf dem Tisch gelegen habe, in der gleichen Position, in der das Opfer gefunden wurde.«
Garcia hob eine Braue. »Du hast dich da draufgelegt?« Er zeigte auf ein Bild des verschmutzten Metalltischs an der Pinnwand, wartete aber nicht auf eine Antwort. »Was genau soll denn hier zu sehen sein?«
»Zwischen den Graffiti, Carlos. Du musst auf die Schrift achten, die anders ist als die anderen.«
Einen Augenblick später hatte Garcia die Stelle gefunden, und sein gesamter Körper versteifte sich. »Da leck mich doch einer.«
Aus dem Gewirr von Farben und Formen stach eine Zeile kleiner, schwarzer, mit Sprühfarbe geschriebener Buchstaben hervor. Sie lautete: ES IST IN DIR DRIN.
12
Bevor Garcia noch eine weitere Frage stellen konnte, betrat Captain Blake den Raum â wie üblich, ohne vorher angeklopft zu haben.
Barbara Blake hatte die Leitung der Abteilung für Mord und bewaffneten Raubüberfall übernommen, nachdem ihr Vorgänger Captain William Bolter nach langjährigem Dienst in den Ruhestand gegangen war. Bolter selbst hatte sie für den Posten vorgeschlagen und damit eine Menge hoffnungsÂvoller Anwärter vor den Kopf gestoÃen. Sie war eine faszinierende Frau â elegant, attraktiv, mit langen schwarzen Haaren und geheimnisvollen dunklen Augen, die nie etwas preisgaben. Trotz der Vorbehalte einiger Mitarbeiter hatte sie sich rasch den Ruf einer kompetenten, geradlinigen Chefin erarbeitet, die ein strenges Regiment führte. Sie lieà sich durch nichts aus der Ruhe bringen, von niemandem einschüchtern, und sie hatte keinerlei Schwierigkeiten damit, selbst mächtigen Politikern oder Behördenchefs auf die Zehen zu treten, wenn es das zu verteidigen galt, was sie für gut und richtig hielt.
Captain Blake und Dr. Winston verband eine mehr als zwanzig Jahre lange Freundschaft. Die Nachricht von seinem Tod hatte sie zutiefst erschüttert, und nun wollte sie Antworten.
Als sie den Raum betrat, fiel ihr sofort Garcias Anspannung auf. Sie hob die Brauen. »Was ist los? Haben wir schon was?«
Garcia reichte ihr den Ausdruck. »Aus der Fleischerei.«
Genau wie Garcia konnte auch sie zunächst nichts darauf erkennen. »Was zum Teufel soll das darstellen?«
Garcia deutete auf die Schrift.
Blakes Blick ging zu Hunter. »Das stand an der Wand im hinteren Raum?«
»An der Decke. Direkt über dem Fundort der Leiche.«
»Aber die Decke ist voll mit Graffiti. Warum glauben Sie, dass der Satz da irgendwas mit unserem Mordopfer zu tun hat?«
»Zwei Gründe. Erstens: Im Gegensatz zum restlichen Kram ist das hier ganz eindeutig eine Botschaft. Zweitens: Die Farbe war viel kräftiger als bei den anderen Graffiti. Frischer.«
Blake wandte ihre Aufmerksamkeit erneut dem Ausdruck zu.
Hunter sprach nicht weiter, sondern begann, auf seinem Schreibtisch herumzukramen.
»Wonach suchen Sie?«, fragte Blake.
»Nach der DVD mit den Videoaufzeichnungen, die wir gestern aus der Rechtsmedizin mitgenommen haben. Ich wollte was nachprüfen.« Er fand die DVD und legte sie ins Laufwerk seines Rechners ein.
Garcia und Captain Blake gesellten sich zu ihm an seinen Schreibtisch.
Kaum hatte der Film begonnen, spulte Hunter bis zu der Stelle vor, an der Dr. Winston die Bombe aus dem Unterleib des Opfers holte. Der DVD -Player auf Hunters Computer verfügte nicht über Einzelbild-Vorlauf, er musste also immer wieder abwechselnd auf Pause und Play drücken, um den Film bis zur relevanten Stelle vorzuspulen. Als er die gesuchte kurze Sequenz gefunden hatte, schaute er sie zunächst mehrere Male an, bevor er sich zu Garcia und Captain Blake umwandte.
»Er steht mit dem Rücken zur Kamera, das heiÃt, wir können den genauen Zeitpunkt nur erraten«, meinte er. »Aber achten Sie auf Dr. Winstons Armbewegung â genau hier .«
Alle starrten angestrengt auf den Bildschirm.
Hunter spulte zurück und spielte die Sequenz noch
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