Der König auf Camelot
nur sich selbst geliebt. Und drittens: Ach, Aglovale, bedenket doch, daß
ein König nur mit seinem besten Werkzeug arbeiten kann.«
»Ich
fürchte, das Dritte verstehe ich nicht.«
»Glaubt
Ihr«, fragte Arthur, »daß Fehden zu etwas nütze sind? Bringen sie Glück in Eure
beiden Familien?«
»Nicht
unbedingt.«
»Wenn
ich das Fehderecht beenden will – meint Ihr, es hätte Sinn, mich an Gawaine und
Leute seines Schlages zu wenden?«
»Verstehe.«
»Was
hätte es für einen Sinn gehabt, wenn ich die ganze Orkney-Fa-milie exekutiert
hätte? Wir hätten nur drei Ritter weniger, mit denen wir arbeiten können. Und
sie haben ein unglückliches Leben gehabt, Aglovale. Deshalb ruht meine ganze
Hoffnung auf Euch.«
»Ich
muß mir’s überlegen.«
»Tut
das. Entscheidet nichts voreilig. Denkt nicht an mich. Tut nur, was Euch
rechtens dünkt, weil Ihr ein Pellinore seid. Dann weiß ich, daß es gut sein
wird. Nun erzählt mir von Euern Gral-Aventiuren und vergeßt die Orkneys für
einen Abend.«
Aglovale
stieß einen Seufzer aus und sagte: »Was mich betrifft, hat es keine
Gral-Aventiuren gegeben. Aber die Sache hat mich meine Schwester gekostet.
Vielleicht auch noch einen Bruder.«
»Ist
Eure Schwester tot? Mein armer Junge. Ich hatte gedacht, sie sei in einem
Kloster.«
»Man
hat sie in einem Boot oder Schiff tot aufgefunden.«
»Tot
aufgefunden?«
»Ja.
In einem Zauber-Nachen. Sie hatte einen langen Brief in der Hand, mit allem
über die Grals-Queste und über meinen Bruder Percy.«
»Schmerzt
es Euch, wenn wir Fragen stellen?«
»Nein.
Ich möchte darüber sprechen. Ich habe noch Dornar, und es scheint, als habe
Percy sich ausgezeichnet.«
»Was
hat Sir Percivale – oder Parzival, wie andre ihn wohl nennen – in der
Zwischenzeit getan?«
»Vielleicht ist’s besser, wenn ich Euch den Inhalt
des Briefes erzähle. – Wie Ihr wißt«, so begann Sir Aglovale, »war Percy derjenige
in unsrer Familie, der am meisten Daddy nachschlug. Er war sanft und bescheiden
und ein bißchen unbestimmt. Schüchtern war er auch. Als er Bors auf dem
Zauberkahn traf, da war er verlegen, so heißt es in dem Brief. Er war ein
jungfräulicher Ritter, wißt Ihr? Ich habe oft gedacht, wenn ich sie beisammen
sah, daß er und Papa ein gutes Gespann abgäben. Beide liebten Tiere, und
konnten mit ihnen umgehn. Da war Daddys Queste-Biest, und jetzt scheint Percy
sich besonders mit Löwen angefreundet zu haben, seit er auf Fahrt ist. Percy
war auch sanftmütig und einfältig. Eines Tages, als sie versuchten, ein
geweihtes Schwert aus seiner Scheide zu zerren – ich meine die drei in dem
heiligen Boot – , da durfte Percy als erster vom Leder ziehn. Es ist ihm
natürlich nicht gelungen – derlei blieb Galahad vorbehalten – , doch als es ihm
mißglückt war, da hat er sich voller Stolz umgesehn und gerufen: ›Meiner Treu,
jetzt hab’ ich doch versagt!‹ Aber ich eile meiner Geschichte voraus. – Es
heißt in dem Brief, daß Percys erstes Abenteuer, nach dem Abschied von Vagon,
sein Ausritt mit Sir Lanzelot gewesen sei. Dabei stießen sie auf Sir Galahad.
Sie tjostierten mit ihm, und Galahad hat sie beide zu Fall
gebracht. Dann hat Percy Lanzelot verlassen und ist in eine Einsiedelei gegangen,
wo er die Beichte abgelegt hat. Der Eremit gab ihm den Rat, Galahad nach Goothe
oder Carbonek zu folgen und sich nicht mit ihm zu schlagen. Irgendwie war Percy
von einer Art enthusiastischer Heldenverehrung für Galahad gepackt worden, und
so kam ihm der Ratschlag recht. Er ritt nach Carbonek weiter, wo er die
Abtei-Glocke läuten hörte, als er durch den Wald strich, und da stieß er auf
König Evelake, der an die vierhundert Jahre alt war. Aber das von König Evelake
lasse ich lieber weg, weil ich’s nicht ganz verstehe. Ich glaube, der alte Mann
konnte nicht sterben, bis man den Heiligen Gral gefunden hatte, oder irgend so
was. Aber König Pelles steckt auch mit drin, und dieser Teil des Briefes ist
ein bißchen schwer zu begreifen. Jedenfalls hat Percy mit acht Rittern und
zwanzig Reisigen gekämpft, die sich bei Carbonek auf ihn stürzten, und Galahad
hat ihn im letzten Augenblick gerettet. Unglücklicherweise wurde sein Pferd
getötet, und Galahad ist weitergeritten, ohne ihm auch nur den Morgengruß zu
entbieten.
Wißt
Ihr«, sagte Lionel nach einer Pause, »es mag ja alles ganz gut und schön sein,
wenn man heilig und unbesiegbar ist, und ich nehm’s Galahad nicht übel, daß er
eine Jungfrau ist, aber meint Ihr nicht, daß
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