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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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werden. Es scheint, als
versinke die menschliche Rasse während dieser Perioden des Waffenstillstands
immer tiefer in einen Dämmerzustand, bis sozusagen der Sättigungspunkt der
Adrenalindefizienz erreicht ist; dann greift die Menschheit nach der erstbesten
Ausrede für einen guten Schuß Angststimulanz. Die erstbeste Ausrede ist Nationaleigentum.
Selbst wenn die Kriege als Religionskriege aufgeputzt werden wie die Kreuzzüge
gegen Saladin oder die Albigenser oder Montezuma, bleibt die Basis immer die
gleiche. Niemand hätte sich die Mühe gemacht, die Segnungen des Christentums
auf Montezuma auszudehen, wenn er nicht goldene Sandalen gehabt hätte, und kein
Mensch hätte das Gold an sich als hinlängliche Versuchung betrachtet, wenn sie
nicht eine Dosis Adrenalin gebraucht hätten.«
    »Bis zur Untersuchung dieser Drüse schlagt
Ihr eine Alternative wie den Zirkus vor. Habt Ihr das genauer bedacht?«
    Archimedes kicherte plötzlich.
    »Merlin wünscht sich einen internationalen
Rummelplatz, Sir, mit vielen Schiffsschaukeln und Riesenrädern und Berg- und
Talbahnen, alle ein bißchen gefährlich, so daß etwa einer von hundert Besuchern
getötet wird. Der Eintritt soll freiwillig sein, denn er meint, das unsagbar
Niederträchtige am Krieg sei die Einberufung. Er meint, die Leute werden aus
eigenem freien Willen auf den Rummelplatz gehen, aus Langeweile oder wegen der
Adrenalindefizienz oder was auch immer, und wahrscheinlich haben sie das
Bedürfnis in ihrem fünfundzwanzigsten, dreißigsten und fünfundvierzigsten
Lebensjahr. Der Besuch des Rummelplatzes soll in Mode kommen und als Ereignis
hingestellt werden. Jeder Besucher erhält eine Erinnerungsmedaille, wer fünfzig
Mal dort war, kriegt das D.S.O. * , wie er es nennt, für hundert Besuche
gibt es das V.C. ** .«
    Der Magier sah verlegen aus und ließ seine
Fingergelenke knacken.
    »Der Vorschlag«, sagte er bescheiden,
»sollte eher ein Denkanstoß als bedenkenswert sein.«
    »Jedenfalls ist es kein praktischer
Vorschlag für das gegenwärtige Jahr der Gnade. Gibt es kein Mittel gegen den
Krieg, das unterdessen eingesetzt werden könnte?«
    »Das Komitee hat ein Gegenmittel
vorgeschlagen, das eine vorübergehende Wirkung haben könnte wie Natron bei
einem übersäuerten Magen. Es würde das Übel nicht heilen, könnte es aber
lindern und ein paar Millionen Leben in einem Jahrhundert retten.«
    »Und was ist dieses Gegenmittel?«
    »Sir, Ihr werdet bemerkt haben, daß die
Verantwortlichen für die Erklärung und Führung von Kriegen selten zu denen
gehören, die deren Härten erleiden. Bei der Schlacht von Bedegraine konnte Eure
Majestät diese Erfahrung machen. Die Könige und die Generale und die
Schlachtenführer haben eine seltsame Fähigkeit, bei den Auseinandersetzungen am
Leben zu bleiben. Das Komitee hat vorgeschlagen, daß nach jedem Krieg alle
Offiziere der Besiegten über dem Rang eines Obersten ungeachtet ihrer
Kriegsschuld unverzüglich exekutiert werden sollen. Zweifellos läge in dieser
Maßnahme eine gewisse Ungerechtigkeit, doch das Bewußtsein, daß ein verlorener
Krieg mit dem Tod bezahlt werden muß, hätte eine abschreckende Wirkung auf
jene, die solche Auseinandersetzungen fördern und leiten, und es könnte nicht
nur ein paar Kriege verhindern, sondern damit Millionen Menschenleben aus den
unteren Klassen retten. Selbst ein Führer wie Mordred würde sich
Feindseligkeiten zweimal überlegen, wenn er wüßte, daß ihr unglücklicher
Ausgang zu seinem eigenen Tod führt.«
    »Das klingt vernünftig.«
    »Es klingt vernünftiger, als es ist, weil
zum Beispiel die Verantwortung für Kriege nicht ausschließlich bei den Führern
liegt. Immerhin muß ein Führer von den Geführten gewählt oder akzeptiert worden
sein. Die hydraköpfigen Massen sind nicht so unschuldig, wie sie gern vorgeben.
Sie haben ihren Generalen ein Mandat gegeben, und sie müssen die moralische
Verantwortung anerkennen.«
    »Immerhin würden sich die Führer von ihren
Anhängern dann nicht so leicht in Kriege treiben lassen, und selbst das würde
helfen.«
    »Es würde helfen. Die Schwierigkeit wäre
zunächst, die führenden Klassen zu einer solchen Übereinkunft zu bewegen.
Außerdem fürchte ich, Ihr werdet feststellen, daß sich immer ein Wahnsinniger
findet, der um jeden Preis eine große Rolle spielen will, selbst den Märtyrer,
und den Ruhm der Führerschaft noch eifriger annehmen würde, wenn er durch
melodramatische Strafen verklärt wäre. Die Könige der

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