Der Koenig geht tot
öffnete die Autotür, die immer verdächtig laut quietschte. Der verschwitzte Max ließ sich neben mir auf den Beifahrersitz fallen.
Ich drehte den Zündschlüssel genau achtmal. Max sagte keinen einzigen Ton. Die ersten sieben Male hatte man noch ein leises Gluckern gehört. Jetzt, beim achten Mal, blieb der Motor völlig totenstill. Ich warf einen Seitenblick auf Max, und wieder zuckte dessen Augenbraue, ganz minimal nur, kaum zu erkennen. Aber diesmal wußte ich, was es bedeutete. Max lachte sich innerlich halb tot.
20
Freitag abend. Ich saß mit Hochspannung vor dem Fernseher. Heute war der Fall eines heimtückischen Serienmörders in der neuesten Ausgabe von ›Aktenzeichen XY‹ gesendet worden. Doch es war noch spannender gekommen: Ein Totschlagsdelikt in der westfälischen Provinz brutalerweise während eines Schützenfestes verübt! Ede Zimmermann hatte inständig um die Mithilfe der Zuschauer gebeten, um dieses grausame Verbrechen aufzuklären. Doch hatte die Sendung Erfolg gehabt? Konnten aufmerksame Zuschauer einen Beitrag zur Lösung des Falls leisten? Die Spannung wuchs ins Unerträgliche. Jetzt endlich wandte Zimmermann sich direkt an seinen Mitarbeiter im Studio Sauerland:
»Guten Abend ins Sauerland. Hallo Franz-Josef Mistenkötter. Können Sie uns schon irgendwelche Erfolgsmeldungen zum Fall König mitteilen?«
Es dauerte ungefähr eine Minute bis Studio Sauerland diese diffizile Frage per Kopfhörer zur Kenntnis nehmen und dann wichtig antworten konnte: »Ja, guten Abend, Herr Zimmermann. Ich kann nur sagen, hier laufen die Leitungen heiß. Gerade eben kam ein Anruf aus Kirchhundem von einer jungen Frau, die erzählte, ihr Mann sei vor einem halben Jahr auch sehr unglücklich gestürzt, nachdem das Enkelkind ihn angestoßen habe. Allerdings habe er außer einer kleinen Platzwunde keine weiteren Verletzungen davongetragen. Im übrigen habe sowohl sie, die Anruferin, als auch ihr Mann nichts mit dem Tathergang im Fall König zu tun. Der gemeinsame Sohn Frank konnte dann am Telefon auch gleich ein Alibi geben.«
»Na, das hört sich ja schon ganz interessant an!« brachte Ede Zimmermann stirnrunzelnd an.
»Ja, aber das ist noch nicht alles!« ließ Franz-Josef Mistenkötter sich nicht frühzeitig aus der Leitung werfen. »Wir bekamen auch eine Anfrage von Gerti König aus Hemer, die besorgt war, weil sie auch König heißt. Sie fragte an, ob es sich vielleicht um einen Täter handele, der es speziell auf Opfer mit dem Namen König abgesehen habe. Liebe Frau König, wir können da natürlich noch nichts Genaues sagen. Aber aller Wahrscheinlichkeit nach geht das Mordmotiv nicht auf einen Namenskomplex zurück. Ich kann daher alle Zuschauer mit dem Namen König beruhigen.«
»Na, das ist doch mal eine gute Nachricht«, merkte Ede Zimmermann an und hob seine Mundwinkel um gut zwei Millimeter nach oben, womit er Derrik, was mimische Fähigkeiten angeht, um Längen hinter sich ließ. »Vielen Dank ins Sauerland!« rief Eide fröhlich.
Von Franz-Josef Mistenkötter mit dem Kopfhörer hörte man noch ein »Mach ich doch gern, woll?« woraufhin die Leitung sofort gekappt wurde.
Ich hörte ein lautes Klingeln. Ob jetzt ein Mitarbeiter aus dem Studio Zürich antelefoniert wurde? Ich fuhr hoch und blickte hektisch um mich! Kein Ede Zimmermann. Kein Fernseher. Die Wohnungsklingel hatte mich aus dem Mittagsschlaf geweckt.
Vor der Tür stand Max. Und zwar genau der Max, mit dem ich erst vor zwei Stunden gelaufen war. Aus der Traum vom ersten erholsamen Wochenende, denn Max sah überaus tatendurstig aus.
»Laß knacken!« meinte er rüde in mein verschlafenes Gesicht. »Unten im Wagen wartet Christoph Steinschulte. Er braucht deine Hilfe.«
Ich guckte verständnislos.
»Na, komm schon!« drängte Max. »Ich erklär dir alles im Auto.«
Zwei Minuten später saß ich auf der Rücksitzbank von Steinschultes Dienstwagen, allerdings, wie bei der Kripo üblich, ein Zivilfahrzeug. Das wärs auch noch gewesen, daß ich aus meiner Wohnung heraus in einen Polizei wagen hätte steigen müssen. Innerhalb kürzester Zeit hätte die gesamte Nachbarschaft darüber spekuliert, welchen Verbrechens ich mich schuldig gemacht hatte.
»Ich hab mir gestern nochmal alle Protokolle zum Fall König angeschaut«, erklärte Steinschulte den Grund für meine Entführung. »Dabei ist mir aufgefallen, daß Alfons Reckert erst bei seiner zweiten Vernehmung ein Alibi vorgebracht hat. Angeblich gab es technische Probleme in
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