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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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soeben gewonnen.
    »Jetzt hält uns nichts mehr in Avignon, nicht wahr?«
    »Nein. Auf nach Montfaucon!«
    Auch Uthman hatte seine Unterkunft bereits aufgegeben. Sie holten ihre Reittiere aus dem Stall am Stadtrand und ritten über die Rhone-Brücke davon.
    Hinter ihnen schienen die gelben Mauern Avignons zu bersten von flackernden Feuern, inbrünstigen Gesängen und von etwas anderem, für das Henri nur der Name »Jüngstes Gericht« einfiel. Ja, ein Tag der Abrechnung schien zu nahen. Aber er wusste nicht, in welcher Gestalt dieser auftreten würde. Und wen er mit sich reißen sollte.
    Sie ritten die ganze Nacht. Immer nach Norden, neben ihnen rauschten die Wasser der Rhone und erfüllten die Landschaft mit ihrem Geruch, der aus der Tiefe ihres Bettes kam. Am Morgen stiegen weiße Nebelschleier auf wie geheimnisvolle Wesen in bizarren Formen.
    Henri kam in Erinnerung, was Uthman ihm von Raimundus gesagt hatte. Dass er sein Wissen aus den Tiefen der Fluten bezog. Ein solches Wissen war Henri fremd, der allerdings andere Geheimnisse kannte.
    Sie waren schweigend geritten, Henri merkte aber nun, dass sein Gefährte um etwas herumdruckste. Er nahm sein Pferd zurück und wartete, bis Uthman neben ihm ritt.
    »Willst du etwas sagen, treuer Freund?«
    »Ich werde es tun! Nicht du!«
    Henri brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dann erwiderte er heftig: »Das schlage dir aus dem Kopf! Du hast als Sarazene damit nichts zu tun! Ich bin Christ, und ich werde meinen allerchristlichsten Herrn und Henker zur Verantwortung ziehen!«
    »Ich soll damit nichts zu tun haben? Der Papst und der König versuchen, Geld zu sammeln, um einen neuen Kreuzzug auf die Beine zu stellen! Tausende meines Volkes werden dann sterben!«
    »Dennoch ist es meine Angelegenheit.«
    »Aber mich verdächtigt niemand, Henri! Lass es mich tun! Ich habe schon einen Plan. Ich werde dem Papst einen Botschafter schicken und mich als Leibarzt des Muftis von Jerusalem ausgeben. Ich werde ihm mitteilen, von ihm persönlich zum Christentum bekehrt und getauft werden zu wollen. Geldgeschenke, die ich aus der angeblichen Kasse meines sarazenischen Herrn mitbringe, werden meinem Wunsch genügend Nachdruck verleihen…«
    »Du willst Geld von mir?«
    Uthman lachte leise. »Ja. Höre weiter. Der Papst wird geschmeichelt sein, und er weiß natürlich um den propagandistischen Effekt einer solchen Bekehrung. Er geht also darauf ein, sich mit mir an einem heiligen, geheimen Ort, den ich auswähle, zu treffen und meine Seele vor dem Fegefeuer zu retten. Außerdem werde ich durchklingen lassen, dass ich über die Geheimnisse der berühmten arabischen Heilkünste verfüge und zu einer sofortigen Linderung seiner Schmerzen und Gebrechen in der Lage bin. Es ist ganz einfach!«
    »Ich muss es tun, Uthman! Es ist wirklich einfach, aber anders, als du meinst. Ich muss…«
    »Du wirst den König töten, Henri! Spare dich auf für Philipp! Ein Mord genügt, verstehst du? Ein berechtigter Mord, um den Frieden in der Welt zu mehren, wie Raimundus sagte, ist legitim. Zwei Morde sind es nicht. Das führt deine Seele auf Abwege und ist gefährlich. Wir sind Gefährten, die schon manche Stürme überstanden haben. Wir teilen uns die unerhörte Aufgabe! Jeder von uns beiden erledigt seinen Teil! Das wird in den Augen unseres Gottes Wohlgefallen finden.«
    »Du hättest Prediger werden sollen, Uthman. Mit Worten weißt du umzugehen.«
    »Und mit Phiolen, Bruder!«
    »Ich weiß nicht…«
    »Aber ich! Überlasse mir ein einziges Mal die Initiative und das Denken, Bruder!«
    Henri war von der Wucht der Worte seines Gefährten im Weiterreiten gestoppt worden. Er hielt jetzt die Zügel locker in der Hand und starrte Uthman an. Dann blickte er nachdenklich über die weißen Nebelschleier zur Rechten. Das Klatschen von schweren Flügeln war über der Wasseroberfläche zu hören. Was Uthman da eben gesagt hatte, war bedenkenswert, es klang so überzeugend. Und dennoch…
    Als sein Pferd wieherte und dann langsam weitertrabte, riss Uthman ihn aus seinen Überlegungen.
    »Übrigens. Ich hörte, eure christlichen Päpste seien nicht immer so gottlos gewesen wie dieser Clemens?«
    »Er ist vielleicht nicht gottlos, Uthman, sondern nur schwach. Und der König ist übermächtig. Ich glaube, Clemens wollte einfach nicht so enden wie sein Vorgänger, das war der achte Bonifatius – soweit ich weiß, war auch er Alchemist. Übrigens war es Bonifatius, der Clemens – damals hieß er noch Bertrand

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