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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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diesem Kerl wollen Sie glauben?«
    Miss Jones trat auf Howard zu: »Warum bist du damals weggelaufen?«
    »Es war mir peinlich.«
    »Was war dir peinlich?«
    »Sie erzählten, daß Sie die neue Lehrerin in der Dame-School seien, und es war mir peinlich zu sagen, daß ich Ihr Schüler sei. Da bin ich weggelaufen. Vielleicht war es dumm von mir.«
    »Und wohin bist du gelaufen?«
    »Wohin, wohin! Einfach weg. Aber ich habe Sie aus der Ferne beobachtet.«
    »Also hat Owen Hazelford recht.«
    Carter zögerte. Schließlich meinte er umständlich: »So gesehen, ja. Aber deshalb habe ich mich doch nicht an Ihrem Gepäck vergriffen! Oder glauben Sie das ernsthaft?«
    »Nicht zwangsläufig. Immerhin hättest du die Möglichkeit gehabt.«
    »Ich?« Howard schrie auf, als habe ihn ein Messer in die Brust getroffen. »Ich soll Sie bestohlen haben, Miss Jones? Dann gehen Sie doch zur Polizei und zeigen Sie mich an! Melden Sie, Sie hätten in Ihrer Schule so einen heruntergekommenen Kerl ohne Elternhaus. Einen Kostgänger, der ohnehin nicht weiß, wie er in den nächsten Monaten sein Kostgeld bezahlen soll. Kein anderer kann es gewesen sein, der Ihnen das Geld gestohlen hat!«
    Sarah Jones hörte noch, wie der aufgebrachte Carter die Tür hinter sich zuschlug. Dann ging sie zum Fenster und sah Howard, der wie von Sinnen aus dem Schulgebäude in Richtung Marktplatz lief.

K APITEL 3
     
     
     
    Zweimal im Jahr verwandelte sich der Marktplatz von Swaffham in ein aufregendes Panoptikum. Solange man zurückdenken konnte, geschah dies im Frühjahr und Herbst, wenn der sonst so beschauliche Platz mit dem Pavillon in der Mitte von Buden und Zelten, Dampfkarussellen und anderen Attraktionen beherrscht wurde, so daß die Besucher von weit herkamen, von Thetford, King’s Lynn und Downham Market, um sich zu amüsieren. Sogar feine Leute waren darunter von den umliegenden Landsitzen, die sich eher selten nach Swaffham verirrten, aber auch viel Gesindel, Bettler und Krüppel, die das Markttreiben anzog wie ein Magnet, gab es doch selten mehr Almosen zu erhaschen als an diesen Tagen.
    Wie ein unsichtbarer Pilz hing über dem Ort eine Duftwolke aus gebratenem Rindfleisch, Mandelgebäck und Branntwein. Der Gestank von blökenden Schafen und Ziegen mit Eutern so groß wie ein Zuckersack mischte sich mit dem Duft von heimischen Kräutern und Gewürzen aus Indien. Und die Händler priesen die Vorzüge ihrer Tiere mit gewaltigem Stimmaufwand an und erboten sich, bei Bedarf die Tiere vor den Augen der Käufer zu schlachten und auszuweiden.
    In den Zelten und hinter Leinwänden, die zwischen Pfählen gespannt waren, gab es allerlei Unterhaltung. Für Sixpence konnte man unter freiem Himmel einen fünfbeinigen Bullen beäugen und der dicksten Frau der Welt nähertreten, welche zum Lunch Glasscherben aß, als wären es Biskuits, und die in der Lage war, einen erwachsenen Mann mit dem Zucken ihrer Brüste umzuwerfen. Vor dem Eingang blies eine Dampforgel, so groß wie ein Zirkuswagen und ebenso bunt bemalt. Darüber stand auf einem halbrunden Schriftband: »Die größte Schau der Welt.« Die silbernen Pfeifen, von denen immer eine höher war als die andere, wurden eingerahmt von vier lebensgroßen halbbekleideten Feen aus Holz. Ihre abgewinkelten Arme schlugen, wie von Geisterhand bewegt, Trommeln und Triangel. Dabei vollführten ihre pausbäckigen Köpfe eckige Bewegungen, während ihre Glasaugen unaufhaltsam von links nach rechts und wieder zurück wanderten, ungeachtet des Taktes, den die pompöse Musik vorgab, in der Hauptsache Märsche und Polkas. Und manches Mädchen, das noch nie so ein künstlich bewegtes Wesen gesehen hatte, schlug beim Anblick dieses technischen Wunders die Hände vors Gesicht und begann zu kreischen wie in der Rauhnacht.
    Von einem runden Podium, das wie eine große Trommel mit roten und blauen Rauten bemalt und vor der Dampforgel aufgebaut war, pries ein äußerst vornehmer Varieté-Direktor im Cut und grauem, halbhohen Zylinder die Vorzüge und Einmaligkeit seines Etablissements, wobei sein in rechtem Winkel steil nach oben gezwirbelter Schnurrbart bisweilen bedenklich ins Wanken geriet: »Dies, Ladys and Gentlemen, ist die sensationellste Schau, zwischen Nowosibirsk und Alaska, Spitzbergen und Feuerland. Und selbst in Amerika, wo es nichts gibt, was es nicht gibt, wurde dieses Programm von allen Zeitungen so genannt: Die größte Schau der Welt. Wir zeigen uns nur in den größten Städten der Welt, in London, New York,

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