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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Cam begegnete Sarah vielen Studenten und Collegeschülern, welche sich durch große Fröhlichkeit und unterschiedliche Schuluniformen auszeichneten.
    Die Schausteller, von denen erst wenige in den Backs genannten Flußauen zwischen dem träge dahinfließenden River Cam und der Queens’ Road eingetroffen waren, wirkten fremd und exotisch in dieser vornehmen, gediegenen Welt, und Sarah machte sich keine große Hoffnung, hier auf Howard zu stoßen. Doch dann entdeckte sie, unter einem Baum abgestellt, einen Planwagen mit der Aufschrift: »Die größte Schau der Welt« und daneben zwei weiß gestrichene Zirkuswagen.
    Vor dem einen brannte ein Feuer, und eine Frau in zerlumpter Kleidung rührte in einem Kessel, der über den Flammen an einem Dreifuß aufgehängt war. Im Näherkommen erkannte sie einen Mann in Stiefeln, der fluchend eine Peitsche schwang und seine Pferde ausschirrte.
    »Ich kenne Sie doch aus Swaffham!« rief Sarah Jones dem bärtigen Mann zu. Der Eindruck, den er hier vermittelte, war alles andere als vornehm.
    »Aber ich kenne Sie nicht. Und Swaffham schon gar nicht!« knurrte dieser, und dann fügte er ebenso unfreundlich hinzu: »Sagen Sie, was Sie wollen, oder verschwinden Sie.« Dann setzte er das Ausschirren fort.
    »Ich suche einen Jungen«, begann Sarah, »etwa fünfzehn Jahre alt. Man könnte ihn auch für achtzehn halten, groß, schlank, dunkle Haare.«
    Unbeeindruckt von der Frage setzte der Mann seine Arbeit fort. Er würdigte Sarah keines Blickes. Schließlich hängte er sein Pferdegeschirr an einen Haken an der Außenwand des Zirkuswagens, und ziemlich ungehalten gab er von sich: »Ja und?«
    »In Swaffham sah ich bei Ihnen ein Schild ›Mitreisende gesucht‹. Ich dachte, der Junge, er heißt Howard, hätte vielleicht…«
    »Warum? Hat er was ausgefressen?«
    »Nein, wenn man davon absieht, daß er erst fünfzehn und von zu Hause weggelaufen ist.«
    Während sie redeten, näherte sich vom Fluß her ein Bursche. Er schleppte zwei Eimer mit Wasser. Sarah drehte sich um – und erkannte Carter.
    »Die Miss behauptet, du seiest erst fünfzehn!« wetterte der Mann. »Sag, daß sie lügt!« Und an Sarah gewandt: »Wer sind Sie überhaupt? Seine Schwester oder Tante?«
    Noch ehe Sarah antworten konnte, rief Howard wütend: »Miss Jones, warum lassen Sie mich nicht in Ruhe. Sie haben kein Recht, mir nachzuspionieren.«
    »Ich bin Howards Lehrerin«, beantwortete Sarah die Frage des Mannes. Und zu Carter sagte sie: »Natürlich habe ich kein Recht, dich zurückzuholen, Howard. Ich wollte dir nur sagen, daß es mir leid tut, weil ich dich verdächtigt habe.«
    »Also wurde der Dieb gefunden?«
    »Nein, noch nicht. Aber ich glaube zu wissen, wer mich um mein Geld gebracht hat. Ich kann es nur nicht beweisen.«
    Der Varieté-Direktor folgte der Diskussion mit Unverständnis. Schließlich rief er außer sich: »Wenn ich recht verstehe, hat der Kerl Geld gestohlen?« Dabei drohte er Howard mit der Peitsche.
    »Das ist nicht wahr!« fuhr Sarah dazwischen. »Andere haben den Verdacht auf ihn gelenkt. Sie können beruhigt sein.«
    Das schien den Alten fürs erste zu besänftigen. Erklärend meinte er: »Ich habe ihn nicht gezwungen, mit uns zu kommen. Sie können ihn jederzeit mit nach Hause nehmen, Miss, der Kräftigste ist er ohnehin nicht.«
    Da begann Howard wütend zu schreien: »Da haben Sie’s, Miss Jones. Das haben Sie sich gut ausgedacht. Ich hasse Sie!«
    »Howard«, erwiderte Sarah beschwichtigend, »ich habe mir überhaupt nichts ausgedacht. Ich meine nur, daß du das Schuljahr zu Ende bringen solltest. Du hast Talent und solltest deine Zukunft nicht als Pferdeknecht oder Jahrmarktschreier sehen.«
    Diese Worte brachten den Varieté-Direktor in Rage. Er fauchte Sarah an: »Sie haben doch gehört, er will nicht mit Ihnen kommen, er haßt Sie. Also, was wollen Sie noch hier, Miss? Lassen Sie uns in Ruhe!«
    »Ja, lassen Sie uns in Ruhe!« wiederholte Carter. Und als Sarah einige Schritte auf ihn zutrat, um weiter auf ihn einzureden, nahm Howard einen Eimer und schüttete ihr das Wasser ins Gesicht.
    Ein lauer Frühlingswind trocknete ihre Kleider schneller als erwartet. Und auf dem Weg zum Bahnhof sagte sich Sarah Jones: Was bist du für eine dumme Gans. Geschieht dir ganz recht. Das ist wirklich nicht deine Angelegenheit.
    Bei ihrer Rückkehr nach Swaffham fand Sarah Jones die Baronin in aufgebrachter Stimmung.
    »Sie haben sich ohne meine Erlaubnis vom Unterricht entfernt und die Mädchen

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