Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
wenn das Taxi aufgrund des Verkehrs fast zum Stehen kam, stockte Zoé der Atem, und sie sah vor ihrem inneren Auge, wie sich die Türen des Lieferwagens öffneten und Männer heraussprangen, um sie zu holen.
Ein Gedanke ging ihr plötzlich durch den Kopf, eher eine vage Hoffnung. „Fahren Sie zum KaDeWe!“
Für die Berliner war das KaDeWe, wie sie das weltbekannte Kaufhaus des Westens kurz und bündig getauft hatten, eine Oase des Luxus, für Zoé stellte das Gebäude an der Tauentzienstraße die letzte Chance dar.
Sie rechnete sich einen kleinen Vorteil gegenüber ihren Verfolgern aus, falls sie die zweite Ebene des Einkaufstempels lebend erreichen sollte. Unzählige Male war sie dort auf der Suche nach etwas Besonderem durch die riesige Auswahl exquisiter Outfits gestreift. Manchmal hatte sie, ohne zu zögern, viel Geld ausgegeben, ohne es je zu bereuen. Sie freute sich wie ein kleines Mädchen über die herrlichen Stoffe und Farben an ihrem Körper, wenn sie die teure Kleidung mit den eleganten Schnitten trug.
Verbissen schaute der Fahrer abwechselnd in den Rückspiegel und nach vorne auf die Straße. Es machte ihm sichtbar zu schaffen, dass er den weißen Lieferwagen nicht loswurde. Mehrfach bremste er abrupt und versuchte, durch ein gewagtes Manöver zu entkommen. Zoé hielt sich im Fond am Griff der Wagentür fest, um nicht hin und her geschleudert zu werden. Mit quietschenden Reifen bog das Taxi kurz darauf in die Tauentzienstraße ein, wo das Kaufhaus des Westens hell erleuchtet seinen Ruf als erstes Haus am Platz verteidigte.
„Stoppen Sie genau vor dem KaDeWe mitten auf der Straße, so dass er keine Gelegenheit hat anzuhalten“, rief sie dem Fahrer zu, in der Hoffnung, dass ihr Verfolger allein war und ihr nicht folgen konnte. Der junge Fahrer nickte und reichte ihr wortlos den Fünfzig-Euro-Schein nach hinten zurück. Sie kümmerte sich nicht darum, sondern holte stattdessen eilig mehrere Fünfhundert-Euro-Noten aus ihrer Brieftasche und schmiss sie nach vorne auf den Beifahrersitz.
„Verstecken Sie sich für eine Weile! Die Männer hinter uns sind sehr gefährlich und werden nach Ihnen suchen.“
Der Fahrer warf einen verdutzten Blick auf die vielen Geldscheine und stieß ein lautes, herzliches Lachen aus. „Keine Sorge. In Kreuzberg findet mich keiner.“
Zoé knöpfte ihren Mantel zu und schaute sich nochmals um. Der weiße Wagen bog mit hoher Geschwindigkeit hinter ihnen in die Tauentzienstraße. „Bremsen, jetzt!“, brüllte sie und riss die Tür auf.
Der Taxifahrer legte eine Vollbremsung hin, und der Wagen kam genau auf Höhe des Kaufhauses zum Stehen. Hinter ihnen ertönte im selben Augenblick ein ohrenbetäubendes Hupkonzert der anderen Fahrer, die nur mit Mühe und Glück einen Auffahrunfall hatten vermeiden können.
Zoé stürmte aus dem Wagen und hechtete über die stark befahrene Straße. Der weiße Lieferwagen war nicht weit entfernt ebenfalls zum Stehen gekommen. Deutlich zeichneten sich in dem Fahrzeug die Konturen zweier Männer ab, was Zoés Hoffnung auf eine leichte Flucht zunichtemachte.
Sie wich mehreren Autos aus, die hupend an ihr vorbeifuhren, und setzte dann ihre Flucht über die Straße fort. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie ein muskulöser Mann mit blondem Zopf quer über die Straße auf sie zulief. Sie sprang über den Rinnstein und rannte weiter auf den Eingang des großen Kaufhauses zu, aus dem ihr verheißungsvoll helles Licht entgegenflutete.
Drinnen lief sie durch die gewaltige Parfümerieabteilung bis zu den Rolltreppen. Mit viel Geschick und fortwährenden Entschuldigungen schlängelte sie sich durch die Menge auf der Treppe nach oben.
Der Mann mit dem Zopf hatte sie anscheinend aus den Augen verloren. Unschlüssig stand er zwischen riesigen Werbeplakaten und schaute sich hektisch nach rechts und links um. In seinem rechten Ohr glitzerte ein silberner Ohrring, sein grobes Gesicht wirkte zwischen den eleganten Frauen auf den Werbepostern noch bedrohlicher.
Plötzlich wandte er sich zu den Rolltreppen um, und ihre Blicke trafen sich für einen Sekundenbruchteil, bevor Zoé den Kopf einziehen konnte.
Als sie Sekunden später die zweite Ebene des KaDeWe und die zahllosen Stores der großen Modemarken erreichte, lächelte ihr Audrey Hepburn ermutigend mit großen Augen entgegen. Zoé rauschte über den gepflegten Parkettboden und die schweren beigen Teppiche, und ohne sich umzudrehen, lief sie in den westlichen Teil der zweiten Ebene. Zwei ältere
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